Nach dem Einbruch während der Corona-Pandemie kannten die Umsatzzahlen im globalen Luxusmarkt zuletzt nur den Weg nach oben. 2022 wurde mit Umsätzen von 345 Milliarden Euro und einem Wachstum von 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein Rekordergebnis erzielt laut der Boston Consultig Group. Diese Umsätze könnten bis 2030 nochmal auf 570 Milliarden Euro steigen, schätzt die Unternehmensberatung.
Solche Prognosen dürfte die Branche jedoch nur erfüllen, wenn Luxusunternehmen Markttrends und Herausforderungen erkennen und in ihrer Strategie berücksichtigen. Neben Handelskonflikten, dem Einsatz künstlicher Intelligenz im Produktdesign und Vertrieb sticht bei den Trends besonders die junge Generation heraus: Jüngere Käufer – die Millennials oder Generation Z – drängen auf den Markt und zeigen ein verändertes Konsumverhalten. Dabei achten besonders die jungen Konsumenten – 70 Prozent der Millennials und Gen Z – beim Kauf auf die Nachhaltigkeit der Produkte. Passend dazu stellen neue Angebote wie Second-Hand- oder Mietoptionen einen attraktiven Einstieg in die Luxuswelt dar – speziell für junge Konsumenten.
Luxusunternehmen im ESG-Check
Besonders im Fashion-Bereich profitieren Unternehmen außerdem von der inhärenten Nachhaltigkeitskomponente von Luxusgütern. Denn empirische Daten zeigen, dass High-End-Güter deshalb nachhaltiger sein können, weil Konsumenten diese länger behalten und umwelt- freundlicher entsorgen – oder weil durch den Second Hand-Markt ihr Lebenszyklus nochmal deutlich verlängert wird. Doch trotz nachweislich längerer Nutzungsdauer sind nicht alle Luxusgüter pauschal nachhaltig.
Neben einem hohen CO2-Fußabruck, besonders entlang der Wertschöpfungskette (Scope 3), ist die Luxusbranche zahlreichen ESG-Risiken ausgesetzt. Luxusunternehmen verarbeiten beispielsweise Materialien wie Baumwolle oder Leder. Deren Herstellung kann jedoch durch Abholzung, Wasser- und Pestizideinsatz oder dem Einsatz von Chemikalien schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt und Biodiversität haben. Hier können Strafzahlungen oder der Verlust von Betriebsgenehmigungen drohen.
Im Bereich Soziales und Governance hingegen spielen Personalmanagement speziell im Bereich der Niedriglohnarbeiter aus Entwicklungsländern sowie Lieferkettenstandards eine wichtige Rolle. Hier droht neben möglichen operationalen Störungen und Produktivitätseinbußen besonders der Reputationsverlust im Falle von Kontroversen wie schlechten Arbeitsbedingungen in den Zulieferbetrieben.
Hermès, Kering, Burberry und Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH) sind Top
Umso wichtiger ist es folglich, die ESG-Champions innerhalb der Branche zu identifizieren. Vier Unternehmen sind führend im Management von ESG-Risiken: Hermès, Kering, Burberry und Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH). Sie werden von MSCI ESG Research durchweg mit Bestnoten bewertet. Kering, LVMH und Burberry haben sich zudem der TNFD (Taskforce on Naturerelated Financial Disclosures) angeschlossen. Das Ziel dieser Initiative ist es, dass Unternehmen innerhalb eines Offenlegungsrahmens über naturbezogene Risiken berichten und entsprechend handeln.
Kering, bekannt für seine Modemarken wie Gucci oder Yves Saint Laurent, ist eines von wenigen Unternehmen, die ihren CO2-Fußabdruck der eingesetzten Rohstoffe entlang der Lieferkette erfassen. Besonders die Rohstoffgewinnung aus der Land- und Forstwirtschaft ist dabei kohlenstoffintensiv. Darum verwendet Kering bereits zu 72 Prozent Bio- oder recycelte Baumwolle. Darüber hinaus wurde begonnen, in alternative Materialien zu investieren, die weniger ressourcenintensiv und umweltschädlich sind, beispielsweise in im Labor gezüchtetes Leder.
Einen etwas anderen Schwerpunkt beim Management von Nachhaltigkeitsrisiken verfolgt LVMH. Das Unternehmen umfasst mehrere Marken wie Louis Vuitton, Dior oder Tiffany und setzt sich besonders für die Chemikaliensicherheit in Produkten ein. So wurde sich dazu verpflichtet, alle gefährlichen Stoffe aus der Lieferkette zu eliminieren, die auf einer Liste verbotener Stoffe zusammengefasst sind (Restricted Substances List, RSL). Das Unternehmen verlangt von Lieferanten, sich an diese Liste zu halten.
Außerdem hat LVMH das dezidierte Ziel, die ZDHC-Leitlinien (Zero Discharge of Hazardous Chemicals) zu implementieren. Dabei handelt es sich um eine Initiative, die sich dafür einsetzt, dass in der Wertschöpfungskette von Textilien, Leder und Schuhen keine gefährlichen Chemikalien mehr freigesetzt werden, um so die Schäden für Mensch und Umwelt zu verringern.
Sektorausblick von Marco Scherer, verantwortlich für die europäische Wachstumsstrategie:
Die Attraktivität des Luxussektors für Investoren ergibt sich vor allem durch seine Beständigkeit. Im Vergleich zu anderen zyklischen Konsumwerten schwanken Umsätze, Gewinne und Margen weniger stark über die Konjunkturphasen hinweg. Die Preissetzungsmacht in dieser Kategorie ist einzigartig. Inflationär steigende Betriebs- und Herstellungskosten können ohne spürbare Auswirkungen auf die Nachfrage an den Endkunden weiter gereicht werden. All dies rechtfertigt zumindest teilweise die meist höhere Bewertung.
Wie in allen Sektoren lohnt sich jedoch der genaue Blick unter die Haube, die richtige Einzeltitelauswahl ist erfolgsentscheidend. Der Performanceunterschied zwischen den einzelnen Luxusaktien ist im Mehrjahresvergleich signifikant, ein gutes Beispiel hierfür sind LVMH und Kering. Beide haben ein breit aufgestelltes Portfolio mit bekannten und begehrten Luxusmarken.
LVMH hat über die Jahre hinweg sein Markenportfolio durch gut ausgewählte Übernahmen erweitert. Kering wiederum hatte mitunter Schwierigkeiten, seine Marken richtig zu positionieren und die über alles entscheidende Begehrlichkeit („Brand Heat“) beim Kunden zu wecken. Über den Performanceunterschied von etwa 100 Prozent in drei Jahren zugunsten von LVMH kann auch das bessere ESG-Rating von Kering nicht hinwegtrösten.
Fazit
Der wachsende Markt der Luxusgüter ist gleich mehreren Nachhaltigkeitstrends ausgesetzt, zum Beispiel veränderten Konsumpräferenzen junger Konsumenten. Um ESG-Risiken bezüglich der nötigen Rohstoffe oder dem Personalmanagement zu berücksichtigen, befassen sich ESG-Champions wie Kering, LVMH, Hermès und Burberry mit alternativen Materialien für ihre Produkte oder Chemikaliensicherheit.
Dadurch kann es der Branche gelingen, im Unternehmen und bei den Produkten noch nachhaltiger zu werden. Der Blick auf den Sektor durch unser Portfoliomanagement zeigt, dass die Beurteilung der einzelnen Geschäftsmodelle und somit die Einzeltitelauswahl für die Wertentwicklung der Unternehmen entscheidend sein kann. Wir sind überzeugt, dass das Luxussegment durch seine Innovationskraft, beispielsweise im Bereich alternativer Rohstoffe, dazu beitragen kann, ganze Sektoren in ihrer Transformation zu unterstützen.
Über die Autoren
Daniel Sailer ist seit 2019 bei Metzler Asset Management tätig und ist verantwortlich für die Führung des Sustainable Investment Office. In dieser Funktion entwickelt er die ganzheitliche ESG-Strategie von Metzler Asset Management weiter und koordiniert die Implementierung. Vor seinem Wechsel zu Metzler arbeitete Sailer beim US-amerikanischen Finanzdienstleister MSCI in Frankfurt.
Marco Scherer ist seit 2019 als Portfoliomanager bei Metzler Asset Management tätig. Vor diese Zeit war er unter anderem in gleicher Position für knapp elf Jahre bei der DWS.
Wirtschaftsstudent Nathanael Illies hat im Rahmen eines Praktikums an dem Beitrag mitgewirkt.