„Vom Heuwender zum Treuhänder“, lautet eine beliebte Formel, die in Kurzform den Wandel des Fürstentums Liechtenstein vom bescheidenen Agrarstaat zum erfolgreichen europäischen Finanz- und Dienstleistungsstandort beschreibt. Während es 2020 dort gerade noch 95 Landwirtschaftsbetriebe gab, verfügte das Land Ende 2022 über mehr als dreimal so viele Treuhänder und Treuhandgesellschaften mit rund 2.500 Mitarbeitenden. Gemessen an der Zahl der Erwerbstätigen mit Wohnsitz in Liechtenstein waren das mehr als 10 Prozent. Auch das Fürstenhaus selbst ist unter den eingetragenen Treuhändern vertreten.
Eine wichtige Rolle bei dieser Transformation spielte und spielt die liechtensteinische Stiftung. Als deren „Erfinder“ gilt der auch in Deutschland nicht unbekannte Vaduzer Anwalt und Treuhänder Herbert Batliner. In Verbindung mit dem damals undurchdringlichen Bankgeheimnis des Fürstentums sorgte sein Stiftungsmodell früher dafür, dass die dortigen Banken und Treuhänder über Jahre wesentlich mehr Heu aus dem Ausland wenden konnten als nach dem Steuerrecht der Herkunftsländer zulässig.
Erst als Kundendaten der Fürstenbank Liechtenstein Global Trust (LGT) an den deutschen Fiskus gelangten, zeichnete sich mit der „Liechtensteiner Steueraffäre“ das Ende der Liechtenstein-Stiftung als Steuerhinterziehungsinstrument ab, das die Rechtsform Stiftung auch jenseits der Kleinstaatsgrenzen in Misskredit gebracht hatte.
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„Vom Heuwender zum Treuhänder“, lautet eine beliebte Formel, die in Kurzform den Wandel des Fürstentums Liechtenstein vom bescheidenen Agrarstaat zum erfolgreichen europäischen Finanz- und Dienstleistungsstandort beschreibt. Während es 2020 dort gerade noch 95 Landwirtschaftsbetriebe gab, verfügte das Land Ende 2022 über mehr als dreimal so viele Treuhänder und Treuhandgesellschaften mit rund 2.500 Mitarbeitenden. Gemessen an der Zahl der Erwerbstätigen mit Wohnsitz in Liechtenstein waren das mehr als 10 Prozent. Auch das Fürstenhaus selbst ist unter den eingetragenen Treuhändern vertreten.
Eine wichtige Rolle bei dieser Transformation spielte und spielt die liechtensteinische Stiftung. Als deren „Erfinder“ gilt der auch in Deutschland nicht unbekannte Vaduzer Anwalt und Treuhänder Herbert Batliner. In Verbindung mit dem damals undurchdringlichen Bankgeheimnis des Fürstentums sorgte sein Stiftungsmodell früher dafür, dass die dortigen Banken und Treuhänder über Jahre wesentlich mehr Heu aus dem Ausland wenden konnten als nach dem Steuerrecht der Herkunftsländer zulässig.
Erst als Kundendaten der Fürstenbank Liechtenstein Global Trust (LGT) an den deutschen Fiskus gelangten, zeichnete sich mit der „Liechtensteiner Steueraffäre“ das Ende der Liechtenstein-Stiftung als Steuerhinterziehungsinstrument ab, das die Rechtsform Stiftung auch jenseits der Kleinstaatsgrenzen in Misskredit gebracht hatte.
Zahlreiche Steuersünderinnen und -sünder samt ihren Stiftungen wurden in der Folge aus dem Schwarzgeldparadies zwischen Österreich und der Schweiz vertrieben. Auf internationalen Druck hin passte das Fürstentum die einschlägigen Gesetze OECD- und EU-Standards an. 2009 erfolgte eine Totalrevision des Liechtensteiner Stiftungsrechts. Auf die bisherige Schwarzgeld- folgte eine Weißgeldstrategie. Anstatt Steuerhinterziehung rückte nun neben Vermögensschutz auch Philanthropie stärker in den Fokus der Finanzdienstleistungsbranche. 2010 entstand die Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen (VLGS, heute als VLGST ergänzt um Trusts), die es als eines ihrer zentralen Anliegen versteht, die Reputation des Stiftungsstandorts Liechtenstein zu fördern.
Knapp 15 Jahre nach der Totalrevision hört man heute auch in den Nachbarländern wieder mehr von der Liechtenstein-Stiftung. Im Herbst 2023 veröffentlichte der Verein Liechtenstein Finance, ein Zusammenschluss der liechtensteinischen Finanz- und Beratungsindustrie und des VLGST, die Ergebnisse einer Befragung von Stiftungsverantwortlichen in der DACH-Region zu „Entscheidungsfaktoren bei der Stiftungsgründung“.
Zentrales Thema ist die Standortwahl im deutschsprachigen Raum. Und wer die Broschüre „Philanthropie Liechtenstein“ der VLGST durchblättert, dem muss das Fürstentum wie das gelobte Land des Stiftungswesens erscheinen. „Liberalität, Kontinuität und Governance“ sind die Stichworte, die den Lesenden mit freundlicher Penetranz mitgegeben werden. Es wird vor allem die attraktive Zielgruppe der politisch und wirtschaftlich verunsicherten Unternehmer intensivst umworben.
Zuletzt fiel ein liechtensteinischer Anbieter unangenehm auf, der der deutschen Anwaltschaft en gros die Qualifikation in Fragen der internationalen Besteuerung absprach und gleichzeitig die Steuerlast der Familienstiftung überzeichnete. Doch wo mit irreführenden Argumenten unverhohlen an die vermeintliche Gier der Mandantschaft appelliert wird, ist der Haken meist nicht weit. Vor diesem Hintergrund folgt hier ein kritischer Blick hinter die Kulissen des Liechtensteiner Stiftungsstandortmarketings.
Stabilität und Privatautonomie
Stabilität und Privatautonomie werden im Kontext der veröffentlichten Umfrageergebnisse als Erfolgsfaktoren des Stiftungsplatzes Liechtenstein genannt.[9] Doch schon das Stabilitätsargument wirft Fragen auf. Von den vier deutschsprachigen Stiftungsstandorten ist Liechtenstein der einzige, der 2009 einen abrupten Paradigmenwechsel vollzogen und eine Totalrevision seines Stiftungsrechts zu Lasten der damaligen Stifterinnen und Stifter bzw. deren Familien und Destinatären durchgeführt hat. Davon, dass das Fürstentum seit der Ablösung der Heuschober durch die Treuhandbüros - auch mit Hilfe der Auslandsvermögen - auf lange Sicht wirtschaftlich stabil geblieben ist, haben hingegen weder die damaligen noch die heutigen Stiftungen einen unmittelbaren Vorteil.
Auch die Privatautonomie stößt im Fürstentum dort an Grenzen, wo dessen eigene wirtschaftliche Interessen berührt sind. Wer in Liechtenstein eine Stiftung errichtet, muss nach dem geltenden Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) zwingend einen dort ansässigen Rechtsanwalt oder einen dort lizenzierten Treuhänder („Art. 180a PGR-Qualifikation“) in das Geschäftsführungsorgan, den Stiftungsrat, aufnehmen. Aus Sicht des deutschen Stiftungsrechts wäre es schwer vorstellbar, den Stiftungswilligen Vorgaben zur Besetzung der Gremien ihrer Stiftung zu machen und den in Frage kommenden Personenkreis derart einzugrenzen.
Die Auswahl der Organmitglieder gehört hierzulande seit jeher zu den grundrechtlich geschützten Stifterfreiheiten. Die Stiftenden können die Organe ihrer Stiftungen grundsätzlich besetzen, mit wem sie wollen – einschließlich sich selbst. Beruf, Staatsangehörigkeit, Wohnsitz uns weiteres spielen keine Rolle. Gerade bei Familienstiftungen, die ausschließlich oder vorwiegend den Interessen einer oder mehrerer Familien dienen, sind häufig auch die begünstigten Nachkommen in den Gremien vertreten, um ihre Interessen gegenüber der Stiftung wahrnehmen zu können.
Selbstverständlich steht es den Stiftenden frei und kann sich häufig empfehlen, auch bezahlte Profis in die Stiftungsorgane aufzunehmen. Die Auswahl ist in Deutschland dann aber ausschließlich Sache derer, die das Vermögen einbringen, nicht die einer Behörde oder Kammer. Eine paternalistische Regelung wie im Fürstentum wäre in der Bundesrepublik wohl auch verfassungsrechtlich problematisch. Besonders störend ist die Zwangstreuhandschaft, wenn auf Seiten des Stifters bereits organisatorische Strukturen, etwa in Form eines Family Office, vorhanden sind. In diesem Fall entstehen nicht nur überflüssige Zusatzkosten, sondern auch eine Parallelstruktur, die eigenen Gesetzen folgt, und deren Mehrwert angesichts der angeblich so geringen administrativen Hürden in Liechtenstein fraglich erscheint.
Hinzu kommt: In Liechtenstein haben die deutschen Stifter auch aus steuerlichen Gründen eine schwächere Position als daheim. Während sie sich hierzulande sowohl bei gemein- als auch bei privatnützigen Stiftungen problemlos selbst in jede beliebige Organfunktion einsetzen können, wäre es für sie bei der im Alpenstaat ansässigen Stiftung häufig mit Nachteilen verbunden, sich zu weitreichende Mitspracherechte vorzubehalten. Dies würde die vor allem bei Familienstiftungen meist angestrebte steuerliche Intransparenz gefährden. Das heißt: Die Stiftung würde vom deutschen Fiskus nicht als eigene Rechtspersönlichkeit behandelt, und ihre Einkünfte bei der Versteuerung nach wie vor dem deutschen Stifter zugerechnet.
Steuern und Kosten
Die Umfrage hat ergeben, dass lediglich ein Drittel der Vertreter/-innen gemeinnütziger Stiftungen das Steuerrecht als wichtiges Standortmerkmal einstuft, bei den privatnützigen Stiftungen liegt der Anteil dagegen bei zwei Dritteln. Aus Liechtensteiner Sicht hätte dieses Thema freilich mehr Aufmerksamkeit verdient. Gerade wenn es um Vermögensbesteuerung oder um private Steueraspekte gehe, gebe es viele Feinheiten und Unterschiede, kommentiert selbst Dr. Thomas Zwiefelhofer, Mitglied der Gruppenleitung der First Advisory Group (hervorgegangen aus der Kanzlei Batliner) und Präsident der VLGST.
Gemeinnützige Stiftungen sind in Liechtenstein steuerlich nicht besser gestellt als in Deutschland. Bei Familienstiftungen wird die geringere Steuerbelastung hingegen meist als Argument für den Standort Liechtenstein angeführt. Mit der obligatorischen Beschäftigung mindestens eines Treuhänders gibt es aber im Alpenstaat de facto eine zusätzliche Zwangsabgabe für Stiftungen. Denn erfahrungsgemäß arbeiten die meisten Dienstleister dort nicht ehrenamtlich. Ihre Honorare sind – anders als Steuern – zwar verhandelbar, können aber in der Gesamtbetrachtung mit Stundensätzen zwischen 300 und 1.000 Schweizer Franken durchaus ins Gewicht fallen. In einem öffentlich gewordenen Fall war von einem Salär von angeblich 50.000 Euro pro Monat und Treuhänder die Rede.
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Wer sich als Deutscher mit Gründungsgedanken trägt, sollte also noch einmal genau nachrechnen, wie viel nach laufenden Steuern und Honoraren über 30 Jahre in beiden Ländern noch übrig wäre. Das ist der Zeitpunkt, in dem bei der deutschen Familienstiftung erstmals die –planbare – Erbersatzsteuer anfiele.
Unwucht in der Governance
„Das Erfolgsgeheimnis für den Stiftungsstandort der Zukunft liegt in der richtigen Mischung aus Freiheitlichkeit und Governance“, lässt sich Professor Dr. Dominique Jakob, Ordinarius für Privatrecht und Leiter des Zentrums für Stiftungsrecht an der Universität Zürich in einem Expertengespräch zur Umfrage ein. In Liechtenstein wie in Deutschland liegt es in erster Linie in der Verantwortung des Stifters, durch einen klugen Aufbau der Strukturen und Prozesse dafür zu sorgen, dass die Zweckerfüllung stets über den Partikularinteressen der handelnden Personen steht.
In Liechtenstein ist die Governance aber von vorneherein mit einer Unwucht im Machtgefüge zu Gunsten der Berufstreuhänder und zu Lasten der Begünstigten versehen, die die Statuten erst ausgleichen müssen. Das fängt schon bei der Gründung an. Wer sich als Deutscher auf eine Liechtensteiner Lösung einlässt, schränkt den Kreis der Beratenden von vorneherein auf einen relativ kleinen Zirkel auf solche Gestaltungen spezialisierter Kanzleien ein.
Um eine entsprechende Gestaltung zu gewährleisten, sind aber zumindest die Treuhänder selbst nicht unbedingt die besten Ratgeber. Insbesondere die Stiftenden, die ihr Vermögen vor Ansprüchen von Gläubigern, (Ex-)Ehepartnern oder Kindern schützen möchten, und denen sich das Fürstentum unter dem Stichwort „Asset Protection“ ganz besonders anbietet, neigen dazu, sich auf die Risiken von außen zu fokussieren. Dabei wird leicht übersehen, dass mit den Zwangstreuhändern ein mindestens ebenso großes Governance-Risiko im Inneren der Stiftung entsteht.
Wird dem nicht Rechnung getragen, können diese den Stifter selbst oder die von ihm benannten Personen im Stiftungsrat recht einfach mit Mehrheitsbeschluss abberufen und ihnen so jedes Mitbestimmungs- und Informationsrecht entziehen. Unter dem Titel „Wie Stifter in Liechtenstein enteignet werden“, ging bereits Rechtsanwalt Johannes Fiala im PBM auf diese Praxis ein. Von der Stiftungsaufsicht im Amt für Justiz des Fürstentums dürfen die Betroffenen keine Hilfe erwarten. Zum einen ist sie bei privatnützigen Stiftungen nicht obligatorisch. Zum anderen fehlt ihr anders als ihren deutschen Pendants jede Durchgriffsmöglichkeit.
Im Fall von Beanstandungen muss auch sie sich an ein Gericht wenden. Ein Merkblatt der Behörde offenbart zudem ein eher weites Verständnis von guter Stiftungspraxis. Demnach wird es beispielsweise als korrekte Zusammensetzung des Stiftungsrats angesehen, wenn neben dem Treuhänder einer seiner Angestellten mit einer Überlagerungsklausel im Dienstvertrag oder eine mit ihm verwandte Person benannt wird – in beiden Fällen, „sofern die Wahrnehmung des 4-Augen-Prinzips effektiv gewährleistet ist“.
Wer sich als Stifter in einem zwei- oder dreiköpfigen Stiftungsrat auf eine solche Konstellation einlässt, liefert seine Stiftung de facto dem Treuhänder aus. Auch in Deutschland unterliegen privatnützige Stiftungen allerdings spätestens seit der Reform des Jahres 2023 keiner laufenden behördlichen Aufsicht mehr. Die Rechtsstellung der Begünstigten ist nach wie vor nicht gesetzlich geregelt. Sollen diese Ansprüche oder Informationsrechte gegen die Stiftung erhalten, bedarf es einer entsprechenden Satzungsregelung.
Rechtssicherheit
„Die Rechtssicherheit steht über allem“, konstatiert Patriz Ergenzinger, Partner im Bereich Private Client Services und Familienunternehmen bei Ernst & Young, im Kontext der Umfrage. Genau hier scheint aber eine Schwachstelle des Stiftungsstandorts Liechtenstein zu liegen. Zu dieser Einschätzung gibt zumindest die höchstrichterliche Rechtsprechung im Fürstentum Anlass. Der Begünstigte einer von einem Deutschen in Liechtenstein errichteten Stiftung hatte sich gerichtlich gegen seine Abberufung als Stiftungsratsvorsitzender zur Wehr gesetzt – und war damit 2022 letztinstanzlich vor dem Vaduzer Staatsgerichtshof gescheitert. Begründung: In seiner Rolle als Stiftungsratsmitglied bestehe der Anschein einer Interessenkollision. Anlass dafür war eine – am Ende erfolgreiche - Klage der Stiftung auf Rechnungslegung gegen einen Bevollmächtigten.
Der abgesetzte Stiftungsrat hatte in der betreffenden Abstimmung im zweiköpfigen Stiftungsrat für die Klage gestimmt. Nach Auffassung der Gerichte im Fürstentum hätte er sich aber enthalten müssen, weil er als Begünstigter der Stiftung mittelbar von einem eventuell auf das Ergebnis der Rechnungslegungsklage gestützten Leistungsanspruch hätte profitieren können. Eine tatsächliche Pflichtverletzung, wie sie in Deutschland für eine Abberufung erforderlich wäre, lag hingegen nach einhelliger Auffassung nicht vor. Aus demselben Grund befand das Gericht den Rechtsuchenden auch als „Appointor“ untauglich, unabhängig davon, ob er sich in dieser Funktion etwas habe zuschulden kommen lassen.
Damit war ihm auch die Möglichkeit genommen, einen aus seiner Sicht geeigneten Nachfolger für den Stiftungsrat zu benennen. Stattdessen setzte das fürstliche Landgericht einen lokalen Anwalt ein. „Wildwest-Justiz im Ländle“ titelt der Kolumnist René Zeyer im Medienportal „Die Ostschweiz“ angesichts dieser Rechtsprechung; „Im Ländle regiert Richter Kafka“, heißt es in der NZZ am Sonntag. Aus der Perspektive des deutschen Stiftungsrechtlers fällt an dem Urteil besonders auf, wie locker sich die Gerichte über den erkennbar entgegenstehenden Willen des vorverstorbenen Stifters hinwegsetzten, obwohl der Stifterwille auch in Liechtenstein gesetzlich geschützt ist.
Beim Demissionskriterium „Anschein einer Interessenkollision“ handelt es sich hingegen (nur) um Richterrecht ohne gesetzliche Grundlage. Diese Vorgänge passen jedenfalls nicht zu der von den Liechtensteiner Anbietern regelmäßig als Standortvorteil hochgehaltenen Privatautonomie. Viel schlimmer aber ist: Kein Stifter und kein Begünstigter, der auch eine Gremienfunktion innehat, kann sich noch sicher sein, ob er in dieser Funktion nicht den Anschein einer Interessenkollision erweckt. Denn diese ist bereits in der Konstellation angelegt.
Gestärkt wird wiederum die Position der Berufstreuhänder. Sollte ein begünstigter Stiftungsrat eine unliebsame Entscheidung treffen wollen, etwa den Wechsel des Standorts oder des Treuhänders aus Kostengründen, lässt er sich ganz elegant vor die Tür setzen. Der Treuhänder muss sich dafür nicht einmal die Hände schmutzig machen. Das erledigt die gerichtliche Stiftungsaufsicht für ihn. Von Rechtssicherheit kann zumindest für die Familienstiftungen mit entsprechender Governance keine Rede mehr sein.
Fazit
Die Ergebnisse der Standortumfrage von Liechtenstein Finance sprechen bei kritischer Betrachtung im Ergebnis nicht für die grundsätzliche Überlegenheit eines Stiftungsstandorts im deutschsprachigen Raum, sondern geben zu einer sehr differenzierten Betrachtung unter den Gesichtspunkten Wirtschaftlichkeit, Governance und Rechtssicherheit für jedes einzelne Stiftungsvorhaben Anlass.
Der Umfrage kommt das Verdienst zu, in Erinnerung zu rufen, dass es einen internationalen Standortwettbewerb um Stiftungen gibt. In diesem Bewusstsein sollten Gesetzgeber und Anwendungspraxis auch in Deutschland agieren. Und auch in Sachen Rechtssicherheit gibt es hierzulande durchaus noch Luft nach oben. Einen allzu großen Drang ins Ausland belegt die Umfrage schließlich nicht: Mit Abstand am häufigsten wurde die Nähe zum eigenen Wohn- oder Unternehmenssitz als Auswahlkriterium für den Stiftungsstandort genannt.
Über die Autoren
Stefan Fritz ist Geschäftsführer mehrerer kirchlicher Stiftungen und Autor der Controlling- und Compliance-Software Stiftungscockpit. Vor dieser Zeit war er knapp elf Jahre bei der Hypovereinsbank, zuletzt als Leiter des Stiftungsmanagements.
Christoph Mecking ist Herausgeber von Stiftung&Sponsoring sowie geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Stiftungsberatung und von Legatur.