Zum 1. September 1993 ist das österreichische Privatstiftungsgesetz in Kraft getreten. Interessanterweise war es eine von der sozialdemokratischen Partei geführte Koalitionsregierung mit dem damaligen SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina, die diesen Schritt und damit die Basis für zahlreiche neue Entwicklungen für die Verwaltung großer Privatvermögen gesetzt hat.
Gestaltungsmöglichkeiten: Stifter kann sich Einfluss vorbehalten
Ausgangspunkt für die Rechtsform der Privatstiftung war, dass aus verschiedenen, meist steuerlichen Gründen im Laufe der Jahre immer mehr österreichisches Vermögen in ausländischen Stiftungen angesiedelt war, etwa Gesellschaftsanteile an wesentlichen österreichischen Industriekonzernen oder Handelsgruppen. Diese Entwicklung sollte unterbrochen werden und ein für in- und ausländische Stiftungen (mit österreichischen Stiftern) auch steuerlich geeignetes Umfeld geschaffen werden, um Eigentum an österreichischen Vermögenswerten auch langfristig im Inland halten zu können. Die dadurch ermöglichte Repatriierung formal ausländischer Vermögenswerte ins Inland war mit Steuerneutralität versehen.
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Zum 1. September 1993 ist das österreichische Privatstiftungsgesetz in Kraft getreten. Interessanterweise war es eine von der sozialdemokratischen Partei geführte Koalitionsregierung mit dem damaligen SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina, die diesen Schritt und damit die Basis für zahlreiche neue Entwicklungen für die Verwaltung großer Privatvermögen gesetzt hat.
Gestaltungsmöglichkeiten: Stifter kann sich Einfluss vorbehalten
Ausgangspunkt für die Rechtsform der Privatstiftung war, dass aus verschiedenen, meist steuerlichen Gründen im Laufe der Jahre immer mehr österreichisches Vermögen in ausländischen Stiftungen angesiedelt war, etwa Gesellschaftsanteile an wesentlichen österreichischen Industriekonzernen oder Handelsgruppen. Diese Entwicklung sollte unterbrochen werden und ein für in- und ausländische Stiftungen (mit österreichischen Stiftern) auch steuerlich geeignetes Umfeld geschaffen werden, um Eigentum an österreichischen Vermögenswerten auch langfristig im Inland halten zu können. Die dadurch ermöglichte Repatriierung formal ausländischer Vermögenswerte ins Inland war mit Steuerneutralität versehen.
Ziel dieses Gesetzes war, für Österreich eine neue Rechtsform zu schaffen, ohne Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte derjenigen, die diese Stiftung gründen – also der Stifter. Das bedeutet nicht, dass keinerlei Rechte und Möglichkeiten der weiteren Einflussnahme auf die Stiftung gegeben wären.
Das Vermögen wird zivilrechtlich von dem oder den Stiftern auf diese neue Rechtsperson „Privatstiftung“ übertragen und damit auch eine eigene neue Vermögenssphäre geschaffen. Es gibt jedoch eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten beziehungsweise ausdrücklichen Vorbehaltsrechten, mit deren Hilfe sich ein Stifter oder eine Stifterfamilie faktischen, teils auch rechtlichen Einfluss weiter sichern oder vorbehalten kann. Das wesentliche Recht von Stiftern ist, die Stiftungsurkunde anlässlich der Gründung zu gestalten, wodurch die wesentlichen Leitlinien vorgegeben werden, die Art, Umfang und Methodik der Rechte des Vorstandes sowie eines möglichen Beirates als Kontrollorgan betreffen.
So kann vorgesehen werden, dass Mitglieder von Organen (Vorstand, Beirat) durch Stifter nominiert oder bestellt, aber unter Umständen auch abberufen werden können. Auch kann die Stiftungsurkunde geändert und die Stiftung widerrufen werden, wenn sich die Stifter diese Rechte ausdrücklich vorbehalten.
Privatstiftungsmodell basiert auf der eigennützigen Familienstiftung
Eine österreichische Privatstiftung ist also eine privatrechtlich ausgestaltbare juristische Person ohne laufende (verwaltungsbehördliche oder sonstige) Aufsicht. Einzig der gesetzlich bindend vorgeschriebene Stiftungsprüfer, der die Stiftung jährlich zu prüfen hat, wird vom Firmenbuchgericht (Handelsgericht) bestellt. Auch hier liegt es am Stifterkreis, sich diesbezüglich Vorschlagsrechte für die Person oder Gesellschaft des Stiftungsprüfers vorzubehalten und damit gewissen Einfluss nehmen zu können.
Für deutsche Leser ist ein erklärender Hinweis unumgänglich: im Gegensatz zu Deutschland, wo es zwar mehr als 25.000 „beaufsichtigte“ gemeinnützige Stiftungen, aber nur eine weitaus geringere Anzahl „unternehmerischer“ eigennütziger Stiftungen gibt, basiert das Modell der österreichischen Privatstiftung auf der eigennützigen Familienstiftung, nicht auf dem einer (gemeinnützigen) Unterstützungsstiftung. Eine solche ist in Österreich zwar auch in der Rechtsform einer gemeinnützigen Privatstiftung möglich, aber eher die Ausnahme.
Die den zahlreichen deutschen gemeinnützigen Stiftungen wohl entsprechende Rechtsform ist die (zwingend gemeinnützige) Stiftung nach dem österreichischen Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz, das im Jahr 2015 umfassend reformiert wurde. Am System einer teils unter behördlicher Aufsicht stehenden Rechtsform (Bundes-Stiftung und Fonds) hat sich dabei aber nichts geändert.
Privatstiftung als „Steuersparmodell“ gebrandmarkt
In ertragsteuerlicher Hinsicht sind Privatstiftungen nach anfänglich zahlreichen Begünstigungen seit mehr als 10 Jahren völlig unprivilegiert und üblichen Kapitalgesellschaften gleichgestellt. Zuwendungen aus Privatstiftungen unterliegen einem endbesteuerten Satz von 27,5 Prozent, der ebenso bei der Auflösung oder dem Widerruf der Stiftung in Ansatz kommt. Darüber hinaus gibt es – als Relikt der in Österreich seit 2008 ausgesetzten Schenkungssteuer – eine sogenannte Stiftungseingangssteuer in Höhe von 2,5 Prozent auf das einer Stiftung zugewendete Vermögen, die eine nirgendwo abzugsfähige Belastung darstellt.
Leider ist dieser Umstand der kompletten Gleichstellung mit anderen steuerpflichtigen Rechtspersonen (AG, GmbH) vielfach noch immer unbekannt, weshalb in allgemeiner oder vor allem auch medialer und politischer Diskussion Stiftungen immer noch als „Steuersparmodell“ gebrandmarkt werden.
Ebenso führt der Umstand, dass Bilanzen österreichischen Privatstiftungen nicht zu veröffentlichen sind – Stiftungen setzen steuerlich das Privateigentum der Stifter, deren eigene Steuererklärungen ja auch privat bleiben, an den Vermögenswerten logisch fort –, dazu, dass Stiftungen „Geheimniskrämerei“ und „Verstecken von Vermögenswerten“ vorgeworfen wird – eine Verkennung der Rechtslage.
Trend: Abnehmende Anzahl an Privatstiftungen
Nach einem zwischenzeitigen Höchststand von rund 3.300 Privatstiftungen gibt es heute knapp 3.000 österreichische Privatstiftungen. Die Tendenz zeigt „netto“ seit etwa 10 Jahren ein leichtes Abnehmen der Anzahl an Stiftungen. Allgemeinen Schätzungen zufolge (in Österreich gibt es seit mehr als 30 Jahren keine Vermögensteuer mit dazugehörigem Datenmaterial) befinden sich Vermögenswerte von rund 60 bis 70 Milliarden Euro im Eigentum von Privatstiftungen, davon etwa 25 Prozent Immobilienbesitz, rund 15 Prozent bankmäßige Geld- oder Wertpapierveranlagungen zum Großteil aber, etwa 60 Prozent, unternehmerisches Vermögen. Stiftungen ist nur der Anteilsbesitz an gewerblichen oder industriellen tätigen Unternehmen, nicht aber die eigene gewerbliche Ausübung gestattet.
Eine Stiftung kann nicht sterben und ist daher generationenübergreifend ausgelegt. Übliche Stiftungszwecke sind daher oftmals der nachhaltige Zusammenhalt und die Verwaltung von (früher familiär gehaltenem) Anteilsbesitz an Unternehmen, Unternehmensbeteiligungen und Immobilienbesitz (Forstbesitz, Schlösser und Ländereien), aber auch von Familienvermögen sonstiger Art (Wertpapierbesitz, Kunst und Sammlungen). Die in der Praxis häufig gebrauchten Ausdrücke „Familienstiftung“ oder „Holdingstiftung“ spiegeln diesen Zweck wider.
Eigennützige Privatstiftungen mit Unternehmensbeteiligungen sind in den vergangenen drei Jahrzehnten somit zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor als Träger von Unternehmen geworden – rund 350.000 Arbeitsplätze gibt es in stiftungszugehörigen Unternehmen. Forschung und Entwicklung werden von Stiftungen maßgeblich gefördert. Immer öfter werden auch Mitarbeiterstiftungen errichtet, über die eine Belegschaft nachhaltig am Erfolg ihres Unternehmens beteiligt werden kann.
Die steuerliche Struktur der österreichischen Bundesabgabenordnung ermöglicht es einer juristischen Person nicht, teils gemeinnützig und teils eigennützig tätig zu sein. Trotzdem gibt es zahlreiche eigennützige Privatstiftungen, die neben dem eigentlichen Stiftungszweck kulturelle, soziale oder wissenschaftliche Zwecke unterstützen, etwa durch gezielte Ausschreibungen, Preise oder sonstige Förderungen.
Zu erwähnen sind aber auch die rein gemeinnützig ausgestalteten Trägerstiftungen zahlreicher weltberühmter Museen oder Kulturinstitutionen sowie große Sozial- und Spendenaktionen, deren rechtlicher Mantel gemeinnützige Privatstiftungen sind.
Optimierungspotenzial bei relativ junger Rechtsform
Die österreichische Privatstiftung darf als Erfolgsmodell gewertet werden, das in der kurzen Zeit von 30 Jahren einen prominenten Platz in Wirtschaft und Gesellschaft erlangt hat. Trotzdem – oder gerade deshalb – gilt es auch zu evaluieren, wo und wie diese noch immer junge Rechtsform verbessert werden kann.
Dabei stößt man auf nachstehende Punkte:
- Mitglieder der Stifterfamilie dürfen bisher weder in Vorstand noch (mehrheitlich) im Beirat einer Stiftung vertreten sein. Dies führt seit Langem zu diversen Gestaltungsversuchen, um wenigstens durch eine Hintertür einen „langen Arm“ der Stifter zu ermöglichen und sich bei der Geschäftsführung der Stiftung nicht ausschließlich in die Hände des (familienfremden) Vorstands begeben zu müssen. Hier ist eine Änderung überfällig.
- Das Verhältnis zwischen dem Vorstand als Exekutiv- und einem Beirat als Kontrollorgan sollte durch jeweils klare Aufgabenzuteilung beziehungsweise Befugnisse transparenter und friktionsfreier gemacht werden
- Das nur den Stiftern persönlich vorbehaltene Änderungsrecht der Stiftungsurkunden stirbt mit dem Ableben des letzten Stifters aus. Hier sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dies (mit Zustimmung des Gerichtes) auch später noch zu tun, wenn es die konkreten Umstände erfordern.
Damit könnte und sollte sichergestellt werden, dass eine Privatstiftung auch für nachkommende Generationen Gestaltungsspielraum bietet und nicht durch eine allenfalls zaghafte reine Verwaltungstätigkeit des Stiftungsvorstandes quasi für die Zukunft eingefroren wird. Dies wäre aufgrund der geschilderten Bedeutung von Privatstiftungen für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft auch im allgemeinen Interesse.
Alles in allem gilt: Die österreichische Privatstiftung ist eine gelungene Rechtsform, der man bei Gestaltung von Nachfolgeregelungen, beim generationenübergreifenden Zusammenhalt von Vermögenswerten und beim Vorhaben, als Haupt- oder Nebenzweck auch philanthropischen Aktivitäten zu setzen, unbedingt Beachtung schenken sollte.
Über den Autor:
Heinrich Weninger ist seit mehr als 40 Jahren als Wirtschaftsjurist im Bankenbereich tätig. Seit dessen Aufbau im Jahr 2006 leitet er das Kathrein Stiftungsoffice, eine auf die Belange österreichischer Privatstiftungen spezialisierte Beratungsabteilung der Kathrein Privatbank in Wien. Weninger ist Vizepräsident des Österreichischen Stiftungsverbandes.