Mit Bundesanleihen lässt sich schon seit vielen Jahren keine vernünftige Rendite mehr erwirtschaften – wenn man die Zinspapiere kauft und bis zu ihrer Fälligkeit behält, so wie institutionelle Anleger das in der Regel tun. Laut Bundesbank sanken die Renditen von Bundesanleihen mit Laufzeit von etwa zehn Jahren bereits 2014 unter ein Prozent. Für Versicherungen und Pensionseinrichtungen, die mit ihren Kapitalanlagen Verpflichtungen finanzieren müssen, ist das viel zu wenig. Für sie ist die Vermögensanlage durch die Zinsentwicklung in den vergangenen zwei Dekaden immer schwieriger geworden.
Alternative Investments wie Immobilien, Private-Debt-Fonds oder Infrastrukturanlagen im weitesten Sinne könnten die Renditenot zwar lindern. Allerdings wenden sich institutionelle Anleger, vor allem die aufsichtsrechtlich regulierten, nur zögerlich von Anleihen ab. Das hat zuletzt eine Studie der Berater von Willis Towers Watson gezeigt. Am Horizont türmt sich indessen eine „Wall of Money“ auf, eine Mauer aus Geld – sozusagen: Binnen fünf Jahren werden laut dem Immobiliendienstleister Jones Lang Lasalle Bundesanleihen im Nennwert von 800 Milliarden Euro fällig. Angesichts der niedrigen Renditen in der Wiederanlage rechnet JLL mit enormen Mittelzuflüssen in den Immobilienmarkt.
Wie gehen deutsche Großanleger mit der Zinsflaute um? Und: Investieren sie überhaupt noch in Bundeswertpapiere? Lebensversicherer zählen zu den größten Kapitalanlegern in der Bundesrepublik. Im Durchschnitt legen sie Woche für Woche 3 Milliarden Euro an.
Wenn man Klaus-Michael Menz, Anleihespezialist bei Gothaer Asset Management, fragt, ob er in der Gegenwart noch Bundesanleihen kauft, um diese bis zur Fälligkeit zu halten, erntet man nur ein knappes: „Nein“. Pauschal will der Abteilungsleiter im Bereich Credits / Drittmandate Bundesanleihen aus dem Anlageuniversum des Vermögensverwalters für alle Versicherungen innerhalb des Gothaer Konzerns aber nicht ausschließen. Da Bundesanleihen „aber größtenteils negativ rentieren und wir tendenziell leicht steigende Renditen erwarten, sehen wir dort aktuell kein Potential“, sagt er. Gothaer Asset Management investiert übrigens auch nicht aus regulatorischen Gründen oder aufgrund des Risikomanagements in Bundesanleihen.
Abseits von Anleihen der Bundesrepublik-Deutschland-Finanzagentur, die an Plänen für grünen Anleihen arbeitet, versprühen auch andere staatliche und supranationale Emittenten mit Spitzen-Rating für Anleiheinvestoren nur wenig Charme. Menz: „Emittenten mit Spitzen-Rating, also AAA, besitzen alle ein äußerst niedriges Ausfallrisiko. Daher sind die Renditen bei solchen Anleihen auch nur unwesentlich höher als bei Bundesanleihen und angesichts der Erwartung steigender Renditen nur selektiv erwerbenswert.“
Bei Anleihen aus den Emerging Markets ist das anders. Schwellenländeranleihen gehören aus Sicht der Gothaer Asset Management, deren rund 60 Mitarbeiter Kapitalanlagen von rund 30 Milliarden Euro verwalten, weiterhin zu den interessantesten Anlagen im Fixed-Income-Bereich, „auch wenn dort die Risikoprämien ebenfalls deutlich zusammengeschnurrt sind“, wie Menz es formuliert.
Doch es gibt auch heute noch Argumente, die für Schwellenländeranleihen sprechen: Die Emerging Markets zählen zu den Regionen mit den höchsten Wachstumsraten global und besitzen damit perspektivisch weiterhin Potential für die Anlagespezialisten der Gothaer Versicherung. Auf der Suche nach spannenden Anleihen richtet das Asset Management seinen Investment-Fokus auf Anlagen in Hartwährungen, zum Beispiel im US-Dollar. Lokale Währungen seien oft volatiler und müssten daher abgesichert werden, wie Menz erläutert. „Das würde allerdings den Großteil des Renditevorsprungs auffressen.“
Die Gothaer investiert vor allem im Investment-Grade-Bereich (einschließlich der Rating-Note BBB-). „Bei Schwellenländeremittenten lassen wir aber auch Anlagen mit einem High-Yield-Rating zu“, kommentiert Menz und zieht die Untergrenze beim Kredit-Rating B-. Und an der Untergrenze hat die Gothaer in den vergangenen fünf Jahren auch nicht gerüttelt.