Interviews zu Gehältern, Jobprofilen, Teamwechseln Headhunter analysieren den Personalmarkt im Private Wealth Management
Die Zusammenfassung und die Gehaltstabellen zu Fixgehältern und Boni finden Sie hier.
private banking magazin: Wie steht es aus Ihrer Sicht derzeit um die Private-Wealth-Branche in Deutschland?
Beate Stelzer: Trotz einiger Herausforderungen wie der Energiekrise, hohen Inflationsraten, steigende Zinsen und geopolitischer Gefahren wird es einen weiteren Anstieg der Vermögen weltweit geben. Banken und Vermögensverwalter buhlen daher zunehmend um das ertragreiche Geschäft der sehr vermögenden Kunden. Das Private Wealth Management ist weiter im Aufwind. Am Markt tummeln sich unterschiedliche Anbieter wie Banken, Vermögensverwaltungen und Family Offices. Es gibt sehr viel Bewegung bei bestehenden Playern, Neueintritte auch ausländischer Banken, die Chancen sehen, durch Markteintritt in Deutschland zu wachsen – dies erhöht den Wettbewerb. Einige Marktteilnehmer haben sich aufgrund neuer Eigentümerverhältnisse stark verändert und sind in einer Transformation, die auch die Kunden trifft.
Für einige Häuser entwickelte sich das PWM zum Kerngeschäft. Modelle eines Komplettanbieters oder die reine Vermögensverwaltung meist liquider Assets bestimmen den Markt. Aus Skalierbarkeit, Kostengründen, wiederkehrenden Erträgen und hohen Margen versuchen Unternehmen immer mehr auf Vermögensverwaltung zu setzen. In der Vergangenheit fokussierten sich etliche Anbieter auf die sehr vermögenden UHNWI, zwischenzeitlich zählen die HNWI ebenso zu der gefragten Klientel. Persönliche, individuelle und ganzheitliche Beratung wird für Kunden immer wichtiger.
Welche akuten und welche langfristigen Auswirkungen hat die aktuelle Krise derzeit auf den Personalmarkt?
Stelzer: Der Personalmarkt in diesem Umfeld ist nach wie vor stark umkämpft. Aktuell sehen wir noch wenig Auswirkungen der Krise. Erste Anbieter agieren vorsichtig und streichen erste Stellen im Wealth Management. Das scheint aber eher die Ausnahme zu sein.
Welche Folgen der Corona-Krise sind am Personalmarkt und im Vermittlungsgeschäft noch spürbar?
Stelzer: Wir nehmen viel Bewegung und einen sehr kompetitiven Markt wahr. Kandidaten mit Wechselmotivation können oft zwischen mehreren Arbeitgebern wählen. Unterschiedlichste Arbeitgeber suchen „die gleichen“ oder ähnliche Profile. Die Wechselmotivation ist hoch – die Bindung an den Arbeitgeber hat während Corona durch die räumliche Distanz gelitten. Das Thema Retention steht für Arbeitgeber im Fokus. Die Mitarbeiterbindung steigt durch flexible, hybride Arbeitsmodelle wieder – ein Zurück in die alte Welt ist keine Option.
Welche Anreize müssen Arbeitgeber den Kandidaten in der Branche bieten, um sie von einem Wechsel zu überzeugen?
Stelzer: Zunächst sind sicherlich monetäre Aspekte, die persönliche Entwicklung und das Geschäftsmodell des potenziellen neuen Arbeitgebers entscheidend. Ein Kandidat, der aus einem ganzheitlichen Beratungsansatz mit breiter Produktplatte kommt, wird nicht zu einer reinen Vermögensverwaltung wechseln. Wesentliche Aspekte sind der Glaube an den langfristigen Case. Als Rahmenbedingungen stehen moderne, schlanke Prozesse, hybride Arbeitsmodelle und eine marktgerechte oder sogar überdurchschnittliche Vergütung im Vordergrund. Teilweise sehen wir in den Verträgen die Streichung von Probezeit und garantierte Boni. Aus unserer Sicht ist das A und O allerdings die Passung der Unternehmenskultur. Wenn es hier hakt, wird sich der Kandidat bei ansonsten besten Rahmenbedingungen nicht zu einem Wechsel bewegen lassen.
Welche Wechseltendenzen lassen sich derzeit bei den Arbeitnehmern in der Branche feststellen?
Stelzer: Wir erleben keine relevante Abkehr von etablierten Banken mit einer nachhaltigen
Geschäftsstrategie hin zu anderen Anbietern.
Wird die Zahl der Jobwechsel in der Branche zunehmen? Warum?
Stelzer: Ja, weil durch den gestiegenen Wettbewerb Wechsel „entlohnt“ und Karrieresprünge ermöglicht werden. Digitale Technologien sollten aber auch bei den etablierten Häusern weiter Einzug halten, um für Kunden und als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.
Jobprofil: Welche Fähigkeiten sollten Bewerber mitbringen und wie haben sich die Anforderungen im Vergleich zu den Vorjahren verändert?
Stelzer: Empathie, ganzheitliches Denken und fachliche Kompetenz sind grundlegende Aspekte – daran hat sich nichts geändert. Aufgrund des häufig bestehenden unternehmerischen Hintergrunds der Kunden wünschen sie sich einen Beraterin oder einen Berater, mit dem sie sich über finanzielle, geschäftliche und persönliche Ziele auf Augenhöhe austauschen können.
In welchen Abteilungen und Bereichen wird verstärkt eingestellt?
Stelzer: Aus unserer Sicht wird sehr stark auf Beraterseite eingestellt. Für die nachgelagerten Backoffice-Tätigkeiten versucht man Synergien zu nutzen. Dies bedingt schlanke Strukturen.
Wie haben sich die Gehälter im Private Wealth Management in den vergangenen zwei Jahren entwickelt?
Stelzer: Aufgrund des Aufwinds im Private Wealth Management und des umkämpften Personalmarktes haben die Gehälter, gerade im Umfeld der Privatbanken, die im Vergleich zu den Großbanken besser zahlen, nochmals angezogen, nach dem Gesetz „Nachfrage bestimmt den Preis“. In einigen Häusern wurden insbesondere zur Verhinderung des Abwerbens zusätzlich Gehaltsaufschläge bzw. Retentionboni gezahlt und Titel vergeben.