Interviews zu Gehältern, Jobprofilen, Teamwechseln Headhunter analysieren den Personalmarkt im Private Wealth Management
Die Zusammenfassung und die Gehaltstabellen zu Fixgehältern und Boni finden Sie hier.
private banking magazin: Wie steht es aus Ihrer Sicht derzeit um die Private-Wealth-Branche in Deutschland?
Wolfgang Morgenstern: Ein durch Kursverluste geprägtes Börsenjahr, eine inverse Zinsstruktur, Rezessionsängste, teilweise defizitäre Immobilienrenditen, Bauzinsen, die sich mehr als verdreifacht haben, Krieg in Europa sowie eine zunehmende Belastung durch bürokratische Hürden und Pflichten sind einige der Belastungsfaktoren, denen sich Wealth Manager aktuell zu stellen haben.
Welche akuten und welche langfristigen Auswirkungen hat die aktuelle Krise derzeit auf den Personalmarkt?
Morgenstern: Das Wechselverhalten in der Private-Wealth-Branche findet etwas selektiver und eher zurückhaltender statt. Die Möglichkeit, nennenswert Assets zu transferieren, ist deutlich gesunken. Die Betreuungsintensität hinsichtlich der externen Einflüsse (Märkte, Krieg, Bürokratie...) ist gestiegen. Die Rochade von Führungskräften lässt Wechsel von Teams als Folgeerscheinung erkennen. Der Abbau von Underperformern setzt sich fort. Die hohen Leistungserwartungen einzelner Privatbanken führt zu teilweise unbesetzten Stellen.
Welche Folgen der Corona-Krise sind am Personalmarkt und im Vermittlungsgeschäft noch spürbar?
Morgenstern: Die Corona-Krise ist weitestgehend überstanden. Die optimierten technischen Voraussetzungen haben hier eher zu Verbesserungen geführt. Viele aufwändige Präsenztermine werden digital abgewickelt und führten zu Entlastungen im HR der Privatbanken.
Welche Anreize müssen Arbeitgeber den Kandidaten in der Branche bieten, um sie von einem Wechsel zu überzeugen?
Morgenstern: Qualität, Ruhe und Sicherheit sind wichtige Anforderungen, um Wealth Manager zu einem Wechsel zu motivieren. Hire-&-Fire-Mentalitäten einzelner Privatbanken bleiben im Hinterkopf der Berater und haben verbrannte Erde hinterlassen.
Welche Wechseltendenzen lassen sich derzeit bei den Arbeitnehmern in der Branche feststellen?
Morgenstern: Nachdem wir verstärkt Wechsel von Beratern zu Family Offices oder zu Haftungsdächern gesehen haben, ist aktuell keine eindeutige Tendenz zu erkennen. Großbanken haben hoch bezahlte Wealt Manager gegen gut ausgebildete Junioren ausgetauscht, die ihre Kundenbindung noch ausbauen und festigen. Die Krise bietet hier Profilierungs-Chancen.
Wird die Zahl der Jobwechsel in der Branche zunehmen? Warum?
Morgenstern: Der demografische Wandel zeigt langsam seine Auswirkungen. In den nächsten 10 Jahren werden rund 25 Prozent aller Private Wealth Manager in den Ruhestand treten und müssen ersetzt werden. Die Chance, bei einem Wechsel wieder Kundenbücher übernehmen zu können, steigt. Weiterhin hat beispielsweise der Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken mit seinen 135.000 Beschäftigten in der Bankengruppe und einem Anteil von rund 13 Prozent am Bankenmarkt in Deutschland das Private Banking zu einem Kerngeschäftsfeld aufgewertet. Die Prozesse der VR-Banken mit der DZ-Privatbank wurden unter Peter Schirmbeck als Vorstandvorsitzenden geschärft. Auch 2022 wurden Marktanteile deutlich ausgebaut. Die Fachkompetenz der Primärgenossenschaften wird erhöht und häufig auch durch Berater von Privatbanken ersetzt. Mit einem direkten Zugang zu vermögenden Privatkunden und Unternehmern stellt sich die Erfüllung von Akquisezielen bei Mitarbeitern der Genossenschaftsbanken und Sparkassen leichter dar als bei klassischen Privatbanken.
Jobprofil: Welche Fähigkeiten sollten Bewerber mitbringen und wie haben sich die Anforderungen im Vergleich zu den Vorjahren verändert?
Morgenstern: Eine gute wirtschaftswissenschaftliche Grundausbildung sollte um Themenfelder aus der CFP-Weiterbildung oder dem Estate Planning ergänzt werden. Auch verstärkt die Demografie den Beratungsdruck bei Firmenverkäufen und -übergaben. Berater müssen hier als „Ersthelfer“ Beratungskompetenz zeigen und Signale erkennen.
In welchen Abteilungen und Bereichen wird verstärkt eingestellt?
Morgenstern: Berater mit Kompetenzen im Bereich Alternative Investments, Krypto, Private Equity und Estate Planning werden ausgebildet respektive verstärkt eingestellt. Weiterhin nötigt der Bürokratieaufbau zu Einstellungen im Bereich Compliance, KYC und Geldwäscheprävention.
Wie haben sich die Gehälter im Private Wealth Management in den vergangenen zwei Jahren entwickelt?
Morgenstern: Für Senior-Berater mit Akquise-Auftrag ist das Gehaltsniveau gleich geblieben oder es wurden teilweise hohe Provisionen ausgelobt und bezahlt (als Einmaleffekte), wenn es darum ging, Kunden von Private Bankern zu halten, die das Haus verlassen haben. Einige Groß- und Privatbanken haben ihre Teams verjüngt, um teurere Senioren mit großen Büchern zu unterstützen und die Kunden an jüngere Private Banker zu übertragen. Im Regionalbankenbereich steigt das Gehaltsniveau im Private Banking mit dem qualitativen Wachstum und steigenden Anspruch an die Vermögensmanager.