Einordnung Kapitalerhalt mit Immobilien im Spannungsfeld von Zinsen und Inflation

Seite 2 / 2

 

Die deutlich gestiegene Inflation sollte eigentlich Immobilien als Anlage begünstigen, die doch traditionell als Inflationsschutz dienen. Ein genauer Blick zeigt jedoch, dass die zuletzt so gefragten Wohnimmobilien aufgrund der relativ stabilen Mietverträge die Funktion eines Inflation Hedge kaum erfüllen können. Dafür waren Gewerbeimmobilien, hier allen voran Büro- und Einzelhandelsimmobilien, in der Vergangenheit besser geeignet.

Bei Büroimmobilien war zumindest für einen Teil der Mieten eine – wenn auch zumeist nur teilweise – Indexierung der Mieten durchsetzbar. Bei Einzelhandelsimmobilien war die Kopplung eines Teils der Mieten an den Umsatz üblich. Doch wie belastbar sind Mieter für umfassende Mieterhöhungen nach der Corona-Pandemie und in Erwartung von hohen und womöglich weiter steigenden Betriebs- und Heizkosten?

Lediglich für den Grundstückswert kann unter der Annahme weiter steigender Immobilienpreise bisher ein gewisser Inflationsschutz unterstellt werden. Der Wertzuwachs steht jedoch bis zum Verkauf nur auf dem Papier. Erst beim Verkauf zeigt sich, ob die Kalkulation aufgeht. Der jüngste Inflationssprung stellt Renditeerwartungen aus der Vergangenheit infrage, wenn zu hochpreisig eingekauft wurde. Diese Investoren müssen auf deutlich steigende Immobilienpreise hoffen und ihre Objekte halten, wenn sie nicht Verluste realisieren möchten. Blickt man auf die nominelle Geldentwertung, ist tatsächlich ein möglichst hoher Leverage der beste Schutz in Zeiten steigender Inflation. Die nach wie vor hohen Immobilienpreise schränken diese Option aber derzeit zinsbedingt ein.

 

 

 

Es zeigt sich wie schon in früheren Krisen: Qualität setzt sich durch. Erstklassige Gewerbeimmobilien in erstklassigen Lagen erzielen nach wie vor gute Mieten. Das Büro wird nicht aussterben. Auch wenn die Coronakrise das Homeoffice gestärkt hat und geopolitische Konflikte in eine Rezession führen werden, bleiben gut etablierte Büroflächen gefragt. Richtig ist aber auch: Büroimmobilien müssen sich an veränderte Arbeitswelten anpassen. Eine ähnliche Transformation wird auch bei Einzelhandelsimmobilien notwendig sein, die – wie in der Vergangenheit immer wieder erfolgreich geschehen – neuen Konsumgewohnheiten Raum geben.

Für Investoren heißt das, wer Immobilien im Portfolio hält, ist geneigt, diese weiter zu halten. Bei einem Verkauf sollte mehr denn je die Frage gestellt werden, wie das freigesetzte Kapital rentierlicher eingesetzt werden könnte. Für denjenigen, der Immobilien erwerben will, wird dagegen entscheidend sein, wie viel Eigenkapital er zunächst einsetzen kann und will. Fremdkapital ist nach wie vor ein wichtiger Renditebaustein und unerlässlich in Sachen Inflationsschutz. Doch sein Einsatz wir derzeit teurer und belastet die ohnehin durch zu hohe Preise niedrige Immobilienrendite. Wer kann, investiert im Moment stärker mit Eigenkapital und hat im Wettbewerb um gute Assets einen klaren Vorteil.

Über den Autor

Sven Tomitza ist seit 2019 Mitglied der Geschäftsleitung beim Tresono Family Office und Bereichsleiter Immobilien. Er ist für die Strategie- und Transaktionsberatung im Immobilienbereich verantwortlich, und begleitet insbesondere Unternehmerfamilien bei der Entwicklung und Umsetzung von Immobilienstrategien. Sven Tomitza ist seit 2019 bei der TRESONO und
leitet dort den Bereich Immobilien. Seit 2004 ist er im Transaktionsgeschäft tätig und war
unter anderem bei zwei der drei größten börsennotierten Wohnungsgesellschaften beschäftigt. Zuletzt war er fünf Jahre Geschäftsführer und Verantwortlicher für
das Transaktionsgeschäft der Leg Immobilien

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen