Als ich im Jahr 2015 eine Mehrjahresplanung erstellte, wurde überdeutlich, dass sich die ordentlichen Erträge der Zeit-Stiftung dramatisch nach unten entwickeln würden, wenn wir unsere Vermögensallokation nicht verändern würden: Zinsen von weniger als einem Prozent drohten. Wir haben unser Geld deshalb von nun an etwa zur Hälfte in Aktien angelegt – und sind damit bewusst vermehrt Risiken eingegangen. Außerdem investieren wir seitdem verstärkt in Immobilien, was rund 15 Prozent unseres Vermögens ausmacht. Wir achten bei den Gebäuden auf Nachhaltigkeit, etwa bei der Energieversorgung. Uns gehören unter anderem Studierenden und Ausbildungswohnheime. Und wenn wir direkt in Gebäude investieren, dann...
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Als ich im Jahr 2015 eine Mehrjahresplanung erstellte, wurde überdeutlich, dass sich die ordentlichen Erträge der Zeit-Stiftung dramatisch nach unten entwickeln würden, wenn wir unsere Vermögensallokation nicht verändern würden: Zinsen von weniger als einem Prozent drohten. Wir haben unser Geld deshalb von nun an etwa zur Hälfte in Aktien angelegt – und sind damit bewusst vermehrt Risiken eingegangen. Außerdem investieren wir seitdem verstärkt in Immobilien, was rund 15 Prozent unseres Vermögens ausmacht. Wir achten bei den Gebäuden auf Nachhaltigkeit, etwa bei der Energieversorgung. Uns gehören unter anderem Studierenden und Ausbildungswohnheime. Und wenn wir direkt in Gebäude investieren, dann machen wir das in Hamburg, weil wir hier verwurzelt sind und den Markt gut kennen.
2017 Gewinne in den USA und Asien, moralische Zwickmühlen
Als Donald Trump Anfang 2017 in den USA zum Präsidenten ernannt wurde, hat sich das sehr zwiespältig auf die Weltwirtschaft ausgewirkt. Was von den Finanzmärkten nicht so goutiert wurde, waren seine Handelsbeschränkungen. Gleichzeitig erreichten mit ihm aber viele Indizes in den USA Höchststände. Damit muss man sich als Anleger natürlich auseinandersetzen. Trumps Wahl hat bei uns letztlich dazu geführt, dass wir endgültig umgedacht und uns finanziell internationaler aufgestellt haben. Der asiatische Markt verfügt über ein riesiges Wachstumspotenzial – man muss direkt dabei sein.
Damit haben wir uns zweifellos in eine moralische Zwickmühle begeben: Was China angeht, profitieren wir von einem System, das uns aus einer demokratischen Perspektive heraus nicht immer gefällt. Wir haben in unserem Finanzausschuss viel über dieses Dilemma diskutiert, aber noch keinen Königsweg gefunden. Die Debatte muss weitergehen. Das heißt aber selbstverständlich nicht, dass wir bei unseren Anlagen keine Werte verfolgt hätten. Bestimmte Aktien würden wir nie erwerben. Das gilt zum Beispiel für eine Firma wie Rheinmetall, die überwiegend Rüstungsgüter herstellt. Das lässt sich mit unserer Haltung als Stiftung nicht vereinbaren.
2021 Zurück in den Krisenmodus
Die Zeit vor meinem Abschied in den Ruhestand hat mich völlig unerwartet noch mal in eine große Unruhe gestürzt. Der Kurseinbruch im März 2020 erfolgte ja noch schneller als der von 2008. Auf einmal war ich wieder im Krisenmodus: Ist die Zeit-Stiftung richtig aufgestellt? Aber die schnelle Erholung und alle Rahmenbedingungen, die ich bisher erkennen kann, zeigen mir, dass wir es sind. Dass die Wirtschaft kurz- oder mittelfristig noch mal stark einbricht, glaube ich nicht. Langfristig sind die gewaltigen Geldmengen, die in der Krise investiert wurden, ein Thema. Es könnte ein Problem werden, dass die Schuldenspirale immer weitergedreht wurde. Müssen wir irgendwann nicht doch eine höhere Inflation in Kauf nehmen? Das wird man sehen.
In dieser Situation fällt mir der Abschied trotzdem nicht schwerer als sonst. Wenn ich ganz ehrlich bin, hat mich die Verantwortung für die finanzielle Sicherheit der Stiftung auch zuweilen belastet. Dieser Druck fällt nun weg. Und das ist eine kleine Befreiung. Selbstverständlich macht man nie alles richtig, aber wenn ich auf die vergangenen 20 Jahre zurückblicke, bin ich zufrieden. Die wirtschaftliche Situation der Zeit-Stiftung ist selbst jetzt in der Coronakrise gut. Keine unserer Mitarbeiterinnen und kein Mitarbeiter muss um den Arbeitsplatz fürchten. Die wichtigste Entscheidung in meiner Zeit als Finanzvorstand war sicher, verstärkt in Sachanlagen zu investieren, insbesondere in Aktien. Wenn ich mir andere Stiftungen angucke, waren wir hier Vorreiter. Trotzdem besitzen wir immer noch einige festverzinsliche Wertpapiere, die nur knapp über Null rentieren. Sie haben sich früher mal gut entwickelt, für die Zukunft aber ist nichts mehr zu erwarten. Da muss mein Nachfolger Achim Lange sicherlich dran arbeiten. Dafür wünsche ich ihm nur das Beste und allgemein ein gutes Händchen!
Zur Person: Michael Berndt kam von der Albingia-Versicherungsgruppe im Jahr 2000 zur Zeit-Stiftung. Dort leitete er den Bereich Finanzen. Im März 2021 ging er in den Ruhestand. Sein Amt übernahm Achim Lange. Das derzeitige Vermögen der in Hamburg ansässigen Stiftung, die 1971 von Ebelin und Gerd Bucerius gegründet wurde, beläuft sich auf knapp eine Milliarden Euro.
Der Text von Herrn Berndt ist zuerst im 50 Jahre Magazin der Zeit-Stiftung erschienen.