Karriererückblick Achim Küssner von Schroders: „Kaum jemand wusste damals, was ein Fonds ist“

Headphones
Artikel hören
Karriererückblick
Achim Küssner von Schroders: „Kaum jemand wusste damals, was ein Fonds ist“
Die Audioversion dieses Artikels wurde künstlich erzeugt.
Achim Küssner, Deutschlandchef von Schroders

Achim Küssner, Deutschlandchef von Schroders: „Die Asset Management Branche wird weiterwachsen, was man nicht von jeder Industrie behaupten kann. Und nach meiner Einschätzung wird sich die Fondsindustrie massiv verändern.“ Foto: Schroders

Es war 1994, als ich mir, mit dem Diplom in Volkswirtschaft der Universität Heidelberg in der Hand, Gedanken um meine berufliche Zukunft machen musste. Die Finanzindustrie sollte es sein, fast schon ein Schicksal aufgrund meiner Banklehre vor dem Studium. Als Diplom-Volkswirt wollte ich mich jedoch definitiv um VWL-Themen kümmern, da mir statt Bilanzen die aggregierten Märkte und somit das „große Ganze“ am Herzen lag. So fiel die Wahl auf das Asset Management, und ich trat meinen Job bei Flemings an, der Asset-Management-Tochter der Investmentbank Robert Fleming, die heute zu JP Morgan gehört.

Die Asset-Management-Branche war in den Kinderschuhen

Kaum jemand wusste damals, was ein Fonds ist. Ganz wenige „Player“ waren am Markt, darunter ganz wenige ausländische Asset Manager, wie etwa Fidelity und Franklin Templeton. Viele inländische Fondsgesellschaften sind heute gar nicht mehr am Markt oder sie sind in anderen aufgegangen, beispielsweise die ADIG und der DIT.

Schnell musste man sich an Krisen gewöhnen, und zwar schneller und heftiger, als sich junge Leute in der Branche das vorstellen können. Ab Mitte der 1990er ging es Schlag auf Schlag: Asienkrise ausgelöst durch den Thai Baht, Rubelkrise, LTCM Krise; der Nikkei ist von 40.000 Punkten abgestürzt, irgendwann platzte die Dotcom-Blase – betroffen waren auch die Deutschen und ihre Telekom-Aktie – und zu guter Letzt kam noch 9/11 mit den Anschlägen auf das World Trade Center New York. Und das alles innerhalb von fünf Jahren. Trotzdem habe ich nach drei Jahren im Job die Herausforderung angenommen, das Asset Management bei Merrill Lynch aufzubauen.

 

 

 

Die Anleger waren während dieser Zeit verunsichert und die Börse wurde als Teufelszeug verschrien. Die regulierte Fondsindustrie wurde in einen Topf geworfen mit Hedgefonds und Private Equity, da selbst die Politik keine tiefgreifenden Kenntnisse hatte. Währenddessen waren auch mannigfache Umwälzungen in unserer Branche beziehungsweise Erneuerungen im Gange: So kamen die Direktbanken auf und man ging die ersten Schritte der Digitalisierung – obwohl das damals niemand so genannt hat. IFA-Pools und Fondsplattformen schossen aus dem Boden, wobei einige wieder verschwunden, aufgekauft oder fusioniert sind.

Die KAG-Novelle  – bevor sie zur KVG wurde – brachte die Möglichkeiten von Dachfonds, Hedgefonds beziehungsweise Hedge Funds of Funds (HFoF). Eine richtige Branchenkultur entwickelte sich, mit Messen und Branchenzeitschriften. Nun brauchte man keine eigene KAG/KVG mehr, um institutionelles Geschäft beziehungsweise Mandate zu gewinnen: Das war die Geburtsstunde der Master-KAG/KVG, wenn auch erst noch ohne Immobilien. Asset Management wurde langsam ernst genommen. Die Sales-, Produkt- und Marketinganforderungen wurden spezifischer und anspruchsvoller. Der CFA-Abschluss kam in Mode.

Aus den Kinderschuhen kam man in die Pubertät

Die Dynamik nahm ihren Lauf und plötzlich gab es in Europa einen ETF. Was ist das denn? Wie soll das denn funktionieren? Die Idee wurde belächelt und die weitere Entwicklung kennen wir ja. Man kannte ja nur die Preisfeststellung einmal am Tag. Neben passiven Anlageprodukten wurden zudem noch Zertifikate massiv in den Markt geschoben, und in friedlicher Co-Existenz konnten wir gleich noch Fonds in Zertifikate verpacken und mit Garantie absichern oder mit einem Hebel versehen.

Die Banken öffneten sich dem Drittfondsvertrieb mit Open/Guided Architecture und plötzlich gab es einen sehr beschäftigten Banken-Regionalvertrieb mit unzähligen Kundenveranstaltungen. Mifid II gab es nicht und die Logen der Asset Manager in den Fußballstadien waren jedes Wochenende mit Kunden gut gefüllt.

 

 

Wir haben jeden Tag mit viel Spaß und Enthusiasmus genossen, waren die Vorreiter beim Themenfonds und haben den flexiblen „Alleskönner“-Fonds etabliert, bevor der Name Multi-Asset überhaupt geboren wurde. Alles deutete darauf hin, dass nichts und niemand das Wachstum dieser Branche aufhalten kann.

Und dann kam Lehman…

In London sagte mein Chef Richard zu mir: „Achim, nichts wird mehr so wie es war in unserer Branche.“ Nach zehn Jahren im vorherigen Job gerade zu Schroders gewechselt und schon viele Krisen überlebt, antwortete ich etwas naiv: „Das ist nur eine weitere Krise, das wird sich auch wieder glattziehen“. Dabei kam alles anders. Mit gewaltiger Dynamik fegte es in die ganze Finanzbranche rein und die aufkommende Regulatorik – Mifid II, Priips, KIIDs und weitere – veränderte das Geschäft und die Landschaft.