Cinerius-Chef Christoph Lieber „Wir haben ein Dutzend Vermögensverwalter in unserer Pipeline“

Christoph Lieber, Geschäftsführer von Cinerius Financial Partners

Christoph Lieber, Mitgründer und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Holdinggelsellschaft Cinerius Financial Partners. Foto: Cinerius Financial Partners

private banking magazin: Cinerius Financial Partners hat sich nach der Gründung Anfang 2021 im laufenden Jahr zu den ursprünglichen vier Gesellschaften nur ein weiterer Vermögensverwalter angeschlossen. Hätten Sie bei der Gründung der Holding erwartet, dass Akquisitionen leichter gelingen?

Christoph Lieber: Wir sind eher positiv überrascht. Wir hatten zu Beginn vermutet, dass wir vorrangig kleinere Transaktionen machen können oder müssen. Im Gegenteil: Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland beschäftigen wir uns überwiegend mit großen Unternehmen, ab 500 Millionen Schweizer Franken Assets under Management und darüber hinaus. Mit Vermögensmanufaktur (VM) ist uns ein großer Deal gelungen. Und wir können uns die Unternehmen – auch das anders als erwartet – tatsächlich aussuchen. Wir fokussieren uns auf Unternehmen, die sehr gut geführt sind und Wachstumspotenzial haben.

Haben Sie konkrete Deals in der Pipeline?

Lieber: In unserer Pipeline gibt es etwa ein Dutzend Vermögensverwalter, verteilt auf die Schweiz und Deutschland. Hier sind wir in unterschiedlichen Gesprächsstadien. Zwei sehr schöne Deals stehen kurz vor dem Abschluss. Beide Seiten sind interessiert, den Vertrag noch in diesem Jahr zu unterschreiben. Nach erfolgtem Inhaberkontrollverfahren werden wir die Transaktionen bekanntgeben.

Also sind die zufrieden, so wie es läuft?

Lieber: Wenn ich sehe, dass wir – wenn die oben genannten Transaktionen umgesetzt und von der Aufsicht genehmigt werden – zum Jahresende bereits rund 30 Millionen Franken Ebitda in der Gruppe haben und Assets under Management von rund zehn Milliarden, dann ist das beachtlich. Ich hätte gedacht, dass wir dafür wesentlich länger brauchen würden. Bezogen auf die wichtigsten Kennzahlen, läuft es also besser als erwartet. Bei der Zahl der Transaktionen hatte ich geglaubt, dass es mehr sein würden. Aber umso besser, denn der Aufwand für eine kleine Transaktion ist fast so hoch wie für eine große – manchmal sogar höher.

Warum ist das so?

Lieber: Die größeren Gesellschaften sind oft etwas professioneller aufgestellt und haben mehr Ressourcen für Transaktionen zur Verfügung, sodass der Transaktionsprozess leichter fällt.

Es gibt noch andere Unternehmen in der Branche, die durch Übernahmen von Vermögensverwaltungen wachsen wollen. Was ist das Alleinstellungsmerkmal von Cinerius?

Lieber: Wir lassen die einzelnen Vermögensverwalter so wie sie sind. Sie behalten ihre Lizenz, ihren Namen, ihr Geschäftsmodell, ihren Anlagestil und ihr Management. Die Unternehmen haben sich von Banken losgelöst und legen Wert auf eben diese Unabhängigkeit. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, dass die Gesellschaften eigenständig bleiben, aber dennoch Wege gefunden, Synergien zu schaffen. Das betrifft Themen wie die Kosten der Fondsadministration, Unterstützung und Beratung bei regulatorischen Fragen, Compliance oder im Recruiting.

 

 

Wie kann Cinerius Financial Partners bei der Personalsuche helfen?

Lieber: Wir können mit verschiedenen Personalvermittlern und Bespielung von Social-Media in der Gruppe besseres Recruiting für die einzelnen Gesellschaften machen, als wenn es jede Gesellschaft allein angehen würde. Oft scheuen Unternehmen die Kosten, die es für professionelles Recruiting braucht.

Wir fördern aber auch die Attraktivität als Arbeitgeber. Besonders bei Banken gibt es viele Berater, die unzufrieden in ihrer Rolle sind. Wer erfolgreich bei einer Bank arbeitet, wird aber nicht nur gut bezahlt, sondern hat auch eine gewisse Jobsicherheit, die ein unabhängiger Vermögensverwalter nicht zwingend bieten kann. Wenn eine Gesellschaft indes zur Cinerius-Gruppe gehört, wissen Berater, dass Kapital dahintersteckt. Das gibt mehr Sicherheit. So sind wir gerade auch mit verschiedenen Teams von Banken im Gespräch, die sich unter dem Dach der Cinerius selbstständig machen könnten. 

 

 

Ist das ein Zukunftsmodell für die Cinerius?

Lieber: Zumindest sind die ersten Gespräche in diese Richtung fortgeschritten. Es ist ja keine neue Entwicklung, dass einige Kundenbetreuer in der Bank unglücklich über die dort sehr enge Führung und den laufenden Vertriebsdruck sind. Der Wechsel in die Selbstständigkeit oder zu einer unabhängigen Vermögensverwaltung ist für viele attraktiv.

Es gibt viele Herausforderungen für die Branche der unabhängigen Vermögensverwaltungen. Recruiting, Unternehmensnachfolge, ein Generationenwechsel und veränderte Bedürfnisse auf Kundenseite. Stichwort: digitales Onboarding – Wie sind sie dort aufgestellt?

Lieber: Wir haben mit unserem Digitalisierungspartner ein ganzheitliches System entwickelt, auf dem alle Prozesse vom digitalen Onboarding über die Kundendatenpflege, Portfoliomanagement und Risikomanagement, Reporting, Kundeninteraktion zur Abrechnung abgewickelt werden können. Da sind wir jetzt dabei, die erste Gesellschaft als Pilot auf diese Plattform zu setzen.

Ein möglicher nächster Schritt könnte sein, dass wir das als eine Art Marktplatz ausbauen. Das heißt, Vermögensverwalter aus unserer Gruppe oder auch Dritte können Investmentlösungen oder sonstige Dienstleistungen auf die Plattform stellen, aber auch beziehen. Kleinere Vermögensverwalter, die kein großes Portfoliomanagement haben, können beispielsweise Anlagelösungen beziehen. Das ist Teil der Vision für Cinerius für die nächsten Jahre.

Lassen Sie mich das Wort „Vision“ aufgreifen. Wo steht Cinerius in fünf Jahren?

Lieber: Sicher wollen wir das positive Wachstumsmomentum von Cinerius weiter nutzen. Unser Konzept hat sich für fast alle Unternehmenssituationen als sehr attraktiv erwiesen. Wir erhalten auch immer öfter Anfragen von Vermögensverwaltern, die eine Nachfolgelösung suchen und sich direkt an uns wenden. In einigen Jahren könnte bei weiterem Wachstum ein Börsengang der Cinerius Gruppe für alle Beteiligten attraktiv und sinnvoll sein, aber das ist noch Zukunftsmusik.

Warum wäre ein IPO eine attraktive Lösung?

Lieber: Ein IPO hätte den Charme, dass unsere Partnergesellschaften weiterhin die Struktur der eigenständigen Gesellschaften behalten können. Aber es gibt natürlich auch andere interessante Möglichkeiten. Es ist aber im Moment noch zu früh, sich damit zu beschäftigen.

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