Unbegründete Scheu Welche Erträge Banken ohne Testamentsvollstreckung entgehen

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Worauf zu achten ist

Sobald die Bank in die Rolle des Testamentsvollstreckers schlüpft, ändert sich schlagartig ihre Perspektive: Sie ist nicht mehr nur Akteur auf der Wertpapier- oder Kreditseite, sondern durch die Übernahme des Amtes zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses – und zwar in der Regel des gesamten Nachlasses – des Erblassers verpflichtet. Damit ändert sich die Rolle der Bank im Rechtsverkehr grundlegend. Sie ist nun nicht mehr nur anlageberatend tätig, sondern zusätzlich treuhänderisch verwaltend für den Erblasser.

Diese Doppelfunktion birgt zwangsläufig Interessenskonflikte, die frühzeitig zu identifizieren und transparent zu machen sind. Als Bank steht das Interesse nach Mehrung des Ertrages im Vordergrund, während die Erben ein schutzwürdiges Interesse am Bestand und der Sicherung des Nachlasses haben, wobei Verluste zu vermeiden sind. Demnach sollten Banken, die sich mit der Frage befassen, wie sie die Testamentsvollstreckung in ihren Leistungskatalog mit aufnehmen, intensiv mit Paragraf 31 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und den Aufklärungs- und Beratungspflichten auseinandersetzen.

Die in dem Zusammenhang spannenden Fragen für eine Bank sind demnach, welche Form der Testamentsvollstreckung (Abwicklung- oder Dauertestamentsvollstreckung) die Bank anbietet, ob sie trotz eigenen Mandates im Wertpapiergeschäft daneben als Testamentsvollstrecker für Erben und Nachlass fungiert, wer konkret mit der Durchführung dieser Dienstleistung betraut wird (Berater im Private Banking oder Stabsabteilung) und welche Anforderungen an die Person des Testamentsvollstreckers zu knüpfen sind, welcher Preis für diese Dienstleistung verlangt werden kann, und schließlich wie die Frage der Haftung zu beurteilen ist.

Während die reine Abwicklungstestamentsvollstreckung regelmäßig nur von kurzer Dauer ist und lediglich die Abwicklung des letzten Willens mit Erstellung des Nachlassverzeichnisses und Verteilung des Nachlasses an die Erben und Vermächtnisnehmer beinhaltet, wird regelmäßig die Dauertestamentsvollstreckung allein schon aus gebührenrechtlichen Aspekten die interessantere Variante darstellen. Das Ziel ist es doch, die Erben beziehungsweise das zu verwaltende (Wertpapier-)Vermögen langfristig an die Bank zu binden.

Und damit wäre auch bereits die zweite Frage angerissen: Gerade das Wertpapiergeschäft stellt im Leistungsangebot ein lukratives und ertragreiches Geschäft dar. Auf dieses Kerngeschäft zu Gunsten eines Einzelgeschäfts zu verzichten, ist aus Bankensicht schwer vorstellbar und bedarf schon einer rechenhaften Einzelbetrachtung.

Im Kontext der Erweiterung des Leistungsangebots stellt sich immer die Frage nach den personellen sowie aufbau- wie auch ablauforganisatorischen Anforderungen. Natürlich sind hier mannigfaltige Lösungen denkbar. Eine sinnvolle und kostengünstige Lösung ist, die Testamentsvollstreckung nicht im Tagesgeschäft durch eine(n) Berater(in) durchführen zu lassen, sondern die Dienstleistung in einer Stabsabteilung oder einem anderen Bereich, wie zum Beispiel dem Family Office anzusiedeln. Dies hat zudem den Vorteil, dass das Tagesgeschäft und die damit verbundenen zu treffenden (Ertrags-)Entscheidungen losgelöst von der Sicherung und Überwachung des Nachlasses gewährleistet werden können.

Grundsätzlich sind an die Person des Testamentsvollstreckers zunächst keine besonderen Anforderungen oder Qualifikationen geknüpft. Allerdings gibt es verschiedene Fortbildungsangebote auf dem Markt, die notwendige Tätigkeitsinhalte, Fragen zur Haftung und Vergütung praxisnah schulen, so dass der in der Bank mit dieser Aufgabe betraute Mitarbeiter grundsätzliche Kenntnis der Materie hat.

Die Bankenhaftung ist im Falle einer Testamentsvollstreckung ebenso gegeben, wie bei einer fehlerhaften Anlageberatung. Durch eine Verpflichtung zur Erstellung von Protokollen, ist eine lückenlose Darstellung der Durchführung wie auch Abwicklung des Nachlasses möglich. Fehler können durch standardisierte Prozesse und Qualitätssicherungsinstrumente minimiert werden.

Sinnvollerweise wird sich die Bank vor Implementierung mittels eines Projektes intensiv mit dem Für und Wider der Implementierung eines neuen Dienstleistungsangebots auseinandersetzen und die Folgen abwägen. Im Zuge eines ganzheitlichen Beratungsangebots stellt die Testamentsvollstreckung in jedem Fall eine sinnvolle und Ertrag bringende Ergänzung des Leistungsspektrums dar.

Bei allen organisatorischen und inhaltlichen Fragestellungen ist jedoch eines ganz wichtig: Vor der Einsetzung der Bank als Testamentsvollstrecker sollte diese Kenntnis vom Inhalt des Testaments haben, um die Durchführbarkeit der Vollstreckung abzuwägen.

 


Über die Autoren:

Esther Blau-Bermes ist Inhaberin der Beratungsboutique Blau-Bermes Familien-Unternehmer-Strategie. Die Rechtsanwältin berät (Familien-)Unternehmer in strategischen Fragen zur Nachfolge im Unternehmen, Konfliktmanagement und bei der Erstellung von Familien-Unternehmens-Strategien.

Ulrich Welzel ist geschäftsführender Gesellschafter der Beratungsgesellschaft Brain Active aus Taufkirchen bei München. Der Kommunikationsspezialist für die Zielgruppe der Generation 60plus berät Banken und trainiert Banker zu Themen rund um die lebensphasenorientierte Finanzplanung.

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