Mindeststeuer gefordert Think Tank attestiert Milliardären unterdurchschnittliche Steuerbelastung

Eine Europa-Flagge weht vor dem Europäischen Parlament in Brüssel

Eine Europa-Flagge weht vor dem Europäischen Parlament in Brüssel: Ein von der EU finanzierter Think Tank schläge eine globale Mindeststeuer für Milliardäre vor. Foto: Imago Images / Björn Trotzki

Zahlen Hochvermögende effektiv weniger Steuern als normale Arbeitnehmer? Diese These stellt das EU Tax Observatory auf, das eine Untersuchung zu Steuermodellen in einem Report veröffentlicht hat. So liegen die persönlichen effektiven Steuersätze der Milliardäre laut des Reports zwischen 0 und 0,5 Prozent ihres Vermögens, wobei zu diesen Steuern alle individuellen Einkommenssteuern und Vermögenssteuern aggregiert werden. Als Anteil des Einkommens ausgedrückt und unter Berücksichtigung aller auf allen Regierungsebenen über die persönlichen Steuern hinaus gezahlten Steuern – wie Unternehmenssteuern, Verbrauchssteuern, Lohnsteuern – scheinen die effektiven Steuersätze von Milliardären deutlich niedriger zu sein als die aller anderen Gruppen der Bevölkerung. Untersucht wurde die These anhand der Beispielländer USA, Frankreich und Niederlande.

Dass Hochvermögende eine verhältnismäßig geringe Steuerbelastung aufweisen, erklären die Autoren der Auswertung mit Holding-Gesellschaften, die von Eigentümern von börsennotierten und Dividenden ausschüttenden Unternehmen genutzt werden könnten.  Durch diese Holding-Strukturen könnten die Hochvermögenden dann die Zahlung von Steuern auf die genannten Dividenden vermeiden oder verringern. Gleichwohl seien solche Modelle nicht allen Ländern verbreitet – in den USA ist der Effekt der geringen Steuerbelastung bei höherem Vermögen deswegen auch nicht so ausgeprägt wie in den Niederlanden oder Frankreich.

Erklärung der Autoren: Diese Abbildung zeigt Schätzungen der effektiven Steuersätze nach Einkommensgruppen vor Steuern und für Milliardäre in Frankreich, den Niederlanden und den Vereinigten Staaten. Diese Schätzungen umfassen alle auf allen staatlichen Ebenen gezahlten Steuern und werden in Prozent des Einkommens vor Steuern ausgedrückt. P0-10 bezeichnet die 10 Prozent der Erwachsenen am unteren Ende der Einkommensverteilung vor Steuern, P10-20 das nächste Dezil und so weiter. Das Einkommen vor Steuern umfasst das gesamte Volkseinkommen (gemessen nach den Standarddefinitionen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung) vor staatlichen Steuern und Transfers und nach dem Betrieb des Rentensystems. Das Volkseinkommen enthält keine nicht realisierten Kapital Kapitalgewinne aus, beinhaltet aber die einbehaltenen Gewinne der Unternehmen.

In dem Report weisen die Autoren zusätzlich darauf hin, dass durch den automatischen Austausch von Bankinformationen die Offshore-Steuervermeidung deutlich zurückgegangen sei, trotzdem gebe es immer noch Einschränkungen beim Datenaustausch und Vermögen wie Vermögen, die nicht durch die Systeme erfasst werden. Gleichzeitig würden Gewinne von multinationalen Unternehmen weiterhin in Steueroasen verschoben werden, auch die 2021 eigentlich von über 140 Ländern beschlossene Mindestbesteuerung von 15 Prozent greife durch Steuerlücken nicht recht. Stattdessen entstehe zwischen den Ländern und Regierungen eine neue Form von Steuerwettbewerb.

Der Think Tank schlägt vor, eine globale Mindeststeuer von 2 Prozent auf das Vermögen von Milliardären zu erheben. Betroffen seien dann nur 3.000 Personen, gleichzeitig würde die Besteuerung auf Basis der Zahlen aus 2023 einen Betrag von fast 250 Milliarden US-Dollar einbringen.

Erklärung der Autoren: Die Tabelle enthält Schätzungen zum Einnahmepotenzial einer Mindeststeuer für Milliardäre in Höhe von 2 Prozent ihres Vermögens. Die Mindeststeuer errechnet sich aus 2 Prozent ihres Vermögens abzüglich der von ihnen bereits gezahlten persönlichen Steuern (Einkommenssteuer und ggf. Vermögenssteuer). Das Vermögen der 499 europäischen Milliardäre wird beispielsweise auf 2.418 Milliarden Dollar geschätzt. Eine reine Vermögenssteuer von 2 Prozent würde 2 Prozent von 2.418 Milliarden Dollar einbringen, was 48,4 Milliarden Dollar entspricht. Nach Abzug der persönlichen Steuern, die sie derzeit zahlen (schätzungsweise 6,0 Milliarden Dollar), belaufen sich die Einnahmen aus der Mindestvermögenssteuer von 2 Prozent auf 42,3 Milliarden Dollar für europäische Milliardäre. Quelle: Berechnungen der EU-Steuerbeobachtungsstelle. Das Vermögen der Milliardäre stammt aus dem World Inequality Report 2022, Tabelle 7.3. Die Studienautoren gehen davon aus, dass das Vermögen der Milliardäre im Jahr 2023 dem Vermögen der Milliardäre im Jahr 2021 entspricht, daher sollten die Einnahmenschätzungen als konservativ angesehen werden.

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