Private Debt Vom Dinosaurier zum dynamischen Finanzierungsmodell

Annika Milz von Fidelity International

Annika Milz von Fidelity International: „Heute gehen Kreditnehmer lösungsorientiert an Finanzierungen heran, statt sich auf bestimmte Produkte zu fixieren. Sie nutzen die attraktivsten Fremdkapitalpools, die am besten zu ihrem Bedarf an Betriebs- und Wachstumskapital passen.“ Foto: Fidelity International

Vielen galten die Märkte für private Schuldtitel einst als Fossil der Finanzierungswelt: Von Banken dominiert und losgelöst vom Weltgeschehen waren sie einer der wenigen Marktbereiche, in denen man noch bis weit ins 21. Jahrhundert Faxgeräte benutzte. Aber das hat sich inzwischen geändert. Da sich Geldhäuser zunehmend aus dem Firmenkreditgeschäft zurückziehen, entwickeln sich die Privatmärkte zu einer immer attraktiveren, ausgereiften Finanzierungsquelle für Private-Equity-Sponsoren. 2021 gingen rund 84 Prozent des europäischen Marktes für Privatkredite auf PE-Sponsoren zurück.

Über das Volumen des Private-Debt-Sektors gibt es kaum verlässliche Daten. Nach Schätzungen des Datenanbieters Preqin vom Oktober 2021 beliefen sich die weltweit vergebenen Privatkredite zum Jahresende 2021 auf etwa 1,21 Billionen Euro. Bis 2026 werden es, laut des aktuellen Preqin Global Private Debt Reports voraussichtlich 2,69 Billionen Euro sein. In den USA stellten private Darlehensgeber Kredite von bis zu 2,6 Milliarden Euro bereit. In Europa brachten es die größten Transaktionen mit Direktkrediten nach Angaben des Datenanbieters LCD auf über 1,75 Milliarden Euro. Bei solchen Deals stellen private Kapitalgeber die gesamte Finanzierung für große Übernahmen über eine einzige Transaktion bereit.

Flexibilität als großer Vorteil

Dabei muss nicht jede Transaktion in einem Zug und ausschließlich über die Privatmärkte abgewickelt werden. Vielmehr können private Investoren auch bei hybriden Finanzierungen eine zentrale Rolle spielen. Diese können sich über alle Ebenen der Kapitalstruktur, einschließlich nachrangiger und vorrangiger Verbindlichkeiten, PIK-Darlehen und Mezzanine-Kredite, sowie über alle Währungen erstrecken.

 

 


Auch wenn Emittenten die Private-Debt-Märkte lediglich für eine Tranche – sei es eine vorrangige oder nachrangige – ihrer Finanzierung nutzen, können sie sicher sein, dass damit ein Teil ihres Finanzierungsbedarfs gedeckt ist – ohne dass sie die Märkte für Konsortialkredite oder Hochzinsanleihen in Anspruch nehmen müssen. Immer öfter werden private Kapitaltranchen zu wettbewerbsfähigen Konditionen und auch an Kreditnehmer mit höheren Verschuldungsgraden ausgereicht. Allerdings gilt bei bilateralen Darlehen, dass sowohl der Kapitalnehmer als auch der Kapitalgeber an die Fazilität, also an die Möglichkeit innerhalb festgelegter Grenzen kurzfristig Kredite in Anspruch zu nehmen oder Guthaben anzulegen gebunden ist, da es für sie keinen Sekundärmarkt gibt.

Heute gehen Kreditnehmer lösungsorientiert an Finanzierungen heran, statt sich auf bestimmte Produkte zu fixieren. Sie nutzen die attraktivsten Fremdkapitalpools, die am besten zu ihrem Bedarf an Betriebs- und Wachstumskapital passen. Private Debt ist für sie eine weitere, wenn auch möglicherweise teurere und weniger liquide Option in ihrem Finanzierungsmix. Dies gilt insbesondere für Jumbo-Finanzierungen, bei denen die öffentlichen Märkte an ihre Grenzen stoßen.