Zu Niedrigzinszeiten waren sie noch Anlegers Lieblinge, doch mittlerweile weht ihnen strenger Wind entgegen – es läuft nicht gut für Offene Immobilienfonds. Das Problem: Die zuletzt schnell gestiegenen Zinsen verteuern Kredite. Geld, das die Fonds benötigen, um neue Objekte fürs Portfolio zu erwerben oder auslaufende Kredite umzuschulden. Der Trend zum Homeoffice macht Büroimmobilien zudem unattraktiver.
Hinzu kommt die Inflation, Verbraucher schränken ihren Konsum ein. Sie kaufen viel online, was den Markt der stationären Einzelhändler und Shoppingcenter bedroht – ein weiterer gängiger Baustein im Portfolio Offener Immobilienfonds. Allen Gewerbeimmobilien ist auch gemein, dass sie mittlerweile energetisch modernen Standards genügen müssen, um Mieter zu finden.
Transaktionen bei Gewerbeimmobilien eingebrochen
Der gewandelte Rahmen bewirkt, dass der vor Kurzem noch florierende Markt der Gewerbeimmobilien ins Stocken geraten ist. „Am Immobilienmarkt finden aktuell nur wenige Transaktionen statt“, weiß Thomas Rehmet, Vertriebsdirektor bei der Immobilienanlagegesellschaft Kanam Grund, die unter anderem den Leading Cities Invest betreibt. Investoren mit Fremdkapital hätten sich zurückgezogen. Andere suchten nach raren Schnäppchen.
Der Immobiliendienstleister Cushman & Wakefield hat eine Zahl für das Problem. Demnach ist im ersten Halbjahr 2023 das Transaktionsvolumen bei deutschen Gewerbeimmobilien in den sieben größten deutschen Städten um satte 65 Prozent eingebrochen – auf 9,8 Milliarden Euro. Und eine Trendumkehr ist nach Auffassung der meisten Beobachter aktuell nicht in Sicht. Vermögensverwalter Michael Thaler etwa spricht von einem „strukturellen Bruch“, der den Gewerbeimmobilienmarkt ereilt habe.
All die Probleme lassen sich jedoch an den Kursen Offener Immobilienfonds nicht ablesen. Die wandern meist weiter wie an der Schnur gezogen nach oben. Die Immobilienobjekte der Fonds werden zwar regelmäßig von Gutachtern bewertet, doch das geschieht unter Umständen nur einmal im Jahr. Im Zeitraum dazwischen kann somit viel passieren, was sich im Nettoinventarwert der Fonds nicht direkt widerspiegelt. Es werden die alten Werte hochgerechnet.
An der Börse dagegen ist die Skepsis des Marktes durchaus angekommen. Ein Vergleich der Anteilspreise von Fonds wie Hausinvest, Uniimmo: Europa oder DWS Grundbesitz Europa zeigt: Offene Immobilienfonds werden dort aktuell mit bis zu 15 Prozent Abschlag gegenüber dem Preis der Fondsgesellschaften gehandelt.
Fondsanteile an Börsen bis zu 15 Prozent günstiger
Können Anleger diesen Spread möglicherweise nutzen und ein risikoloses Arbitrage-Geschäft machen – also Anteil an der Börse kaufen und der KVG zurückgeben – und die 15 Prozent Spread als den sprichwörtlichen Free Lunch einstreichen, den Börsen normalerweise nicht bieten?
Dem steht zunächst einmal die gesetzliche Haltefrist entgegen, die 2013 eingeführt wurde. Seitdem müssen Anleger, die Fondsanteile Offener Immobilienfonds bei einer KVG kaufen, diese mindestens 24 Monate im Portfolio halten. Verkaufswünsche müssen sie zwölf Monate im Voraus anmelden. Die Transaktion wird bei der Fondsgesellschaft eingeloggt und zum Stichtag in einem Jahr ausgeführt – zu dem dann gültigen Preis.
Das ist gut für die Fondsbetreiber, die so mit ihren Mitteln planbarer wirtschaften können. Eine Blackbox ist es jedoch für Anleger: Wer weiß schon, wo in einem oder in zwei Jahren der Kurs steht? Wer jetzt neu einsteigt, kann frühestens im Juli 2025 seine Anteile wieder verkaufen. Wer seine Anteile schon länger hält, kann immerhin im Juli 2024 verkaufen. Anders ist es an der Börse: Dort lassen sich die Fondsanteile börsentäglich handeln – ganz ohne Halte- oder Ankündigungsfristen.