Roundtable ESG in der Praxis: Zwischen Irrsinn und Nutzen

arolin Tsalkas (Honestas), Victoria Arnold (Blackrock), Christian Jasperneite (M.M.Warburg & CO), Christopher Knapp (MSCI) und Nasim Amini (Hypovereinsbank)

Von links: Carolin Tsalkas (Honestas), Victoria Arnold (Blackrock), Christian Jasperneite (M.M. Warburg & CO), Christopher Knapp (MSCI) und Nasim Amini (Hypovereinsbank) nahmen am ESG-Roundtable des private banking magazins teil. Foto: Honestas, Blackrock, M.M. Warburg & CO, MSCI, Hypovereinsbank/Canva

private banking magazin: Herzlich willkommen bei unserem ESG-Roundtable. Lassen sie uns einen feinen Austausch haben und uns den Buzzwords ESG und Nachhaltigkeit in der Finanzbranche nähern. Auf geht’s. Zeigt Ihre Kundschaft ein gesteigertes Interesse an ESG- und Nachhaltigkeitsprodukten, liebe Frau Tsalkas?

Carolin Tsalkas
Carolin Tsalkas vom
Family Office Honestas.
©Honestas

Carolin Tsalkas: Der öffentliche Diskurs hat zweifelsohne einen Anstoß zum Überdenken der eigenen Verantwortlichkeit auch im Hinblick auf die Investmententscheidungen gegeben. Bei unseren institutionellen Investoren wie Stiftungen und Pensionskassen waren und sind ESG-orientierte Investments daher vielfach bereits obligatorisch. Darüber hinaus sind Ausschlusskriterien seit Jahren fester Teil unseres Investmentansatzes und auch für Privatanleger ein Thema. Einen massiven Nachfrageanstieg in den letzten zwei Jahren können wir aber nicht feststellen.

Nasim Amini: Das ist bei unseren Kunden ganz anders. Wir erleben ein deutlich gesteigertes Interesse. Unsere Kunden sind deutlich aufgeklärter als früher. Insofern gibt es auch direkte Anfragen von Kunden zum Thema ESG-konforme-Anlagen.

Christian Jasperneite: Meine ehrliche Antwort ist die, dass viele Kunden nur ein bedingt gesteigertes Interesse haben. Man muss aber von Kunde zu Kunde unterscheiden, es bilden sich sehr unterschiedliche Cluster von Kunden: Einige haben extreme Anforderungen, für andere ist allein die Rendite entscheidend. Wir haben sogar Stiftungen, die sagen: „Unser Stiftungszweck zielt stark auf die Förderung nachhaltiger Projekte, aber um die Projekte zu finanzieren, brauchen wir Rendite. Daher ist uns auf der Anlageseite Nachhaltigkeit weniger wichtig.“

Das ist ein eher gemischtes Stimmungsbild. Das Zahlenwerk etwa des Fondsverbandes BVI sieht auch eine gesteigerte Nachfrage. Wie verhält es sich bei Ihnen als Anbieter?

Victoria Arnold: Wir sehen eine hohe Nachfrage über alle Kundensegmente. Privatanleger wie auch Investoren im Wholesale-Segment fragen oft nach SRI-Strategien mit klaren Ausschlusskriterien plus den jeweils Klassenbesten. Überspitzt gesagt, werden dunkelgrüne Varianten nachgefragt. Wir sehen hier mittlerweile auch ein gestiegenes Interesse nach Themenfonds. Erneuerbare Energien, Agrikultur oder Wasser stoßen hier auf großes Interesse. Im institutionellen Segment wird der breite Markt nachgefragt, aber eben mit entsprechenden ESG-Richtlinien. Da spielen Klima-Benchmarks eine große Rolle.

 

 

Welche Trends sehen Sie als Indexanbieter, Herr Knapp?

Christopher Knapp: Wir sehen den Trend der so genannten Asset Owner, Vergleichsindizes auf die Themen ESG und Klima umzustellen, besonders in Europa. Das wird natürlich noch dauern, bis zahlreiche Assets umgestellt sind. Aber es gibt ordentlich Rückenwind seitens der Zentralbanken und der Regulatoren. 

Christopher Knapp vom
Indexanbieter MSCI.
©MSCI

Was sind die besonderen Herausforderungen, die das Thema ESG an Sie als Indexprovider stellt?

Knapp:  Die sind recht vielfältig. Auf der technischen Seite hapert es manchmal an der Datenverfügbarkeit. Die ist aber in Summe besser geworden. Backtesting ist dementsprechend schwierig. Die Anforderungen der Kunden sind sehr unterschiedlich. Es gibt vielfältige Sichtweisen auf dem Markt, etwa was die Abgrenzung von ESG zu Klima betrifft. Die regulatorische Ebene ist auch recht komplex. Da gibt es verschiedene ESG-Label, die nicht immer deckungsgleich sind.

Amini: Wir bieten unseren Kunden gesonderte Beratung und Hilfeleistung bei ESG-Themen an. Das macht unser Sustainable Invesment Office. Dabei beraten wir die Kunden bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie für das Familienvermögen, machen konkrete Umsetzungsvorschläge und stellen Ihnen unsere Infrastruktur sowie unser Expertennetzwerk zur Verfügung. Das sind Momente, bei denen ich spüre, dass wir durch unsere Beratungskompetenz ganz neue Initialzündungen bei den Kunden wecken und detaillierter in das Thema einsteigen.