Die Europäische Union muss auf dem Weg zu einer Banken- und Kapitalmarktunion wohl noch einige Hürden nehmen: Wie eine Auswertung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Esma) zeigt, sind bisher nur ein Bruchteil der europäischen Banken und Wertpapierfirmen grenzübergreifend tätig. Nur 380 Firmen arbeiteten über mehrere Länder hinweg, 41 Prozent von ihnen waren Banken und 59 Prozent Wertpapierfirmen. Die Esma selbst führt in ihrem Register aber über 3.500 aktive Wertpapierfirmen mit einem Hauptsitz in Europa auf.
Ausländische Anbieter haben 3 Möglichkeiten für Geschäfte in Deutschland
Insgesamt schätzt die Esma die Zahl der Kunden, die im Jahr 2022 Finanzdienstleistungen von Firmen aus dem Ausland erhalten haben, auf 7,6 Millionen. Zypern ist dabei das Land, in denen die meisten Firmen mit grenzüberschreitendem Geschäft ihren Sitz haben. Etwa 23 Prozent kommen von der Mittelmeerinsel, Luxemburg folgt mit 16 und Deutschland mit immerhin 12 Prozent. Durchschnittlich haben die Banken und Wertpapierfirmen etwa 19.000 Kunden aus dem Ausland.
Um in Deutschland tätig sein zu können, nutzen auch einige ausländische Anbieter für Private Banking und Wealth Management die Möglichkeit für grenzübergreifende Geschäfte. Dafür müssen sie diese bei der Bafin anzeigen – sie fungiert dann als sogenannte National Competent Authority (NCA). So nutzen etwa die Zürcher Kantonalbank Österreich oder die Oberbank dieses Modell. Auf der anderen Seite ist es den Instituten auch möglich, eine Zweigniederlassung in Deutschland zu gründen – auch auf diese Art und Weise ist etwa die Oberbank im deutschen Private Banking aktiv.
Sowohl die Zweigniederlassungen als auch die Institute, die in Deutschland per grenzüberschreitender Geschäfte aktiv sind, führt die Bafin in ihrer Unternehmensdatenbank auf. Die dritte Möglichkeit für Geschäft in Deutschland ist eine eigene Tochter – wie sie etwa die UBS mit der UBS Europe SE oder die St. Galler Kantonalbank mit der St. Galler Kantonalbank Deutschland AG hierzulande gegründet haben.
Deutschland für ausländische Wertpapierinstitute besonders attraktiv
Dass Institute aus Nachbarländern wie Österreich in Deutschland aktiv sind, ergibt auch laut der Esma-Auswertung durchaus Sinn. Gemessen an der Zahl der Anleger ist Deutschland sogar das wichtigste Zielland für Wertpapierinstitute, die grenzüberschreitende Dienstleistungen in anderen Staaten anbieten wollen. Deutschland ist nach Zypern zudem das Land, aus dem am meisten Kunden grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen: Hiesige Firmen bedienen knapp über 2 Millionen Kunden aus dem Ausland, zypriotische Firmen sind für mehr als 2,5 Millionen Kunden tätig. Es folgen Schweden, Österreich und Irland.
„Die Zunahme der grenzüberschreitenden Erbringung von Finanzdienstleistungen ist für Verbraucher und Unternehmen von Vorteil, da sie den Wettbewerb fördert und das Angebot für Verbraucher und den Markt für Unternehmen erweitert“, kommentiert die Behörde die Ergebnisse. Allerdings brauche es dafür die Bemühungen der nationalen Aufsichtsbehörden, um die grenzüberschreitenden Tätigkeiten zu beobachten und mögliche Probleme zu lösen.
Für die Auswertung hat die Esma in 29 Ländern Daten gesammelt und analysiert. Die Daten sollen der Esma und den nationalen Aufsichtsbehörden ermöglichen, den Markt für Kleinanleger zu beleuchten, für die Kreditinstitute und Wertpapierfirmen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten Wertpapierdienstleistungen anbieten.