Disruptives Potenzial Virginie Maisonneuve von AGI: „So real ist das Metaversum für Anleger“

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Disruptives Potenzial
Virginie Maisonneuve von AGI: „So real ist das Metaversum für Anleger“
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Virginie Maisonneuve von Allianz Global Investors

Virginie Maisonneuve von Allianz Global Investors: „Es kommt darauf an, branchenübergreifend danach zu trachten, die Gewinner des Metaversums zu identifizieren.“ Foto: Allianz Global Investors

Das Metaversum – vielen ist dieser Begriff erst durch die Umbenennung des Facebook-Mutterkonzerns in Meta vor gut einem Jahr präsent geworden. Zumindest hatte diese Aktion seinerzeit laut Google Trends-Analyse einen enormen Anstieg der Suchnachfragen nach dem Begriff „Metaverse“ zur Folge. Aus heutiger Sicht mag das Metaversum zwar noch einigermaßen futuristisch wirken, aber mittlerweile bieten namhafte Bands ihren Fans dort Konzerte an und weltweit investieren die großen Tech-Konzerne Milliardensummen in die Forschung und den Aufbau von Komponenten. Daher stellt sich – nicht nur, aber auch – für Anleger die Frage: Wie real ist das Metaversum?

Um diese Frage zu beantworten, ist zunächst zu klären, was das Metaversum eigentlich ist. Dieser Begriff ist noch so neu, dass es keine allgemein anerkannte Definition gibt. Oftmals wird er für digitale Welten oder virtuelle Räume verwendet, die durch Virtual oder Augmented Reality geschaffen wurden. Etwa so wie im Film „Ready Player One“ von Steven Spielberg. Diese Definition ist jedoch zu eng, sie erfasst das disruptive und transformative Potenzial des Phänomens nur unzureichend. Vielmehr zielt das Metaversum auf eine nahtlose Integration von physischer und digitaler Welt ab. Dort kann man friktionslos von einem – virtuellen oder realen – Raum in einen anderen übergehen, Fachlaute sprechen von Interoperabilität, der Fähigkeit zum Zusammenspiel verschiedener Systeme, Techniken oder Organisationen. Unsere digitale Identität soll dadurch genauso wertvoll wie unsere physische sein oder werden.

 

 

 

Metaversum und Web 3.0 – eine auf Blockchains basierende Version des Internets, die eine intensivere Vernetzung ermöglicht – sind dabei zwei Seiten derselben Medaille. Sie befördern sich gegenseitig und durch ihre Kombination werden wesentliche Charakterzüge eines kommenden Metaversums möglich:

  • leichtere Interaktionen zwischen digitaler und physischer Welt, denn durch eine öffentliche Registrierung in der Blockchain können digitale Vermögenswerte wie Non Fungible Tokens (NFTs) und Kryptowährungen in der physischen Welt und physische Vermögenswerte wie Immobilien oder Statussymbole in der digitalen Welt genutzt werden
  • massive Skaleneffekte bei der Nutzung, sodass tausende Nutzer gleichzeitig miteinander interagieren können
  • ein stärkeres Empfinden von Präsenz beziehungsweise Immersion im digitalen Raum verglichen mit den bislang eher begrenzten Interaktionsmöglichkeiten im Web 2.0
  • neue Geschäftsmodelle, in denen Nutzer beziehungsweise Schöpfer nicht das Produkt sind, sondern über Eigentumsrechte verfügen.

Dementsprechend halten wir das Metaversum für einen immer wichtiger werdenden Teil des Megatrends „Technologie & Digitalisierung“. Es wird zu grundlegenden Umwälzungen in der Gesellschaft führen und hat das Potenzial zu einer breiteren gesellschaftlichen Disruption als bislang gesehen. Umwälzungen dürften nämlich nicht allein auf den Technologiesektor und virtuelle Realität beschränkt bleiben. Da das „reale Leben“ und digitale Welten im Metaversum immer nahtloser interagieren, wird es auch in Branchen Einzug halten und Lebensbereiche erfassen, die traditionell nicht digitalisiert sind. Insgesamt kann die digitale Beschleunigung der vergangenen 30 Jahre mit dem Metaversum ihren Kulminationspunkt erreichen.

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Längerfristig dürfte das Metaversum vom Tech-Sektor mehr und mehr auch auf andere, bisher nicht digitale Sektoren übergreifen

Viele der genannten Veränderungen des Metaversums sind in Vorläuferversionen bereits erkennbar: Weltweit investieren die Technologiegiganten enorme Summen in den Aufbau des Metaversums, die Nutzung von NFTs und Kryptowährungen nimmt rasch zu, Videokonferenzen sind alltäglich geworden, und mit AR-Filtern sehen wir alle online besser aus. Und das sind nur die Anfänge der Anlagechancen, die sich aus der neuen digitalen Transformationswelle ergeben. Prognosen zufolge könnte der Unternehmensumsatz im Metaversum bis 2040 auf 25 bis 30 Billionen US-Dollar ansteigen und sich damit im Vergleich zum heutigen Internet vervierfachen.

Hieraus ergeben sich spannende Möglichkeiten für die Anleger – schon heute. So können sie in Unternehmen investieren, die die Infrastruktur für das Web 3.0 errichten, die Applikationen zur Nutzung dieser Infrastruktur entwickeln und welche die digitalen Welten entwerfen, die sich aus interoperablen Applikationen ergeben. Auf diese drei Bereiche konzentriert sich auch der Aktienfonds Allianz Metaverse, den wir jüngst aufgelegt haben.

Längerfristig dürfte das Metaversum vom Tech-Sektor mehr und mehr auch auf andere, bisher nicht digitale Sektoren übergreifen – den Immobilien-, Finanz- und Gesundheitssektor ebenso wie Industrie und Landwirtschaft. Daher kommt es darauf an, im Laufe der Zeit branchenübergreifend danach zu trachten, in diesem Umfeld die Gewinner zu identifizieren. Asset Manager mit einem Research-getriebenen, aktiven Investmentansatz und gezielter Einzeltitelauswahl sind hierfür in besonderem Maße geeignet.

Als Fazit, und um damit zur Eingangsfrage zurückzukommen: Ist das Metaversum real? Unseres Erachtens, ja. Die Trennlinie zwischen realem und digitalem Leben verwischt zunehmend, und das Metaversum ist kein Utopia. Es ist buchstäblich näher als man denken mag – und das gilt auch für damit verbundene Investmentmöglichkeiten.

Über die Interviewte:
Virginie Maisonneuve
 ist seit Juni 2021 Global CIO Equity bei AllianzGI. In dieser Funktion leitet sie die Entwicklung des Aktienbereichs. Sie ist Mitglied des Investment Executive Committee und der International Management Group von AllianzGI. Maisonneuve blickt auf eine mehr als 30-jährige Investmentkarriere zurück. Vor ihrem Wechsel zu AGI hatte sie Portfoliomanagement- und CIO-Positionen bei Unternehmen wie Eastspring, Pimco, Schroders, Clay Finlay, Batterymarch, State Street Research und Martin Currie inne und wirkte von verschiedensten Teilen der Welt aus, darunter Singapur, New York und London. Während dieser Zeit war sie eine der Pionierinnen und Pioniere bei Aktieninvestments in heute wichtigen Bereichen wie China, „Quantamental Investing“, thematisches Investieren sowie Nachhaltigkeit. Maisonneuve begann ihre Karriere in China, wo sie als Beraterin für das französische Außenministerium in Peking arbeitete.

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