Interview mit Kenneth Rogoff „Geht Chinas Wirtschaftsleistung zurück, werden die Preise noch stärker steigen“

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Volkswirte in den USA und der Internationale Währungsfonds haben eine Philosophie des maximalen Stimulus verfolgt. Getreu dem Motto: Je größer die Haushaltsdefizite und je niedriger die Zinsen, desto besser. Jetzt sollten wir den Weckruf hören: Auch in der gesamtwirtschaftlichen Steuerung müssen Volkswirtschaften einen Plan für mehr Resilienz haben.

leitwolf: Bevor Russland seinen brutalen Krieg gegen die Ukraine eröffnet hat, stand der Klimawandel auf der globalen Agenda ganz weit oben. In der Diskussion hat die EU die Idee aufgebracht, eine CO2-Abgabe auf Einfuhren zu erheben. Wäre das prinzipiell ein richtiger Schritt?

Rogoff: Anfangs war ich skeptisch, ob so eine Abgabe überhaupt praktikabel ist. Aber inzwischen glaube ich, dass sie von allen Optionen die beste ist. Natürlich werden ­andere Länder wie etwa China diese Maß­nahme als Handelskrieg betrachten, doch könnten CO2-Zölle funktionieren, wenn sie in sich stimmig und gut durchdacht sind. Ansonsten wüsste ich nicht, was wir noch tun könnten.

leitwolf: Denken Sie, dass ein System nach dem Verursacherprinzip ausreicht?

Rogoff: Auch wenn der Klimawandel ein ­globales Problem ist und Asien maßgeblich für den aktuellen CO2-Anstieg verantwortlich ist, müssen wir uns eingestehen, dass die Vereinigten Staaten und Europa das eigentliche Problem verursacht haben.

 

 

 

Im Vergleich zu anderen Ländern haben die Vereinigten Staaten über die Jahre betrachtet einen viel größeren CO2-Fußabdruck hinterlassen. Über zwei Jahrhunderte war es den USA – und nicht den Ländern in Asien – möglich, fossile Brennstoffe großzügig und sorglos zu nutzen. Folglich sind wir jetzt an der Reihe zu helfen.

leitwolf: Wie könnte diese Hilfe Teil eines weltweiten Green New Deals werden?

Rogoff: Wir brauchen eine neue Institution, eine globale CO2-Bank, die für beides verantwortlich ist – für Finanzhilfen, aber auch für technischen Wissenstransfer. Wir brauchen eine Strategie, mit der Länder über eigene Grenzen hinausschauen und nicht nur auf sich fokussiert sind. Die Vereinigten Staaten und Europa müssen hier als Beispiel vorangehen. Die Peitsche, also CO2-Zölle, funktioniert nur in Kombination mit einem großzügigen Zuckerbrot. Und das ist nichts anderes als unsere Akzeptanz für die Energieprobleme in Asien, wo jede Woche ein neues Kohlekraftwerk gebaut wird.

Über den Interviewten:

Kenneth Rogoff ist seit 1999 Professor an der Harvard University. Von 2001 bis 2003 war er zudem Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF). Er ist außerdem als Schachspieler bekannt, trägt den Titel eines Großmeisters.

Dieses Interview wurde uns freundlicherweise von Lupus alpha zur Verfügung gestellt und stammt aus dem aktuellen leitwolf-Magazin Link zum Magazin: (leitwolf-magazin.de)

Sehen Sie hier auch das Video zum Interview:  (https://youtu.be/BsI0qNH2csE) .

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