Immobilienfonds und Sachwertefonds Die verschiedenen Modelle des KVG-Insourcings

Ludger Wibbecke von Hansainvest: KVG-Dienstleistungen sind in verschiedenen Formen darstellbar.

Ludger Wibbecke von Hansainvest: KVG-Dienstleistungen sind in verschiedenen Formen darstellbar. Foto: Hansainvest

Mit der Zinswende hat die Europäische Zentralbank die Rahmenbedingungen für Immobilieninvestments drastisch verändert: Deutlich teurere Finanzierungsbedingungen und die Auferstehung von liquiden Produkten haben einem guten Jahrzehnt der Sorglosigkeit ein erwartbares Ende beschert.

Das verdeutlicht beispielhaft der scharfe Rückgang des diesjährigen Investmentvolumens in Deutschland: Bis Ende September wurden laut BNP Paribas Real Estate gerade 16,3 Milliarden Euro in gewerblich genutzte Immobilien investiert – das ist ein Rückgang von mehr als 60 Prozent gegenüber dem Rekordwert des Vorjahreszeitraums. Gleichzeitig verzeichnete der Wohninvestmentmarkt in den ersten drei Quartalen des Jahres mit einem Investitionsvolumen von 3,9 Milliarden Euro den schwächsten Neun-Monats-Zeitraum seit 2010. Preiskorrekturen und vielfach unsichere Aussichten tun ein Übriges.

 

In diesem Marktumfeld wird es auch für die Anbieter von Immobilienfonds zunehmend anspruchsvoll, für ihre Investoren Erträge zu erwirtschaften. Das gilt umso mehr, seitdem sich die Messlatte für Attraktivität in Form des vermeintlich risikolosen Zinssatzes deutlich nach oben verschoben hat. Asset Manager sind noch viel stärker als während des langanhaltenden Immobilienbooms in Zeiten des Nullzinses gefragt, ihre Portfolios aktiv zu steuern und die Immobilien darin effizient zu bewirtschaften.

Eine entscheidende Maßnahme kann in diesem Zusammenhang die Auslagerung administrativer Aufgaben an einen externen Dienstleister sein. Dabei übernimmt eine Service-Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) sämtliche oder modulweise einen Teil der regulatorisch vorgegebenen Tätigkeiten, die zur Verwaltung eines Fonds zählen. Dieses Modell erfreut sich gerade im Bereich der Immobilien-Spezialfonds, aber auch bei anderen Sachwertefonds, wachsender Beliebtheit.

Unterschiede zwischen Voll-KVG, Service-KVGs oder KVG-Services

Viele Fondsinitiatoren hegen den Wunsch, sich ausschließlich auf das Management der Fonds und den Fondsvertrieb – also Ihr Kerngeschäft – konzentrieren zu können. Dies lässt sich mithilfe einer Service-KVG umsetzen. Sie unterstützt Initiatoren nicht nur bei der Fondsauflage, sondern auch im laufenden Geschäftsbetrieb.

Große Asset Manager, die eigene KVGen unterhalten, verfolgen einen anderen strategischen Ansatz. Dennoch etabliert sich auch bei den großen Häusern zunehmend der Trend, die Dienste einer erfahrenen Service-KVG in Anspruch zu nehmen. Anderen Kapitalverwaltungsgesellschaften bieten diese spezialisierten Dienstleister sogenannte KVG-Services an. Das heißt konkret, dass sie einen Teil oder auch alle dem Portfoliomanagement nachgelagerten Tätigkeiten übernehmen, dabei aber nicht wie im Modell der Service-KVG selbst als KVG fungieren.

 

Grundsätzlich können Voll-KVGen hier verschiedene komplementäre Dienstleistungsmodule nutzen. Zum Kern der übertragenen Aufgaben zählen die Fondsbuchhaltung, das Beteiligungsmanagement und das Reporting beziehungsweise Meldewesen. Hinzu kommt optional Unterstützung beim Risikomanagement und der Anlagegrenzprüfung.

Für die Auslagerung bestimmter administrativer Aufgaben – beziehungsweise das Insourcing von KVG-Dienstleistungen von etablierten Anbietern – gibt es eine Reihe von Gründen. Ein zentraler Aspekt ist, sich intensiver auf das Portfolio- und Immobilienmanagement zu konzentrieren und sich um die Pflege der Beziehung zu den Investoren zu kümmern. Dass diese immer häufiger explizit die Trennung von Portfoliomanagement und Fondsadministration bevorzugen, ist ein weiterer Punkt, der für das KVG-Insourcing spricht – gerade in Zeiten deutlich geringerer Nettomittelzuflüsse.

Skalierung bei Prozessen teilweise nötig

Mit Blick auf wachsende Anforderungen seitens der Regulierungsbehörden einerseits und der Investoren andererseits geht es vielen KVGen zudem darum, hauseigene Prozesse zu vereinheitlichen und zu optimieren. Vor allem in organisch stark gewachsenen Gesellschaften haben sich teilweise Abläufe etabliert, die anfangs möglicherweise pragmatisch erschienen, aber heute kaum noch zu überblicken sind und nicht immer dem neuesten Regulierungsstand genügen oder aufwändig angepasst werden müssen. Hier bestehen zwei Möglichkeiten: die Prozesse im Haus in Eigenregie zu optimieren oder einen externen Dienstleister mit den administrativen Aufgaben zu betrauen.

Vor allem die sinnvolle Aufgabenteilung mit Konzentration auf die Kernkompetenzen überzeugt viele Asset Manager. Denn genau diese Kernkompetenz in diesen Themen haben Service-KVGen, die KVG-Services anbieten, auf dem Feld der Administration und Regulierung. Letztlich geht um das Zusammenspiel unterschiedlicher Kernkompetenzen.

Dabei geht es darum, Skaleneffekte zu nutzen. Aufgrund der Marktentwicklung in den letzten Monaten fallen Erträge und Kosten bei den Voll-KVGen auseinander. Diese wirtschaftliche Balance kann auf der Kostenseite mit einer Service-KVG wieder erreicht werden. Etablierte Service-KVGen sind auf diese Dienstleistungen spezialisiert, mit dem jeweils aktuellen Regulierungsregime und neuen -initiativen vertraut; sie können auf erprobte Prozesse zurückgreifen, die standardisiert ablaufen und von eingespielten Teams umgesetzt werden, um die administrativen Aufgaben effizient zu erledigen. Leistungsstarke, stabile IT-Systeme auf aktuellem Stand ermöglichen dabei Anbindung an und Integration in die Prozess-Architekturen der KVG.

 

Diese Anbindung und Verzahnung von KVG und Service-Anbieter ist entscheidender Erfolgsfaktor. Die Weichen dafür werden beim Onboarding gestellt, das von spezialisierten Teams begleitet wird. Dabei geht es zum einen um die Migration der relevanten Daten – also der historischen Daten seit der Gründung auf Objektebene und Fonds-Ebene – auf Systeme, auf die beide Parteien zugreifen können. Zum anderen geht es um eine Optimierung und Angleichung der internen und externen Prozesse – inklusive einer Abstimmung mit weiteren externen Dienstleistern wie beispielsweise für die Verwalterbuchhaltung zuständigen Property Managern.

Einmal an Bord, sorgen Insourcing-Partner für einheitliche, effiziente und damit auch kostengünstige Prozesse und stellen sicher, dass die KVGen jederzeit die regulatorischen Anforderungen, aber auch die wachsenden Ansprüche der institutionellen Investoren erfüllen. Gerade im aktuellen Marktumfeld ist daher zu erwarten, dass sich der Trend zum KVG-Insourcing verstetigen wird.


Über den Gastautor:

Ludger Wibbeke verantwortet seit dem 1. Juli 2019 als Geschäftsführer das Sachwerte-Geschäft (Real Assets) der Hamburger Service-KVG Hansainvest. Dazu zählen verschiedene Anlageklassen wie Immobilien, Private Equity, Erneuerbare Energien, Kreditfonds und Infrastruktur in Spezial- und Publikumsfondsstrukturen. Zuvor war er für Hauck & Aufhäuser Privatbankiers, Sal. Oppenheim sowie die Nord LB tätig. 

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