Zwischen strenger Regulierung und steigenden Zinsen Wie erfolgreiche Immobilieninvestments im aktuellen Umfeld möglich sind

Ludger Wibbeke, Geschäftsführer der Service-KVG Hansainvest

Ludger Wibbeke, Geschäftsführer der Service-KVG Hansainvest, erklärt, worauf institutionelle Investoren bei Immobilieninvestments derzeit achten sollten. Foto: Hansainvest

Es sind ehrgeizige Klimaschutzziele, die die Europäische Union (EU) verfolgt. Bis 2030, so sieht es das Fit-für-55-Programm vor, sollen die CO₂-Emissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden, bis 2050 soll Europa treibhausgasneutral werden. Um diesen Plan sowie die Unabhängigkeit vom Import fossiler Brennstoffe zu erreichen, sind die EU und ihre Mitgliedsstaaten dabei, entsprechende Gesetze auf den Weg zu bringen. Da Gebäude für rund 38 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich sind, sind Immobilien ein wichtiger Ansatzpunkt.

Energieeffizienz von Immobilien: gesetzliche Vorgaben werden strenger

Dafür wurden zuletzt zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Beispiele sind die Energy Performance of Buildings Directive (EPBD), das die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden betrifft, das stark diskutierte Heizungstausch-Gesetz hierzulande oder ein jüngst verabschiedeter Beschluss des EU-Parlaments, bei dem es um die Regulierung der nachhaltigen Sanierung von Bestandsimmobilien geht. Auch wenn dieser noch der konkreten Umsetzung in den EU-Staaten bedarf, so ist der Trend doch klar: Die gesetzlichen Vorgaben werden strenger.

Doch angesichts der hohen Zahl an neuen Regularien in sehr kurzer Zeit, droht bei den Anforderungen das Augenmaß verloren zu gehen. Marktbeobachter befürchten, dass zum Beispiel die Fristen bei den Mindesteffizienzstandards (MEPS) zu einer Überforderung der Immobilienbranche führen könnte. Zugleich kann durch das hohe Regulierungstempo Rechtsunsicherheit entstehen, während die Flut an Regularien für institutionelle Immobilienanleger zunehmend zur Herausforderung wird.

Mehr verantwortungsvolle Investments

So gilt die CO₂-Abgabe seit dem 1. Januar dieses Jahres in Deutschland auch für gewerbliche Nutzung. Auch ist ein Emissions-Handelssystem für Gebäude in Vorbereitung, das voraussichtlich 2027 eingeführt wird. Hierzulande will Berlin das Gebäudeenergiegesetz (GEG) verschärfen. Dazu kommt ein Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz (ENEFG), unter anderem mit einer Sanierung der am wenigsten energieeffizienten Gebäude. Ähnliches plant die EU mit der EPBD.

Zugleich stehen institutionelle Anleger zunehmend in der Verantwortung, die Folgen ihrer Entscheidungen auf Umwelt und Gesellschaft zu berücksichtigen. Deshalb suchen sie nach Möglichkeiten, ihre Portfolios um verantwortungsvolle Investitionen zu erweitern. Hier bieten sich energieineffiziente Gebäude an, weil sie langfristig durch eine energetische Sanierung Wertsteigerungspotenzial versprechen. Doch stehen dem die regulatorischen Hürden sowie das aktuelle Umfeld aus gestiegenen Zinsen und unsicheren wirtschaftlichen Aussichten entgegen.

 

Dennoch sollten Investoren nicht zu lange warten. Wie aber gehen sie vor? Zunächst ist es wichtig, klare und machbare Ziele anzustreben. Soweit es um den Umweltaspekt geht, kann es sinnvoll sein, dass Ingenieure und Sachverständige potenziell erreichbare Energie- und Emissionseinsparpotenziale bei Gebäuden aufzeigen. Auch sollten mit geeigneten Maßnahmen, die zugleich im Rahmen des Risikomanagements prüfbar sind, die festgelegten Zielwerte erfüllt werden. Bei sozialen Aspekten sollte bei Pflege- und Sozialimmobilien die fußläufige Entfernung in Bezug auf die Nahversorgung als Obergrenze festgelegt werden.

Vermeidung rechtlicher Grauzonen

Auch ist es sinnvoll, rechtliche Grauzonen im Nachhaltigkeitsbereich zu meiden. So könnten Mieter oder Nutzer, deren Erträge aus fossilen Energiegeschäften oder dem Handel von Tabakwaren und Spirituosen stammen, ausgeschlossen werden. Nicht ratsam ist auch das Abstellen auf die derzeit nicht finalen Regulatory Technical Standards (RTS) bezüglich sozialer Merkmale oder Ziele, da die technischen Anforderungen möglicherweise noch geändert werden.

Und drittens raten wir dort, wo Unklarheiten bestehen und die Definitionen zu straffen. So ist eine Definition der Berechnungsmethode für Nicht-Wohnimmobilien notwendig, soweit es um Pflicht-Principal-Adverse-Impacts der RTS geht, da diese im Rahmen der Energieausweise für solche Gebäude nicht vorgegeben wird. Ferner ist es für Investoren ratsam, so weit wie möglich auf quantitativ abbildbare Referenzwerte für Immobilien zurückzugreifen. Ein Beispiel wäre die eigene Definition bei der Dichte der Ladeinfrastruktur pro Stellplatz.

Unter dem Strich bleibt zu hoffen, dass die EU den Klimaschutz technologieoffen gestaltet. So gilt es zu bedenken, dass ein konsequent durchgeführter Handel mit CO₂-Zertifikaten viel wirksamer wäre als Verbote. Grundsätzlich aber ist die Entwicklung positiv und sie steht im Einklang mit dem Aufwärtstrend, den wir bei nachhaltigen Immobilien feststellen. Fakt ist nämlich, dass Immobilieninvestoren langfristig orientiert sind und somit ein natürliches Interesse an hochwertigen nachhaltigen Gebäuden, die in zehn oder 20 Jahren noch werthaltig sind, haben. Abwarten wäre deshalb falsch. Jetzt planvoll investieren ist die bessere Lösung und dabei den Value-Add-Ansatz verfolgen. Denn günstiger wird es vermutlich nicht.


Über den Autor: 

Ludger Wibbeke ist seit 2019 Geschäftsführer für das Real-Assets-Geschäft der Hansainvest Hanseatische Investment. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft ist Teil der Signal Iduna Gruppe und erbringt als Service-KVG für Real Assets und Financial Assets Dienstleistungen rund um die Administration von liquiden und illiquiden Assetklassen. Vor dieser Zeit hatte Wibbeke leitende Tätigkeiten unter anderem bei , und der Nord LB.

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