Portfolio-Inventur Stiftungen benötigen eine zeitgemäße Vermögensallokation

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Klare Regeln seien wichtig, allerdings sollte die Anlagerichtlinie nicht zu starr sein, sagt Karsten Behr von der Bingo-Umweltstiftung: „Man muss aufpassen, dass man sich mit seiner Anlagerichtlinie nicht selbst behindert.“ Automatismen, etwa, dass bei 10 Prozent Verlusten an den Märkten sofort verkauft werden muss, könnten für die Stiftung zum Nachteil werden. Teil dieses Prozesses sollte auch sein, sich über seine Risikotragfähigkeit klarzuwerden: „Es bringt nichts, wenn sich der Stiftungsvorstand für eine Aktienquote von 50 Prozent entscheidet, sich dann aber sehr unwohl damit fühlt“, so Stiftungsexpertin Schwink.

Angst vor der Stiftungsaufsicht müssen Gremien indes nicht haben, sagt Umweltstiftung-Geschäftsführer Behr. „Bei rationalen Entscheidungen macht die Aufsicht keine Probleme.“ Wichtig sei, zu belegen, dass man sich mit dem Thema auseinandergesetzt und entsprechend der Regeln gehandelt habe.

Von den Richtlinien hängt auch ab, welche Anlageprodukte für die Stiftungen infrage kommen. Je nach Größe könnten sich Gremien den Verwaltungsaufwand erheblich erleichtern, wenn sie auf spezielle Fonds setzen. „Für kleinere Stiftungen sind Stiftungsfonds fast alternativlos“, sagt Achim Lange von der Zeit-Stiftung. Oft investieren diese Fonds aber sehr konservativ. Wichtig sei daher, sich die Strategie genau anzuschauen. Große Unterschiede gibt es auch bei den Kosten. „Ganz generell kommen für Stiftungen nur Fonds infrage, die ausschüttend sind“, ergänzt Dieter Lehmann von der Volkswagen-Stiftung. Thesaurierende Produkte sollten nur als Beimischung gekauft werden, wenn damit in erster Linie das Ziel verfolgt wer- de, den Kapitalerhalt sicherzustellen.

Alternativ können sich Stiftungen von einem Vermögensverwalter ein Portfolio nach ihren Anforderungen zusammenstellen lassen. Das müsse nicht zwangsweise teurer sein als ein Stiftungsfonds, sagt LMM-Geschäftsführerin Kühlborn-Ebach. Eine weitere Möglichkeit: „Vor allem bei alternativen Investments sind für mittelgroße Stiftungen Club-Deals interessant, für die sich vier bis fünf Stiftungen zusammentun, um einen Spezialfonds auflegen zu lassen.“ Karsten Behr von der Bingo-Umweltstiftung hat einen entsprechenden Fonds gemeinsam mit einer weiteren Stiftung ins Leben gerufen – mit dem Ziel, das Produkt auch weiteren gemeinnützigen Institutionen zugänglich zu machen.

Der hohe bürokratische Aufwand habe das aber fast unmöglich gemacht, das Spezialprodukt wurde vor kurzem in einen Publikumsfonds für Stiftungen umgewandelt. Bis zu 60 Prozent investiert der Stiftungsfonds ESG Global in Aktien, erklärt Behr, aktuell sind es etwa 50 Prozent. „Das muss ja nicht zwingend komplett ausgenutzt werden.“ Wenn die Kurse steigen, müsse das Fondsmanagement aber auch nicht sofort verkaufen.

Ganz unabhängig davon, wie sich Stiftungen aufstellen, sollten sie die Kosten ihrer Vermögensverwaltung regelmäßig prüfen. „Bei geringen Renditen fallen auch die Kosten stärker ins Gewicht“, so Behr. Insgesamt seien die Gebühren zuletzt deutlich zurückgegangen. Stiftungen sollten daher prüfen, ob sich das auch in ihrem Depot zeige.

Wichtig für den gesamten Prozess: Die Inventur eines Portfolios benötigt Zeit. Das gilt den Experten zufolge insbesondere für Gremien, die aus Ehrenamtlichen bestehen. Sind das Depot bewertet, Anlagerichtlinien aufgestellt, Ziele definiert und das Budget geplant, geht es an den Aufbau des Portfolios. „Auch das lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen“, sagt Stiftungsexpertin Schwink. Insgesamt seien Stiftungen zudem sehr vielfältig in ihrer Vermögensstruktur. „Es gibt nicht die eine Lösung, die für alle passt.“

Eines aber gilt für alle Stiftungen gleichermaßen: „Im Grunde haben alle die gleichen Möglichkeiten, alle haben den gleichen Kapitalmarkt zur Verfügung“, stellt Achim Lange von der Zeit-Stiftung klar. Stiftungen können das auch als Chance begreifen. Wer ausschließlich an Anleihen hoher Bonität festhält, verstößt damit auch gegen die Satzung sowie die Vorgaben der Aufsichtsbehörde. Denn sicher mag es sein, Gewinne bringt es aber in jedem Fall nicht.

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