Chris-Oliver Schickentanz, Commerzbank Nachhaltigkeit bedeutet für mich ...

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In der Regel fallen Kirchen oder gemeinnützige Stiftungen in diese Rubrik. Das Problem dabei: Wer nur die nachhaltigsten Lösungen im Depot hält, kann den dringend notwendigen Transformationsprozess der Realwirtschaft nur bedingt positiv begleiten. Das Kapital wird ja eigentlich nicht dort benötigt, wo bereits erstklassige Nachhaltigkeitsstandards gelebt werden, sondern dort, wo es Verbesserungspotenziale gibt.

Schaut man sich die einzelnen Nachhaltigkeits-Cluster im Detail an, fällt auf, dass Unternehmen und Emittenten mit einem sehr schlechten ESG-Rating einen Bewertungsabschlag aufweisen. Der Kapitalmarkt „bestraft“ sie dafür, dass sie ESG nicht ernst nehmen. Auf der anderen Seite der Skala werden die „Best in Class“-Unternehmen mit einer Bewertungsprämie gehandelt.


Bedeutet aber auch: Hier ist bereits viel passiert. Der interessanteste Bereich ist das Mittelfeld. Dort, wo Unternehmen glaubhaft ihren Transformationsprozess beginnen, spielt performanceseitig die Musik. Hier ist der Kapitalmarkt bereit, höhere Bewertungsrelationen zu akzeptieren. Anleger, die sich auf diese „ESG Improver“ konzentrieren, profitieren doppelt: von den Gewinnsteigerungen der Unternehmen im
operativen Geschäft und einer höheren Bewertung. Das schlägt sich in einer mittelfristig überdurchschnittlichen Performance nieder. Das setzt aber voraus, dass man als Anleger konsequent ist und den Unternehmen klar kommuniziert, welche Erwartungen man hat. Definierte Meilensteine und ein permanenter Dialog gehören zu einer ESG-Improver-Strategie dazu.

Übrigens: Nachhaltige Investments werden nicht immer eine Überrendite liefern. Es wird Börsenzyklen geben, in denen andere Geschäftsmodelle gefragt sind. 2021 waren das beispielsweise fossile Brennstoffe, die von Produktionsengpässen bei Öl profitiert haben. Das ändert aber nichts daran, dass Nachhaltigkeit auf mittlere bis lange Sicht überlegene Anlageergebnisse produziert – über ein bei gleicher Performance niedrigeres Risiko oder eine bei unveränderten Risikobudgets höhere Performance.


Über den Autor:

Chris-Oliver Schickentanz ist seit 2009 Chefanlagestratege der Commerzbank. Zuvor war er bei der Dresdner Bank, die 2009 von der Commerzbank übernommen wurde, unter anderem Leiter der Unternehmensanalyse.

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