Unerwartete Möglichkeiten Indizes richtig verstehen, managen und davon profitieren

Dmitry Parilov von Dxfeed, einem Anbieter von Finanzmarktinformationen

Dmitry Parilov von Dxfeed, einem Anbieter von Finanzmarktinformationen: Der Manager beschäftigt sich seit knapp zehn Jahren mit Indizes Foto: Dxfeed

Bei dem Wort „Index“ denkt man in der Regel an Finanzindizes wie den S&P 500 und den Dow Jones Industrial Average, mit denen die Performance bestimmter Aktiengruppen ermittelt wird. Indizes werden jedoch verwendet, um alles Mögliche abzubilden – von der Entwicklung der Verbraucherpreise (Verbraucherpreisindex), über die Stimmung bei den Einkaufsmanagern (Einkaufsmanagerindex) bis hin zu ungewöhnlichen Kennzahlen wie die Rocksaumlänge in der Damenmode (Hemline-Barometer) oder die Kosten eines Big Mac von McDonald's in verschiedenen Ländern (Big-Mac-Index).

Benchmarks versus Anlageinstrumente

In der Welt der Finanzen – und speziell im Investmentmanagement – ermöglicht die von einem unabhängigen Index wie dem S&P 500 veröffentlichte Rendite seit jeher, die relative Leistung, die Performance eines Anlageportfolios in Zahlen auszudrücken. Liegt diese Leistung über dem Marktdurchschnitt, sagen die Fondsmanager, ihr Fonds habe „outperformt“. Ein Index darf jedoch nicht mit einem Anlageinstrument verwechselt werden, das sein Berechnungsverfahren auf Indizes stützt. Wenn Anleger behaupten, sie hätten in den S&P 500 investiert, irren sie sich.

Sie haben vielleicht in den SPY investiert, einen ETF-Fonds (Exchange Traded Fund), der versucht, die Performance des S&P-500-Indizes abzubilden. Zu diesem Zweck gewichtet der Fonds sein Portfolio auf eine Art und Weise, die den Indexkomponenten entspricht. Indizes an sich sind aber keine Anlageinstrumente, auch wenn sie selbstverständlich zusammenhängen. Häufig hat das Wachstum der letzteren zur Entstehung neuer Indizes geführt. Dennoch sollte zwischen den beiden klar unterschieden werden.

Unterschiedliche Verfahren zur Konstruktion eines Indizes

Die meisten großen, globalen Indizes wie S&P 500, NASDAQ 100, FTSE 100, CAC 40 und DAX werden nach Marktkapitalisierung gewichtet. Das bedeutet: Die größten Unternehmen sind überrepräsentiert. Viele ETFs nutzen Marktkapitalisierungsindizes als Benchmarks und weisen den Aktien großer Unternehmen wie Apple und Facebook, die diese Benchmarks dominieren, mehr Kapital zu. Indizes können zudem preisgewichtet, gleichgewichtet oder in ihrer Gewichtung gedeckelt, also capped sein .

Der Dow Jones Industrial Average beispielsweise ist ein preisgewichteter Index: Hier wird der Preis jeder Komponente als einziger Faktor zur Berechnung des Gesamtwerts herangezogen. Bei einer Gleichgewichtung wird keine Komponente des Indizes stärker gewichtet als eine andere, so beispielsweise beim Barron‘s-400-Index. Bei Indizes mit Gewichtungsdeckelung darf die Gewichtung von keinem der Indexmitglieder eine bestimmte Obergrenze überschreiten. Der MSCI World Infrastructure Capped Index enthält Unternehmen, die im Bereich „Infrastruktur“ tätig sind oder entsprechende Werte besitzen. Jeweils ein Drittel von ihnen sind Telekommunikations- und Versorgungsunternehmen, während das restliche Drittel aus den Bereichen Energie, Transport und sozialer Infrastruktur stammt.

Alternativ zu den oben genannten Verfahren gibt es auch die faktor- und fundamentalbasierte Indizierung. Faktorbasierte Indizes konzentrieren sich bei ihrer Zusammensetzung auf bestimmte Risikofaktoren wie geringer Unternehmenswert – also Value, oder auch Quality, Momentum, Volatility und Yield. All diese Faktoren wirken sich an verschiedenen Punkten im Marktzyklus unterschiedlich auf die Leistung aus. Auf Fundamentaldaten beruhende Indizes weisen zwar Gemeinsamkeiten mit manchen faktorbasierten Konzepten auf, wie beispielsweise beim Faktor Value. Doch sie fassen Wertpapiere nach den Kriterien zusammen, die ein Fundamentalanalyst nutzen könnte, um einzelne Aktien herauszupicken, also in erster Linie nach Performance-Aspekten wie Umsatz, Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und Dividenden.

Eine Aufgabe für sich: das Management

Design und Konstruktion eines Indizes sind oft herausfordernd genug. Doch ein häufig vernachlässigter Aspekt ist der Aufwand, der notwendig ist, um Aktualität und Relevanz des Indizes sicherzustellen. Das betrifft zum einen die Verwaltung für einen unterbrechungsfreien Live-Betrieb und zum anderen die Speicherung und Normalisierung historischer Daten. Zum Management eines Indizes gehört auch die Überwachung von Marktänderungen und die routinemäßige Neuausrichtung und Neugewichtung von Komponenten, wann immer dies sinnvoll ist.


Ein weiterer Bestandteil des Indexmanagements ist der Aufbau von Indexmanagement-Plattformen (IMPs), mit denen der Nutzer Daten analysieren, verschiedene Komponenten vergleichen und die Ergebnisse visualisieren kann. All diese Aufgaben erfordern ein Entwicklerteam mit Know-how in jedem spezifischen Bereich. Die Entwickler sollten daher in der Lage sein, APIs in verschiedenen Sprachen zu unterstützen und nutzernahe Anwendungen und Oberflächen zu entwickeln – ob Kundenplattformen oder interne Instrumententafeln.

Last but not least muss die Hard- und Softwareinfrastruktur genannt werden, die Kurs-Feeds, Aggregatoren und Berechnungen am Laufen hält. Man sollte sich also darüber im Klaren sein, dass das fertige Indexprodukt mehr beinhaltet als ein Verfahren zur Indexberechnung. Denn Wartung und Verwaltung sind mit einem eigenen, nicht zu unterschätzenden technischen Aufwand verbunden.

Individuelle Berechnung

Der Start eines neuen Indizes geht mit verschiedenen designbezogenen und methodischen Anforderungen einher. Es müssen nicht nur Daten in verschiedenen Formaten sorgfältig erfasst und normalisiert, sondern auch Berechnungs-Engines mit Test- und Gewichtungsfunktionen entwickelt werden. Vorhandene Technologien sollten zudem an externe Publizierungs- und Distributionsanbieter angebunden werden. Darüber hinaus verlangt die Finanzbranche in der Regel, dass der Indexentwickler oder Berechnungsagent beaufsichtigt wird und den Vorschriften der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) und der europäischen Benchmark-Verordnung (EU BMR) entspricht.

Referenzkurse für Freiverkehrsmarkt OTC- Märkte

Im Freiverkehrsmarkt, dem sogenannten OTC-Bereich, in dem Finanzinstrumente wie Devisen und Kryptowährungen dezentral gehandelt werden, kann es Hunderte von Handelsplätzen und Datenquellen geben. Hier ist die Konsolidierung unterschiedlicher Geld-/Briefkurse in zuverlässigen, aggregierten Referenzkurs-Feeds für Broker ebenso wertvoll wie für Trader. Beispielsweise können dafür verschiedene Daten-Feeds mit Währungspaaren in gemischten Feeds zusammengefasst werden. Das kann Qualität gewährleisten und  gleichzeitig die Zahl der Ausreißer minimieren.