Reinhard Panse vom Finvia Family Office Wer hat Angst vorm Inflationsgespenst? Niemand!

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Noch attraktiver ist der Gesundheitssektor, dessen größte Firmen Johnson & Johnson (USA, Pharma- und Medizintechnikhersteller, eines der wenigen US-Unternehmen mit AAA-Kreditrating), United Health (USA, Krankenversicherung) und Roche (Schweiz, Pharmahersteller) sind. Dort sind die Kurs- und insbesondere die Ertragsstabilität ebenfalls gut (siehe untenstehende Grafiken).


Besonders überzeugend ist in diesem Sektor die hohe Prognosekraft des Kurs-/Cashflow-Verhältnisses (92 Prozent der Zehn-Jahres-Erträge konnten seit 1995 mit dieser Kennzahl erklärt werden, siehe obenstehende Grafik) und die nur durchschnittliche Bewertung in einer Zeit extrem niedriger Zinsen. Wenn also anders als am weltweiten Aktienmarkt (siehe Streudiagramm Kurs/ Cashflow-Verhältnis und Zehn-Jahres-Performance oben) oder bei Basis-Konsumgüter-Aktien (siehe oben) die tiefen Zinsen nicht zu einer sehr hohen Bewertung geführt haben, so werden steigende Zinsen bei Gesundheitsaktien auch keine sinkenden Bewertungen auslösen.

Eher ist damit zu rechnen, dass dauerhaft niedrige Zinsen Gesundheitsaktien weiter nach oben treiben werden. Außerdem zeichnet sich der Gesundheitssektor durch ein schon historisch überdurchschnittliches Ertragswachstum aus, das aufgrund der künftigen weltweiten demografischen Entwicklungen auch zukünftig überdurchschnittlich sein wird. Aus diesen Gründen sind in den Portfolios von Finvia Aktien insgesamt nicht übergewichtet, aber innerhalb des Aktienanteils ist der Gesundheitssektor deutlich übergewichtet.

Unter den Regionen ist Europa aktuell ein Beispiel für eine nicht besonders hohe Bewertung (siehe Grafik unten links) mit einer daraus folgenden recht guten Ertragserwartung von 5,5 Prozent (siehe die grünen Pfeile, die das Kurs/Cashflow-Verhältnis zeigen, nachdem die Corona-bedingten Gewinneinbrüche wahrscheinlich gegen Jahresende 2021 vollständig aufgeholt sind). Auch die Prognosequalität ist mit 77 Prozent ziemlich hoch.


Schließlich haben europäische Aktien nur wenig vom extrem tiefen Zinsniveau profitiert (siehe untenstehende Grafiken). Als die Cashflow-Rendite (aktuell 8,6 Prozent) erstmals vor knapp 25 Jahren unter 10 Prozent fiel, lag das Zinsniveau noch bei 4 bis 6 Prozent, aktuell bei 0 Prozent. Ein moderater Zinsanstieg wird sich also zunächst kaum negativ auf europäische Aktien auswirken können.


Fazit

Zusammenfassend sollte man für die nächsten zehn Jahre durchschnittlich mindestens 3 Prozent Inflation pro Jahr im Euro-Raum und in den USA erwarten, wobei die Werte in den nächsten fünf Jahren etwas niedriger, danach aber höher liegen dürften. Hauptgrund für diese Annahme ist die weltweit in den Industrieländern langfristig gut prognostizierbare demografische Entwicklung. Die hohen Staatsschulden werden dafür sorgen, dass die Zinsen darauf aber kaum reagieren können.

Damit bleibt das Umfeld insbesondere für diejenigen Teile des Aktienmarktes, die bisher nur wenig von dem Zinsrückgang der letzten Jahre profitiert haben und die wenig anfällig gegen allgemeine Preissteigerungen sind, langfristig positiv. Dazu zählen Basis-Konsumgüteraktien, Gesundheitsaktien und als Region europäische Aktien.

 


Über den Autor:

Reinhard Panse ist Investmentchef (CIO) und Mitgründer des Family Office Finvia. Bis Februar 2020 war er Geschäftsführer und CIO der HQ Trust, dem Multi Family Office der Familie Harald Quandt. Seine Themenschwerpunkte sind Anlagestrategie, Strategische und Taktische Asset Allokation sowie Manager-Selektion.

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