Bernd Franken, Nordrheinische Ärzteversorgung Nachhaltigkeit bedeutet für mich …

Bernd Franken ist seit 2014 Geschäftsführer für Kapitalanlagen der Nordrheinischen Ärzteversorgung (NÄV), Einrichtung der Ärztekammer Nordrhein, Körperschaft des öffentlichen Rechts, in Düsseldorf. Das verwaltete Anlagevermögen dieses Versorgungswerks hat ein Volumen von gut 15,7 Milliarden Euro.

Bernd Franken von der Nordrheinischen Ärzteversorgung: „Die NÄV hat – im Rahmen der Möglichkeiten bei Multi-Anleger-Fonds – die Bitte und Erwartung geäußert, dass sich die Fonds Vergleichsreportings nach dem Gresb-Standard unterziehen.“ Foto: NÄV

… eine Wanderung als Gruppe. Man kommt nur schrittweise voran, aber man muss diese Schritte auch gehen, um zu erkennen, wie sich dadurch das Umfeld langsam verändert und somit neue (Erkenntnis-)Blicke ermöglicht. Hinzu kommt, dass sich die Wandergruppe ständig ändert und jeder eine ganz individuelle Vorstellung über Ziel und Tempo der Wanderung hat. Hier gilt es, immer wieder anzuhalten und sich über den „richtigen Weg“ zu vergewissern. Versorgungswerke werden von gewählten ehrenamtlichen Vertretern gesteuert. Für die institutionelle Kapitalanlage entsteht die Herausforderung, über Zeit mit wechselnden Personen eine stringente und sich nicht erratisch ändernde Nachhaltigkeitsstrategie zu vereinbaren.

Durch die Klimadebatte wird nachhaltiges Investieren immer stärker eingefordert. Die Nordrheinische Ärzteversorgung (NÄV) hat aber bewusst den Fokus weiter gesteckt als auf reine Klimaaspekte. Auch der Wandel in allgemeiner Infrastruktur beziehungsweise die Energiewende und -transformation bedürfen erheblicher Investitionen, für die Versorgungswerke langfristig finanzielle Mittel bereitstellen können.

Detaildiskussionen und MSCI

Die Gremien der NÄV haben 2015 in ihren Kapitalanlagerichtlinien die Nachhaltigkeit als viertes Ziel den klassischen Zielen Sicherheit, Rentabilität und Liquidität gleichgestellt. In der Folgezeit wurde und wird das Thema regelmäßig erörtert und für einzelne Anlageformen spezifisch umgesetzt. Hierbei wurde aber bisher darauf geachtet, dass die Nachhaltigkeit möglichst umfassend und breit gefächert in allen drei Dimensionen E, S und G berücksichtigt wird.

Einige Beispiele, die auch die vielen Entwicklungsschritte dokumentieren sollen: Für liquide Aktien und Unternehmensanleihen existieren einige wenige Ausschlusskriterien (2018: geächtete Waffen, Streumunition). Darüber hinaus wurden alle Manager aufgefordert, die Einhaltung der UN Global Compact für ihren Auswahlprozess zu garantieren. 2020 hat die NÄV dann die Lizenz für ein Reporting-Tool erworben, das über die Verwahrstelle alle Einzeltitel einem einheitlichen Scoring unterzieht.

 

Danach wurde in den Anlageausschusssitzungen durchaus intensiv über einzelne schlechte Scores diskutiert. Diese Detaildiskussionen haben die Themen sehr viel greifbarer und konkreter gemacht, aber gleichzeitig auch ein neues Problem aufgezeigt. Bei Aktienmanagern hat sich MSCI als Datenlieferant quasi durchgesetzt, wobei unsere Scores öfters deutlich davon abwichen und Diskussionen über Gewichtung und den Nachlauf vergangener „Sünden“ hervorbrachten. Seit 2022 nutzt die NÄV nun auch MSCI für die internen Scores, und die Diskussionen sind nochmals zielgerichteter. Aktuell überlegen wir, ob und wie wir uns von der Vorgabe der UN Global Compact auf die 17 SDG-Ziele weiter entwickeln können.

Gebäudebestand klimaneutral entwickeln

Im Immobilien-Direktbestand, der ausschließlich aus Wohn- und Büroimmobilien in Deutschland besteht, haben alle Neubauten ab 2015 eines der beiden höchsten DGNB-Siegel erreicht. 2017 wurden alle Strom- und gegebenenfalls Gasverträge vereinheitlicht und auf jeweils einen Anbieter gebündelt. Neben der dadurch realisierten deutlichen Kosteneinsparung, die in der Regel an die Mieter weitergegeben wird, konnten nunmehr ausschließlich „Ökostrom“ sowie CO2-neutrales Gas (Erwerb von Ausgleichszertifikaten) garantiert werden. 2022 wurden alle Gebäude nach den Möglichkeiten zur E-Mobilität priorisiert, und es läuft eine Vielzahl von Projekten zusammen mit Mietern oder externen Anbietern für Fotovoltaik, Ladesäulen oder shared vehicles.

Im laufenden Jahr wurden insgesamt drei Berater engagiert, die innerhalb von 18 Monaten für jedes Gebäude einen Pfad zur Klimaneutralität entwickeln und die dafür notwendigen Schritte und Kosten schätzen sollen. Im indirekten Immobilienbereich arbeitet die NÄV mit über 20 Managern zusammen. Die NÄV hat – im Rahmen der Möglichkeiten bei Multi-Anleger-Fonds – die Bitte und Erwartung geäußert, dass sich die Fonds Vergleichsreportings nach dem Gresb-Standard unterziehen. Dies ist maximal ein Einstieg auf dem Weg zur Klimaneutralität, zeigt aber frühzeitig „gefährdete“ Assets.

Die NÄV ist sehr stark über Private Markets investiert. Der begrenzte Einfluss eines Limited Partners steht einer Branche gegenüber, die sich aktuell sehr intensiv den Umsetzungsfragen von ESG widmet. Um auch hier in die Detaildiskussion über tatsächlich Erreichtes zu kommen, haben wir in den Assetklassen Private Equity und Private Debt immer wieder gezielt einzelne Impact-Fonds gezeichnet. Im Infrastrukturbereich wurden Themenfonds wie „Power to X“ oder „Energy Transition“ ausgewählt. Dies kann aktuell nur exemplarisch erfolgen, die gewonnenen Erkenntnisse beeinflussen aber sowohl unser weiteres Investitionsverhalten als auch – schon erkennbar – die ganze Branche.

Über den Autor:

Bernd Franken ist seit 2014 Geschäftsführer für Kapitalanlagen der Nordrheinischen Ärzteversorgung (NÄV), Einrichtung der Ärztekammer Nordrhein, Körperschaft des öffentlichen Rechts, in Düsseldorf. Das verwaltete Anlagevermögen dieses Versorgungswerks hat ein Volumen von gut 15,7 Milliarden Euro.

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