3 Fragen, 3 Antworten Wie sich die Nasdaq-Umstellung auf Anbieter und Investoren auswirkt

Christian Conreder, Partner und Rechtsanwalt bei Rödl & Partner

Christian Conreder, Partner und Rechtsanwalt bei Rödl & Partner: „Es könnten Maßnahmen zur Wahrung einer ausreichenden Diversifikation erforderlich werden.“ Foto: Rödl & Partner

private banking magazin: Was genau passiert bei der Nasdaq-Umstellung?

Christian Conreder: Der Index Nasdaq 100 umfasst die 100 größten nicht-finanziellen Nasdaq-Unternehmen. Insbesondere Aktien der sieben größten Unternehmen im Nasdaq 100, Microsoft, Apple, Alphabet, Nvidia, Amazon, Tesla und Meta Platforms, konnten allerdings in dem letzten Jahr stark zulegen. Diese Aktien machen dadurch etwa 55 Prozent des Nasdaq 100 aus, was dem Diversifikationsgedanken widerspricht.

Um eine gewisse Diversifikation sicherzustellen, statuieren die Regeln des Nasdaq-Index, dass Aktien mit einer Gewichtung von 4,5 Prozent oder mehr nicht mehr als 48 Prozent des gesamten Index und die fünf größten Aktien nicht mehr als 40 Prozent des gesamten Index ausmachen dürfen. Da diese Grenzwerte nun deutlich überschritten sind, hat der Nasdaq 100 zum 24. Juli 2023 eine Neugewichtung vorgenommen: Der Anteil der sieben größten Unternehmen an dem Index wurde daher von 56 Prozent auf 44 Prozent reduziert. Davon profitieren wohl Starbucks, Mondelez, Booking Holdings, Gilead Sciences, Intuitive Surgical, Analog Devices und Automatic Data Processing, deren Anteil am Nasdaq 100 erhöht wird. 

Für wen sind diese Anpassungen relevant? 

Conreder: Diese Anpassungen betreffen zum einen die Anleger: Für Anleger, die in den Nasdaq 100 investiert haben, bedeutet die Neugewichtung eine höhere Diversifikation und damit im Zweifel ein geringeres Verlustrisiko; auf der anderen Seite wird der Anteil der Aktien, die im letzten Jahr großen Erfolg hatten, deutlich reduziert. Kurzfristig könnte das also zu geringeren Profiten führen. Anleger, die ihr Portfolio am Nasdaq 100 ausrichten, müssen ihr Portfolio so umschichten, dass es der neuen Gewichtung entspricht. Insbesondere die ETFs, die sich am Nasdaq orientieren, müssen sich entsprechend umstrukturieren.

 

Darüber hinaus könnte die Neugewichtung sich auf die von der Neustrukturierung betroffenen Einzelaktien der Unternehmen im Nasdaq 100 auswirken: Von den sieben größten Unternehmen im Nasdaq 100 müssen viele Aktien verkauft werden, große langfristige Auswirkungen sind dabei nach der Ratingagentur Morningstar aber aufgrund der Liquidität der betroffenen Aktien und der damit einhergehenden Markttiefe nicht zu erwarten, leichte Kursrückgänge sind aber wohl möglich. Aktien von Unternehmen, deren Anteil am Nasdaq 100 erhöht werden soll, könnten hingegen profitieren. 

An welchen Stellen müssen die jeweiligen Finanzdienstleister nachjustieren? 

Conreder: Insbesondere müssen Manager von ETFs, die sich an dem Nasdaq 100 orientieren, der Neugewichtung entsprechend die Aktien der Unternehmen verkaufen, deren Anteil reduziert werden soll. Mit dem frei werdenden Kapital müssen sie Aktien der Unternehmen kaufen, deren Anteil erhöht werden soll. Darüber hinaus könnten durch die neuen Gewichtungen des Nasdaq 100 selbst und der ETF, die sich an dem Nasdaq 100 orientieren, dazu führen, dass in einzelnen Portfolios die Aktien derjenigen Unternehmen, deren Anteil am Nasdaq 100 erhöht wird, einen zu hohen Anteil erlangen. Dementsprechend könnten Maßnahmen zur Wahrung einer ausreichenden Diversifikation erforderlich werden.  


Über den Interviewten:

Christian Conreder ist Rechtsanwalt und Partner bei Rödl & Partner und leitet den Bereich Kapitalanlagerecht. Der Schwerpunkt seiner anwaltlichen Tätigkeit liegt im Bank- und Kapitalmarktrecht, namentlich in den Bereichen des Kapitalanlagerechts. Weiterhin ist er auf das Zahlungsverkehrsrecht spezialisiert.  

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