Interviews zu Gehältern, Jobprofilen, Teamwechseln Headhunter analysieren den Personalmarkt im Private Wealth Management
Die Zusammenfassung und die Gehaltstabellen zu Fixgehältern und Boni finden Sie hier.
private banking magazin: Wie steht es aus Ihrer Sicht derzeit um die Private-Wealth-Branche in Deutschland?
Drazen Odak: Private Wealth Management hat den Fokus auf Lösungen für vermögende Kunden, mit komplexen, zeitgemäßen Anforderungen an die Finanzdienstleitung. Sowohl im Hinblick auf die stetig zunehmende Komplexität als auch im Rahmen der generationenübergreifenden Entwicklung und Vergrößerung der Kundenbasis, ist ein positiver Trend, unter der Voraussetzung eines rentablen, innovativen und kundenorientierten Geschäftsmodells, auch zukünftig anzunehmen.
Welche akuten und welche langfristigen Auswirkungen hat die aktuelle Krise derzeit auf den Personalmarkt?
Odak: Krisen haben unterschiedliche Ursachen. Entsprechend sind Krisen entweder als Chance zu verstehen oder als Notwendigkeit zum Handeln und Verändern. Die aktuelle Krise basiert vor allem auf der Wahrnehmung finanz- und geopolitischer Herausforderungen und Umbrüche. Solche Krisen sollten als Kernkompetenz des Wealth Managements wahrgenommen werden. Die Komplexität von notwendigen Antworten auf krisenbedingte Fragen und der daraus resultierende, professionelle Beratungsbedarf sollten aktuell als Chance für die Gewinnung von Marktanteilen, Kundenzufriedenheit und Innovation gesehen werden. Daraus folgt für den Personalmarkt, dass insbesondere Wealth Manager gefragt sind, die flexibel, kunden- und lösungsorientiert denken und handeln.
Weitere Krisen sind die strukturelle Krise aufgrund von Demografie sowie die veränderten Erwartungswerte der Wealth Manager. Die Bank ist in der Wahrnehmung – anders als „früher“ – kein uneingeschränkt sicherer Arbeitgeber mehr; Imageverlust der Finanzbrache seit den vergangenen Finanzkrisen. Daraus resultieren auch Nachwuchsprobleme im Wealth Management. Es folgt für den Personalmarkt, dass Kandidatinnen und Kandidaten die Chancen und Risiken bei einem Arbeitgeberwechsel sehr genau prüfen. Im Rahmen des Angebots für Berufseinsteiger sollten Berufsbilder im Wealth Management intensiver beworben werden und gezielter auf individuelle Talente und Lebensmodelle abgestimmt sein.
Welche Folgen der Corona-Krise sind am Personalmarkt und im Vermittlungsgeschäft noch spürbar?
Odak: Keine. Als Post-Corona-spezifisches-Thema haben sich aber flexiblere Home-Office-Lösungen im Wealth Management etabliert.
Welche Anreize müssen Arbeitgeber den Kandidaten in der Branche bieten, um sie von einem Wechsel zu überzeugen?
Odak: Kandidatinnen und Kandidaten sind gut beraten, sich nicht zu einem Arbeitgeberwechsel überzeugen zu lassen, sondern im Rahmen des Prozesses und der Prüfung einer beruflichen Alternative eine eigene Überzeugung zu gewinnen. Arbeitgeber sollten drei Punkte beachten, um für die Top 5 Prozent der Kandidatinnen und Kandidaten im Wealth Management überzeugend zu sein:
- Fachlich: Menschen möchten sich in ihrem Arbeitsumfeld wiederfinden. Hierbei kann beim Einstellen der White-Paper- oder Stradivari-Ansatz hilfreich sein. White Paper bedeutet: Man beschränkt sich nicht auf die einschränkende Sichtweise einzelner, bestehender Positionen, sondern entwickelt, „customized“ gemeinsam, in Abhängigkeit von individuellen Talenten, Fähigkeiten und internen Möglichkeiten, vakante Positionen. Stradivari bedeutet: Wenn thematische Spezialistinnen und Spezialisten gefragt sind, sollte man bedenken, dass diese in der Regel den Wunsch und Anspruch haben, die bestmögliche Infrastruktur zu bespielen, um die eigenen Talente im Sinne des Unternehmens kontinuierlich zu verbessern und auch, um in ihrer häufig elitären Peergroup „state of the art“ zu bleiben.
- Persönlich: Ohne gute Führung ist alles nichts. Führung im Wealth Management sollte glaubwürdig sein und imstande sein, Personen fachlich und persönlich an einen Punkt zu bringen, an den sie alleine nicht gelangen würden. Führungskräfte sind die Ursache Nummer eins bei einem Arbeitgeberwechsel.
- Set up: zukunftsfähiges Geschäftsmodell, kompetitive Marke; angemessenes Vergütungspaket, individuelle Perspektive.
Welche Wechseltendenzen lassen sich derzeit bei den Arbeitnehmern in der Branche feststellen?
Odak: Wealth Management ist eine Dienstleistung für ein bestimmtes Kundensegment und sollte im Sinne des Kunden individuell und zielführend ausgeübt werden. Daraus ergeben sich unterschiedliche Geschäftsmodelle, die einzig durch ihren Erfolg oder Nicht-Erfolg reglementiert sind. Wealth Manager – unabhängig davon, ob als Bank, unabhängiger Vermögensverwalter oder sogenanntes Fintech – sollten Digitalisierung und jegliche Form von zielführender Innovation dann anbieten, wenn es dem Kundennutzen dient.
Folglich basieren Wechseltendenzen primär nicht auf der Form, ob Bank, „Digi“ oder Fintech, sondern auf dem Inhalt, dem Geschäftsmodell des Wealth-Management-Instituts, welches zum Berater und dessen Kundenbedürfnissen passen sollte.
Wird die Zahl der Jobwechsel in der Branche zunehmen? Warum?
Odak: Institute verändern sich und ihre Geschäftsmodelle. Manche tun dies erfolgreich, manche nicht. Individuelle Wünsche und Perspektiven entwickeln sich im Zuge von Veränderungen positiv – oder nicht. Daraus ergeben sich für Wealth Manager Rahmenbedingungen, die entweder zur Zufriedenheit oder Unzufriedenheit führen. Veränderungen, die individuell nicht als positiv wahrgenommen werden, führen häufiger zu einem Jobwechsel.
Da Veränderungen aktuell schneller voranschreiten als in der Vergangenheit, käme es demzufolge auch zu häufigeren Jobwechseln. Andererseits scheiden mehr Wealth Manager aus dem aktiven Arbeitsleben aus, als man durch qualifizierten Nachwuchs ersetzen kann. Die Gesamtanzahl der Wealth Manager und damit auch die Zahl potenzieller Jobwechsel würde dementsprechend sinken. In Summe und unter Abwägung beider Effekte bleibt die Zahl der Jobwechsel in der Wealth-Management-Branche annahmegemäß auf gleichbleibendem Niveau.
Jobprofil: Welche Fähigkeiten sollten Bewerber mitbringen und wie haben sich die Anforderungen im Vergleich zu den Vorjahren verändert?
Odak: Eine der wesentlichen Veränderungen des Wealth Managements in den vergangenen Jahren ist, dass die Definition der Zielgruppe „Millionäre und Unternehmer“ schon lange nicht mehr ausreicht. Heute ist der Millionär nicht gleich Millionär und der Unternehmer nicht gleich Unternehmer. Die unterschiedlichsten, heterogenen, sozio- und psychografischen Merkmale der Kundinnen und Kunden hat zu einer erheblichen Marktsegmentierung geführt.
Daraus folgt, dass auch die zu den Kunden passenden Wealth Manager heterogener geworden sind und zunehmend heterogenere Profile haben sollten. Dies entspricht auf dem Papier auch den Wünschen potenzieller Arbeitgeber nach mehr Heterogenität und Diversität. Die Realität zeigt jedoch, dass die Wünsche der Finanzinstitute teils nur vordergründig sind und sie sich im Einstellungsprozess immer noch sehr schwertun, Priorisierungen relevant zu verändern.
Denn zeitgemäße Ideen alleine, wie man könne doch mal einen Kunsthistoriker als Wealth Manager einstellen, reichen nicht. Bei vielen folgt in zweiter Runde dann trotzdem der gewohnt priorisierende Faktencheck. Kunstgeschichte ja, aber bitte vorher mit Finanzdienstleistungs- und Vertriebserfahrung sowie Kundenbuch. Dies entspricht jedoch nicht einer aufgrund gestiegener Marktsegmentierung notwendigerweise veränderten Priorisierung, sondern einem X = X+1 – also einer Gleichung, die nicht aufgeht.
Letztlich bedarf es für zeitgemäße Anforderungen eine veränderte Priorisierung im Rahmen des Einstellungsprozesses im Wealth Management und wie bei jeder Veränderung professionellen Mut und einen im Zweifel längeren Atem. Was sollten Bewerberinnen und Bewerber generell mitbringen? Man sollte sich auf Sie freuen. Die Freude auf eine Person und Persönlichkeit ist aus dem eigenen Blickwinkel, ob im Einstellungs- oder Kundengespräch, immer dann gegeben, wenn man eine Person fachlich und/oder persönlich wertschätzt und mag.
In welchen Abteilungen und Bereichen wird verstärkt eingestellt?
Odak: Wealth Manager in der Kundenberatung, dazu Mitarbeitende in der Strategie- und Geschäftsfeldentwicklung, in Family Offices und für die Digitalisierung.