Fehler bei Stiftungsstatuten Wie Stifter in Liechtenstein enteignet werden

Johannes Fiala, Rechtsanwalt aus München, über böse Überraschungen im Liechtensteiner Stiftungsrecht

Johannes Fiala, Rechtsanwalt aus München, über böse Überraschungen im Liechtensteiner Stiftungsrecht

Datenlecks und vermehrte Aufdeckung von Steuerhinterziehung mit Hilfe Liechtensteiner Stiftungen haben dazu geführt, dass tausende von Stiftungen und Milliarden an Stiftungsvermögen aus Liechtenstein abgezogen wurden. Das lukrative Geschäft als Treuhänder und Stiftungsrat, das mancher früheren Liechtensteiner Bergbauernfamilie zu Wohlstand verholfen hat, droht damit in erheblichem Umfang zusammenzuschrumpfen.

Der Liechtensteiner Gesetzgeber hat reagiert und seit 2009 die Anforderungen an Stiftungstreuhänder erheblich verschärft. Viele Alt-Treuhänder haben jetzt nur noch eine eingeschränkte Zulassung.  Doch nicht wenige Treuhänder sichern sich ihr Einkommen, indem sie missliebige Stiftungsräte und Stiftungspräsidenten – auch den Stifter selbst – vor die Tür setzen.

Abberufung von Stiftungsräten

Die Abberufung von Stiftungsräten, die den verbleibenden Treuhändern und Stiftungsräten im Weg stehen, sieht etwa wie im folgenden Protokollauszug einer Stiftungsratssitzung einer gemeinnützigen Stiftung vom September 2012 in Vaduz aus. Dabei berufen zwei Mitstiftungsräte K und G, ersterer ein Treuhänder, den Stiftungsratspräsidenten X, der auch wirtschaftlicher Stifter ist, ab:

„Antrag des Stiftungsrats K: Abberufung von X als Stiftungsrat. Beschluss gestützt auf Artikel 5 Absatz 4 der Statuten. Der Stiftungsrat fasst seine Beschlüsse und vollzieht seine Wahlen mit der Mehrheit aller anwesenden Mitglieder. Mehrheitlich: zwei Stimmen ja, eine Stimme nein. X ist somit per sofort seines Amtes als Stiftungsrat enthoben. Somit ist seine Stellung als Vorsitzender für die weitere Stiftungssratsitzung hinfällig. Die Sitzung wird ab jetzt durch den Stiftungsrat K geleitet. K wird beauftragt und bevollmächtigt, die Durchführung dieses Beschlusses (Löschung von X als Stiftungsrat) beim Grundbuch- und Öffentlichkeitsregister zu beantragen.“

Amt für Justiz gibt kein rechtliches Gehör

Das Ende 2012 gegründete Amt für Justiz in Liechtenstein als Stiftungsaufsicht führt solche Beschlüsse durch und löscht den abberufenen Stiftungsrat X aus dem Öffentlichkeitsregister, ohne ihm dies überhaupt vorher mitzuteilen und ohne ihm die Chance auf rechtliches Gehör zu bieten. Es geht vielmehr rein nach Aktenlage, also nach Vorlage des Sitzungsprotokolls vor. Dies wird dann nur noch umgesetzt. Nach Durchführung der Löschung ist der ehemalige Stiftungsratspräsident X nur noch Dritter, darf sich zwar beschweren, wird aber ohne materielle Prüfung durch das Amt für Justiz schlicht an die ordentlichen Gerichte verwiesen. 

Irreführende Stiftungsstatuten

Die Stiftungsstatuten waren vom späteren Treuhänder und Stiftungsrat K erstellt worden. In Deutschland wäre so etwas wegen Interessenkollission ein Fall für den Staatsanwalt – in Liechtenstein mag dies hingegen als üblich gelten. Eine Abberufung von Stiftungsräten war in den Statuten in keiner Weise angesprochen. Daher ging der Stifter davon aus, dass dies nur durch ein Gericht in begründeten schwerwiegenden Fällen erfolgen kann. Zum Beispiel, wenn der Stiftungsrat in die Kasse gegriffen hätte.  Dass dies einfach mit einem Mehrheitsbeschluss erfolgen kann, hat der Stifter sich nicht träumen lassen.

Geregelt waren in den Statuten hingegen andere Beschlüsse, sogar die Wahl von Stiftungsräten, und gegen diese Beschlüsse sahen die Beistatuten auch ein Vetorecht des Kurators der Stiftung vor – dies ist die Ehefrau des Stifters. Bei der versteckten – weil nicht ausdrücklich benannten - Möglichkeit, den Stiftungsrat durch einfachen Mehrheitsbeschluss abzuberufen, hatte der Ersteller der Statuten Treuhänder K, der spätere Mitstiftungsrat, dies schlicht „vergessen“ – und es wurde damit auch nicht vermisst.

Dabei ist es praktisch spätestens seit der Einführung des neuen Stiftungsrechts in Liechtenstein zum 1. April 2009 vorgeschrieben, dass Stiftungsstatuten ausdrückliche Regelungen auch zur Abberufung von Stiftungsräten enthalten müssen. Ein gesetzlicher Zwang zur Anpassung der Statuten bestand indes nicht, da für Altstiftungen das alte Recht weiter gilt.

Eine vom Stifter angeregte Anpassung an das neue Stiftungsrecht wurde nicht vorgenommen. Dann hätte der Stifter selbstverständlich auf einem Vetorecht des Kurators auch dagegen bestanden, und die Übernahme der Stiftung per Rauswurf des Präsidenten hätte so von Beginn absehbar nicht funktioniert.