Hermann Wonnebauer von ZKB Österreich „Ich kenne wenige Österreicher, die freiwillig ihr Geld nach Deutschland bringen würden“

Hermann Wonnebauer ist Vorstandsvorsitzender der Zürcher Kantonalbank Österreich

Hermann Wonnebauer ist Vorstandsvorsitzender der Zürcher Kantonalbank Österreich: „Die Schweiz hat immer noch das Image eines sicheren Hafens und eines im Private Banking besonders kompetitiven und guten Marktes. Deutschland eher nicht.“ Foto: Zürcher Kantonalbank Österreich

private banking magazin: Herr Wonnebauer, Sie gehen in ihr letztes halbes Jahr als Vorstandsvorsitzender der Zürcher Kantonalbank Österreich. Was wird Ihnen am meisten fehlen?

Hermann Wonnebauer: Mir wird nicht allzu viel fehlen, da ich der Bank als Konsulent weiterhin eng verbunden bleibe. Das ist mir sehr wichtig.

Sie haben die ZKB Österreich seit 2010 mit aufgebaut. Wie lief der Prozess ab?

Wonnebauer: Damals hat die Zürcher Kantonalbank eine kleine Salzburger Privatbank gekauft. Ein Jahr später firmierte diese Bank dann in die Zürcher Kantonalbank Österreich um. Damals betreuten 45 Mitarbeitende ein Volumen von etwa 560 Millionen Euro in einer Private-Banking-Einheit mit Schwerpunkt auf Wertpapieren. Mittlerweile sind wir über 100 Mitarbeitende und das verwaltete Vermögen ist auf 2,8 Milliarden Euro angewachsen. Unser Hauptgeschäft umfasst nach wie vor die Vermögensverwaltung und damit Aktien, Anleihen und Fonds. Vier von fünf Kunden lassen uns das Geld verwalten. Und wir sind überzeugt, dass das die beste Lösung ist.

 

Sie selbst sind im österreichischen Private Banking beruflich groß geworden, dürften die Branche in- und auswendig kennen. Was zeichnet den Markt aus?

Wonnebauer: Der Markt ist dem deutschen nicht unähnlich. Nach dem Krieg hat Österreich einen ähnlichen Aufschwung erlebt wie Deutschland. Als ich 1982 meine Private-Banking-Karriere begann, warfen Anleihen noch 11 Prozent Zinsen ab, große Einbrüche oder Abwärtsphasen gab es nicht. Allein durch den Zinseszinseffekt bildete sich also eine Menge Kapital in allen Anlageklassen. Viele Menschen sind durch Kapitalanlagen vermögend geworden. Zusätzlich hat der sehr langfristige Wirtschaftsaufschwung für hohe Gewinne vieler Unternehmer gesorgt. Aber auch heute sind und werden Mittelständler und Unternehmer für das österreichische Private Banking wichtig, weil es viele Hidden Champions und spannende Start-ups gibt. Zumindest bei unseren Mitbewerbern in Österreich hat zudem das Osteuropa-Geschäft einen hohen Stellenwert.

Orientiert sich das österreichische Private Banking an den größeren Nachbarmärkten wie der Schweiz und Deutschland?

Wonnebauer: An der Schweiz schon, an Deutschland eher weniger. Die Schweiz hat immer noch das Image - gerade auch bei älteren Kundinnen und Kunden – eines sicheren Hafens und eines im Private Banking besonders kompetitiven und guten Marktes. Deutschland eher nicht. Ich kenne wenige Kunden aus Österreich, die freiwillig ihr Geld nach Deutschland bringen würden. Hierzulande erhalten sie die gleichen Leistungen, während es andererseits aber ein gewisses Prestige hat, in der Schweiz ein Konto haben zu dürfen. Aber klar, bei der Next Generation wird dieses Prestige nicht mehr so wichtig sein. Aber auch dann ist es kein Nachteil, eine Schweizer Mutter zu haben.

„Gewisse Dienstleistungen werden einfach nicht mehr in Österreich angeboten“

Andere Banken mit Schweizer Mutter haben den österreichischen Markt aber verlassen. Woran liegt das?

Wonnebauer: Das kann ich schwer beurteilen. Ich finde es jedenfalls schade, weil wir weniger Vielfalt haben und gewisse Dienstleistungen einfach nicht mehr in Österreich angeboten werden. Unser Vorteil ist vielleicht, dass wir nicht Teil einer großen Konzernstruktur sind. Zudem sind wir nur im Privatkundengeschäft tätig. Neben ein paar weiteren Beratungsdienstleistungen sind wir vollkommen fokussiert auf Private Banking und Vermögensverwaltung.

Ist es dann überhaupt noch ein Vorteil, mit dem Attribut der „Swissness“ am österreichischen Markt anzutreten?

Wonnebauer: Wir sind die einzige verbliebende Bank in Österreich, die eine Schweizer Mutter hat. Das hat uns schon vorher geholfen. Die Verbindung zur Zürcher Kantonalbank vermittelt einen gewissen Eindruck, weil sowohl die Schweiz sowie Zürich als auch die Idee der Kantonalbank positiv belegt sind. Und wenn die geopolitische Lage unsicher ist, ist Kunden eine konservativ aufgestellte Schweizer Kantonalbank auch lieber als eine volatilere Schweizer Großbank. Wir als österreichische Tochter betreuen aber nur österreichische und deutsche Kunden, haben also kein Osteuropa-Team wie viele andere österreichische Banken. Wenn wir ausländische Kunden betreuen, dann nur, wenn Sie einen direkten Bezug zu Österreich haben.

 

Und das soll auch so bleiben?

Wonnebauer: Ja, denn für das Osteuropa-Geschäft braucht es viel Kapital, speziell ausgebildetes Personal und viel Unterstützung von der Compliance- und der Rechtsabteilung. Außerdem ist das Geschäft schwankungsanfällig. Und das war bereits vor dem Ausbruch des Ukrainekriegs so. Solange in Österreich selbst noch 700 Milliarden Euro an Privatvermögen vorhanden sind, wollen wir uns darauf konzentrieren.

Den Plan haben andere Wettbewerber natürlich auch. Wie können Sie sich weiterhin Marktanteile sichern?

Wonnebauer: Wir fokussieren uns auf die Mittel, die in den vergangenen Jahren als Liquidität geparkt wurden oder es noch sind. Wer nur wenige Basispunkte Zinsen auf seine Sparanlagen erhält, ist irgendwann reif für ein anderes Investment. Wir halten Aktien für die beste Art der langfristigen Vermögensaufbewahrung, weshalb etwa 75 Prozent unseres Kundenvolumens so investiert sind. Und klar, es gibt unruhige Zeiten. Auch wenn beim Kunden die Füße zappeln, müssen wir die Hände ruhig halten. Der professionelle Umgang verschafft uns eine emotionale Distanz.

„In den ersten Jahren haben wir, anders als jetzt, rote Zahlen geschrieben“

Und wie haben Sie das operative Geschäft aufgebaut, um in Österreich Erfolg zu haben?

Wonnebauer: Wir haben uns nicht in anderen Dingen verzettelt, weil wir keinen akuten Ertragsdruck hatten. In den ersten Jahren haben wir, anders als jetzt, rote Zahlen geschrieben. Aber wir haben trotzdem nicht zum Beispiel das Kreditgeschäft aufgeblasen oder uns im Immobiliengeschäft eingemischt, auch wenn das kurzfristig Erfolg bringen hätte können. Aber dort gibt es schon zig Anbieter. Übrig bleiben also nur die schlechten und die riskanten Assets. Im Private Banking dagegen haben wir uns ein paar Jahre Zeit genommen, einen nachhaltigen Personalaufbau betrieben und natürlich auch vom Markt profitiert, um die nötige Größenordnung und ein Grundvertrauen zu erreichen.

Wie baut man das Grundvertrauen auf?

Wonnebauer: Mit Langfristigkeit. Und wir hatten das Grundgerüst im Rücken, das unsere Schweizer Mutter in den Jahren zuvor aufgebaut hat.

 

Stichwort Grundgerüst: Ab welchem Einstiegsvolumen bieten Sie Vermögensverwaltungen an?

Wonnebauer: Wir starten ab einem Volumen von 500.000 Euro, beginnen aber auch mit kleineren Beträgen, wenn wir das Potenzial auf mehr verwaltetes Vermögen sehen. Da wir nur eine Marktmeinung haben, können wir diese beim verwalteten Vermögen nach oben und nach unten hin skalieren. Uns bremsen nach unten nur die Kosten einer Kontenbetreuung, die uns durch die Regulatorik auferlegt sind.

Ab welchem Volumen bieten Sie individuellere Portfolios?

Wonnebauer: Bei den großen Mandaten kommen natürlich gewisse Einschränkungen und Wünsche hinzu, die wir individuell berücksichtigen. Aber auch da setzen wir Grenzen. Individuelle Spezialmandate starten wir ab einem Volumen von 10 Millionen Euro.

Und wie unterscheidet sich Ihr Geschäft mit dem der Kollegen aus der Schweiz?

Wonnebauer: Der Unterschied ist gar nicht so groß. Anleger in Mitteleuropa ticken ähnlich, es gibt nur kleine regionale Unterschiede. Sonst unterschied uns bisher die Regulatorik, weil auch wir nach Mifid agieren. Das wird sich in der Schweiz aber ebenfalls angleichen.

„Der Siegeszug der Family Offices wirkt auf mich fast schon endemisch“

In Deutschland wird seit Jahren eine Konsolidierung in der Vermögensverwaltungsbranche erwartet – ist sie in Österreich schon da?

Wonnebauer: Der Markt ist schon sehr begrenzt, da gebe ich Ihnen recht. In Österreich gibt es nur noch wenig Möglichkeiten für Wettbewerber, überhaupt zu fusionieren oder zuzukaufen. Ein Unterschied ist jedoch: Besonders in Deutschland wurden in den vergangenen Jahren viele Family Offices gegründet. Manche von ihnen ziehen die Beratungsleistungen aus den Banken heraus, am Ende bleiben nur noch die operativen Prozesse für Banken bestehen. Der Siegeszug der Family Offices wirkt auf mich fast schon endemisch. In Österreich gibt es sie dagegen kaum. Hier werden sich eher ausländische Anbieter aus dem Markt zurückziehen oder kleinere Banken in größere eingebaut werden. Der Markt für Private Banking ist schon noch groß genug, und das Geschäft schwankungsarm. Der Aufbau einer Vermögensverwaltung sieht aber auch günstiger aus, als er es ist.

Wer profitiert davon?

Wonnebauer: Sicherlich einerseits die Großbanken. Andererseits sind auch viele Regionalbanken gut am Markt positioniert. Sie betreuen Kunden schon im Firmenkundengeschäft und können dann das Private Banking zusätzlich anbieten. Und das in einer sehr professionellen Art und Weise. Für die Kunden ist es aber sehr gut. Denn: Auch eine schlechte Vermögensverwaltung ist besser als gar keine. Wenn all diese Banken diese Dienstleistungen den Kunden näherbringen können, hat das auch volkswirtschaftlich einen großen Nutzen.

 

Sie haben Family Offices schon angesprochen. Bleiben sie in Österreich eher ein Nischenmarkt?

Wonnebauer: Das denke ich schon. Große Multi Family Offices müssen ja alles bieten: Steuerexperten, Anwälte, Buchhaltung und Asset Manager. Banken dürfen drei dieser vier Dienstleistungen gar nicht erbringen. Nur: Hierzulande sind Anleger wie Stiftungen ohnehin mit Steuer-, Anwalts- und Bankingexpertise ausgestattet, weshalb die Branche in Österreich nochmals kleiner als die deutsche ist. Große Wirtschafts- und Steuerkanzleien gibt es ebenfalls genug, die wiederum die Asset-Management-Dienstleistungen zur Not extern einkaufen. Die Multi Family Offices werden deshalb oft von ehemaligen Bankern gegründet und haben dann entsprechend auch hauptsächlich diese Expertise.

Sie gehen bald in Pension. Schwingt schon ein wenig Wehmut mit?

Wonnebauer: Ich bleibe der Bank ja noch ein wenig erhalten. Und das wichtigste ist, dass wir die Nachfolge mit eigenen Kräften aus der Bank sehr gut und einfach klären konnten. Denn das spricht für Kontinuität, die wir unseren Kunden ja auch bieten wollen.

Worauf freut man sich nach 40 Jahren österreichischem Private Banking nun am meisten?

Wonnebauer: Für mich war Private Banking nie eine Belastung. Es ist ein so schöner Beruf, in dem man mit interessanten Menschen zusammenkommt und es zu schätzen lernt, zuhören zu dürfen. Das werde ich hoffentlich auch in Zukunft weiter erfahren dürfen. Was mir weniger abgehen wird, ist die Verantwortung in der Unternehmensführung mit ihren vielfältigen Anforderungen, die ja tendenziell zunehmen. Und worauf ich mich besonders freue: Mehr Zeit für die Familie zu haben. Ich habe auch das Glück, mich um zwei kleine Enkelkinder kümmern zu dürfen!


Über den Interviewten:
Hermann Wonnebauer ist seit 2019 Vorstandsvorsitzender der Zürcher Kantonalbank Österreich. Er war 2010 zur ZKB Österreich gewechselt und hatte das Private Banking aufgebaut. Zuvor arbeitete er bereits beim Bankhaus Berger & Comp sowie der Sal. Oppenheim in leitenden Positionen im Private Banking, seinen beruflichen Werdegang begann er bei der Oberbank. Wonnebauer geht zum 30. Juni 2023 in den Ruhestand, sein Nachfolger wird Chief Investment Officer und Vorstandsmitglied Christian Nemeth. Private Bankerin Silvia Richter zieht neu in den Vorstand ein.

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