Frank Schriever von der Deutschen Bank „Wir verfügen als Marktführer im Wealth Management über nötige Skaleneffekte“

Frank Schriever, Leiter Wealth Management Deutschland bei der Deutschen Bank, im Gespräch mit dem private banking magazin

Frank Schriever, Leiter Wealth Management Deutschland bei der Deutschen Bank, im Gespräch mit dem private banking magazin: „Es gibt am deutschen Markt sicher Platz für mehrere Universalbanken.“ Foto: Piotr Banczerowski

private banking magazin: Die Deutsche Bank verzeichnete im deutschen Wealth Management weiter Nettomittelzuflüsse – während die Kapitalmärkte im vergangenen Jahr abrauschten. Wie passt das zusammen? 

Frank Schriever: Wenn der Kunde von Verlusten überrascht wird, hat ein Wealth Manager etwas falsch gemacht. Nähe, Verständnis und intensive Beratung sind in solchen Situationen entscheidend. Und diese Faktoren hatten und haben wir gut im Griff. Aber: Natürlich ist bei schwierigen Märkten die Zusammenarbeit mit Kunden einfacher, die uns schon länger kennen, als mit Neukunden. Letztere sind erst kurz bei uns und nehmen Rückgänge in ihren Depots etwas stärker wahr.

Wo haben Sie die Nettoneugelder auftreiben können? 

Schriever: Rund ein Viertel des Neukundengeschäfts – sowohl bei den Erträgen als auch bei den Volumina – kommt aus der guten Zusammenarbeit mit unserer Unternehmensbank. Schließlich haben drei Viertel unserer Kunden im Wealth Management einen unternehmerischen Hintergrund. Neue Kunden lernen wir auch bei Unternehmensverkäufen und natürlich über unser eigenes Netzwerk kennen, gewissermaßen die Königsdisziplin des Wealth Management. Am wichtigsten sind aber die Empfehlungen unserer Kunden. Ein zufriedener Kunde ist für uns die beste Voraussetzung für neues Geschäft.

 

Wie trägt das Betreuungsmodell dazu bei?

Schriever: Wir arbeiten vor Ort mit sogenannten Client Service Teams, kurz CST. In den Teams arbeiten immer drei Experten, die den Kunden betreuen: der Kundenberater als Generalist, der Investmentmanager als Kapitalmarktspezialist und eine Assistenz mit koordinierender Funktion. Dieses Trio agiert untereinander sowie nach außen auf Augenhöhe. Das heißt: Sollte jemand kurzfristig dieses Team verlassen, beispielsweise weil er oder sie sich beruflich neu orientiert, hat das keinen Einfluss auf die Kundenbeziehung. Die beiden verbleibenden Ansprechpartner stellen die Betreuung sicher, bis die dritte Position wieder besetzt ist. Auf der anderen Seite hat der Kunde auch nicht zu viele Kontakte, die die Zusammenarbeit komplizierter machen würden. Wir haben in Deutschland mit diesem Betreuungsmodell so gute Erfahrungen gemacht, dass wir es vor einigen Jahren auch global eingeführt haben. 

Aber Ihr Dienstleistungsspektrum besteht ja nicht nur aus Beratung, Kapitalmarkt und Service. Müssen Sie im Zweifel dann nicht doch weitere Ansprechpartner heranziehen?

Schriever: Das ist richtig. Und das ist auch unsere Stärke als global tätige Bank. Je nach individueller Situation des Kunden kann das Client Service Team weltweit auf weitere Spezialisten zurückgreifen, beispielsweise bei der Vergabe von Krediten. Wenn wir vor Ort eine bestimmte Expertise benötigen, muss das nicht innerhalb des Wealth Management enden. Gemeinsam mit anderen Segmenten der Bank setzen wir beispielsweise größere Finanzierungen um. Dieser vernetzte Ansatz ist keine Einbahnstraße, beide Seiten in der Deutschen Bank können davon profitieren.

„Wenn in gewissen Segmenten externe Anbieter besser sind, dokumentieren wir das gegenüber unserem Kunden“

Was wiederum bedeuten könnte, dass Kunden im Zweifel lieber an die eigene Kreditabteilung verwiesen werden, anstatt an die Bank, die die besten Konditionen bietet.

Schriever: Das Kundeninteresse und der individuelle Bedarf stehen immer im Mittelpunkt. Natürlich schauen wir uns zuerst unsere eigenen Dienstleistungen an, weil wir von deren Qualität überzeugt sind. Wenn in gewissen Segmenten externe Anbieter besser sind, dokumentieren wir das gegenüber unserem Kunden – und zwar möglichst schnell. Im Gespräch entscheiden wir dann gemeinsam, welche Lösung für sie oder ihn am besten ist.

Frank Schriever im Gespräch.
© Piotr Banczerowski

Auch auf Seiten der Vermögensverwaltung? Schließlich haben Sie mit der DWS einen eigenen Asset Manager.

Schriever: Wir haben natürlich eine offene Architektur. Fondsprodukte der DWS durchlaufen den gleichen Prüfprozess wie Produkte anderer Anbieter. Wenn es um Kapitalmarktleistungen im Wealth Management geht, fragen wir immer mehrere Banken an und erstellen Vergleichslisten. Auch hier kommt uns die weltweite Präsenz zugute. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Mandanten mit großen Vermögen, die gezielt bestimmte Lösungen unserer Bank in Anspruch nehmen wollen. Dabei hilft uns der gute Ruf der Deutschen Bank als globale Hausbank. Das unterscheidet uns auch von vielen Wettbewerbern in Deutschland. 

Es gibt am Markt aber durchaus noch mehr deutsche Universalbanken, die im Wealth Management tätig sind. Wie gelingt die Differenzierung?

Schriever: Es gibt am deutschen Markt sicher Platz für mehrere Universalbanken. Wenn es um Internationalität, maßgeschneiderte Dienstleistungen und Nähe vor Ort geht, sehen wir uns doch im Vorteil. Wir sind hier im Heimatmarkt in den letzten Jahren stetig gewachsen. Unser Wealth Management ist zugleich konsequent global aufgestellt und profitiert von einer ebenso weltweit tätigen Gesamtbank mit starkem Investmentbanking. Das macht uns als deutsche Bank einzigartig.

 

Also ist die Konkurrenz eher außereuropäisch? Nordamerikanische Großbanken sind ja auch im deutschen Wealth Management aktiv.

Schriever: Das zeigt natürlich, wie attraktiv unser Markt ist. Soweit mir bekannt, ist jede der großen Banken hier tätig oder kommt wieder in den Markt zurück. Hinzu kommen die vielen Boutiquen und Spezialanbieter. Das bedeutet: Deutschland ist auch im Wealth Management sehr fragmentiert. Allerdings sind wir seit 50 Jahren Marktführer und wollen bei der Betreuung vermögender Persönlichkeiten und Familien weiter zulegen.

Sie sprechen Boutiquen an. Unabhängige Beratung von Vermögensverwaltern und Family Offices gewinnt nicht erst seit gestern an Bedeutung. Sehen Sie sie als Konkurrenz zu Universalbanken?

Schriever: Nein, ich sehe diese Anbieter eher als Partner. Wir arbeiten gern mit Single Family Offices zusammen, die auch untereinander im Tagesgeschäft kooperieren. Natürlich ist bekannt, dass diese Family Offices auch mit anderen Banken sprechen. Sie suchen sich oftmals bei unterschiedlichen Anbietern die besten Lösungen heraus.  

Wie sieht die Zusammenarbeit mit Multi Family Offices aus?

Schriever: Dieses Geschäft wollen wir wieder stärker beleben. Oftmals pitchen wir für die Vermögensverwaltung. Darüber hinaus bieten Multi Family Offices aber auch das Kreditgeschäft oder weitere Dienstleistungen an. Auch hierfür haben wir sehr leistungsfähige Angebote. Auf der anderen Seite verfügen wir mit der Deutsche Oppenheim Family Office über eines der größten Multi Family Offices in Deutschland, das wir auch tatkräftig unterstützen. 

„Es ist in unser aller Interesse, wenn das Geschäft des Deutsche Oppenheim Family Office weiter wächst“

Ein Luxus, den sich nicht mehr viele Banken leisten. Wie wichtig ist das Deutsche Oppenheim Family Office noch für die Deutsche Bank?

Schriever: Es ist die höchste Form von Anerkennung und Vertrauen, wenn wir – über eine gute eigene Beratung hinaus – beauftragt werden, auch die Mandate anderer Banken zu prüfen und zu managen. Deshalb ist es in unser aller Interesse, wenn das Geschäft des Deutsche Oppenheim Family Office weiter wächst. Es arbeitet im Tagesgeschäft eng mit unserem Wealth Management zusammen. In diese Zusammenarbeit habe ich auch persönlich viel Energie gesteckt. 

Wann werden Kunden aus dem Wealth Management ins Family Office überführt?

Schriever: Nehmen wir einmal an, ein Kunde verkauft sein Unternehmen für einen hohen Millionenbetrag. Wenn er oder sie diesen Erlös lieber auf mehrere Finanzdienstleister verteilen möchte – vielleicht auch in Verbindung mit einem Generationenübertag –, verweisen wir ihn aktiv auf unser Multi Family Office.

Thorben Lippert (l.) vom private banking
magazin im Gespräch mit Frank Schriever (r.)
von der Deutschen Bank. © Piotr Banczerowski

Wo liegen die Unterschiede in der Beratung?

Schriever: Im Wealth Management und im Multi Family Office steht meist der direkte Austausch mit dem Vermögensinhaber im Vordergrund. Bei sehr Hochvermögenden läuft dieser Kontakt allerdings oft über den eigenen Family Officer und damit über eine Art Gatekeeper. Manche Beraterinnen und Berater der Kunden präferieren eher das erste Modell, andere eher das Multi Family Office. Für uns ist wichtig: Wir wollen und können im Haus alle Präferenzen des Kunden bedienen.

Das Geschäft mit Hochvermögenden verspricht laut Studien die höchsten Wachstumsraten und bessere Margen. Forcieren Sie dieses Kundensegment bewusst?

Schriever: Die Deutsche Bank ist in diesem Kundensegment überdurchschnittlich schnell gewachsen. Wir haben zudem viel investiert. Auch deshalb sind wir im UHNW-Geschäft Marktführer im Heimatmarkt. Laut externer Studien haben wir hier einen Marktanteil von mittlerweile rund 20 Prozent erreicht. Ich lege aber Wert auf die Feststellung, dass für uns alle Kundengruppen im Wealth Management wichtig sind. Jede für sich muss richtig und kompetent angesprochen werden. Dann ist dieses Geschäft profitabel – für die Kunden und für uns.

 

Wie gelingt das? Müssen sich Kundesegmente mit einem geringeren Vermögen auf mehr Standardisierung einstellen, getrieben durch Digitalisierung?

Schriever: Der deutsche Markt ist extrem fragmentiert. Als Marktführer im Wealth Management und globale Hausbank verfügen wir über die nötigen Skaleneffekte. Wir müssen und wollen uns nicht auf bestimmte Segmente konzentrieren. Viele Anbieter können im Einstiegssegment nach Mifid aber nur schwer ab gewissen Vermögensvolumina kostendeckend beraten. Digitalisierung kann diese Prozesse vereinfachen. Außerdem verlangen auch immer mehr vermögende Kunden bequeme und jederzeit verfügbare Online-Services. Aus der Einzelberatung im Private Wealth Management wird zudem häufiger eine Bausteinberatung. Aber: Mandatierte Vermögensverwaltungsdepots entwickeln sich im Durchschnitt besser als Depots von Selbstentscheidern. Das müssen Wealth Manager ihren Kunden deutlich machen.

Braucht es dafür noch stationäre Standorte? 

Schriever: Einige Boutiquen können vielleicht das Geschäft aus der Ferne umsetzen. Dazu wollen wir nicht gehören. Die Mehrzahl unserer Kunden möchte ausdrücklich einen Ansprechpartner vor Ort haben, gleichzeitig aber auf die internationale Kompetenz der Deutschen Bank zurückgreifen. Unsere größten Marktgebiete sind die Metropolregionen Frankfurt, München, Hamburg und Düsseldorf, auch Stuttgart gehört dazu. Vergleichen Sie das einmal mit anderen europäischen Ländern. In Frankreich gibt es fast nur Paris, in Großbritannien London, in Italien Mailand. Das zeigt, wie breit dieser deutsche Markt geografisch ist. Deshalb braucht es im Wealth Management von Deutschlands größter Bank auch eine regionale Präsenz für Gespräche vor Ort.

„Wir überprüfen regelmäßig, wo wir Kosten optimieren und effizienter werden können“

Wann hat ein Standort bloß einen Selbstzweck und wann muss er profitabel sein?

Schriever: Wir haben im deutschen Wealth Management 16 Marktgebiete und aktuell 37 Standorte. Damit sind wir sehr nah bei unseren Kundinnen und Kunden. Es gibt keine Pläne, an dieser Aufstellung etwas zu ändern. Alle Marktgebiete in Deutschland sind profitabel, vor Ort findet das eigentliche Geschäft statt. Trotzdem überprüfen wir regelmäßig, wo wir Kosten optimieren und effizienter werden können. Unsere Kosten können wir beeinflussen, bei den Einnahmen geht das nur bedingt. 

Die Marktgebiete werden inzwischen nur noch in zwei statt in drei oder früher sogar sieben Regionen aufgeteilt. Warum?

Schriever: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Führung, Verantwortung und die Zusammenarbeit der Teams organisatorisch in größeren Regionen besser funktionieren. Das ändert nichts an unserer Nähe zu den Kunden. Sowohl meine beiden Regionsleiterinnen Stefanie Rühl-Hoffmann und Anke Sahlén als auch ich treffen jede Woche Kunden. Das ist uns sehr wichtig. 

 

Sie sind im deutschen Wealth Management Marktführer. Woher speist sich künftiges Wachstum?

Schriever: Als Marktführer kann die Deutsche Bank vor allem organisch wachsen. Das heißt: Wir sind immer auf der Suche nach guten Beraterinnen und Berater für unser Wealth Management. Zum einen aus der eigenen Organisation, dem eigenen Nachwuchs heraus, zudem selektiv von außen. Auch das tut unserem Geschäft gut. 

Das klingt so, als sei das Wachstum nur eine Frage des Personalaufwands.

Schriever: Unser Wealth Management verfügt über einen gesunden Ertragsmix. Er setzt sich – als Herz und Seele – aus der Vermögensverwaltung zusammen sowie dem Kredit- und Kapitalmarktgeschäft. Wir entwickeln uns bei unseren Dienstleistungen ständig weiter und beobachten natürlich auch das Marktumfeld. Im Mittelpunkt steht aber ganz klar das organische Wachstum in Deutschland.

Erwarten Sie eine Konsolidierung der Branche?

Schriever: Die Regulierung führt dazu, dass die Mindestgrößen in der Vermögensverwaltung schrittweise nach oben verschoben werden. Unabhängige Vermögensverwalter schlüpfen deshalb schon zunehmend unter Haftungsdächer. Dazu kommt die Nachfolgeproblematik bei kleineren Vermögensverwaltern. Eine punktuelle Konsolidierung im deutschen Wealth Management sehe ich jedoch nicht. Aber die Experten sind sich einig: Im europäischen Bankenmarkt insgesamt ist eine Konsolidierung eher zu erwarten.


Frank Schriever, Leiter Wealth Management Deutschland bei der Deutschen Bank.
© Piotr Banczerowski

Über den Interviewten:
Frank Schriever verantwortet seit November 2019 das Wealth Management der Deutschen Bank in Deutschland und ist auch für die Deutsche Oppenheim Family Office zuständig. Zuvor war er Regionalleiter im Wealth Management für die Regionen Nord und Nordwest. Der 53-Jährige arbeitet seit 1988 im Konzern.

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