Themen-Experte
CANDRIAM

ANZEIGE

 

Themen-Experte
CANDRIAM

ANZEIGE
ANZEIGE

Investieren mit Candriam Wie graue Schwäne auf Abstand bleiben

Chinas Staatschef Xi Jinping zu Besuch bei Wladimir Putin in Moskau, Ende März 2023

Chinas Staatschef Xi Jinping zu Besuch bei Wladimir Putin in Moskau, Ende März 2023: Totalitäre Regime jeglicher Art sind aufgrund des Ausmaßes an Gewalt, das zur Durchsetzung ihrer Politik erforderlich ist, von Natur aus nicht nachhaltig. Foto: Imago Images / ZUMA Wire

Mit nachhaltigen Strategien, die eine klare Haltung gegen Investitionen in Staatsanleihen von Autokratien vertreten, hatten wir über viele Jahre in der Finanzbranche keinen leichten Stand. Eine Reihe von Wissenschaftlern, Politikern und Investoren glaubten nach der Annexion der Krim im Jahr 2014, dass der Frieden gesichert sei, solange die Geschäfte laufen – schließlich beruhte auf diesem Gedanken die Gründungsidee der Europäischen Union. In der Tat hat sich dieses Prinzip in demokratischen Gesellschaften bewährt: Hier können die Amtsinhaber jederzeit abgelöst werden, wenn sie beginnen, ihre eigenen Interessen über die ihrer Wähler zu stellen. 

Autokraten und Diktatoren haben jedoch wenig zu befürchten, wenn sie ihre Bürger unterdrücken, um ihre Macht zu erhalten. Doch hinter dieser Fassade der kurzfristigen Unbezwingbarkeit verbergen sich langfristig gefährliche Schwachstellen. Wir setzen daher auf eine Tail-Risk-Absicherung in unserem Nachhaltigkeitsrahmen für Staaten in Form eines Demokratie-Filters.

Ohne Freiheit erodiert das Produktivkapital von Gesellschaften

Totalitäre Regime jeglicher Art sind aufgrund des Ausmaßes an physischer und psychischer Gewalt, das zur Durchsetzung ihrer Politik erforderlich ist, von Natur aus nicht nachhaltig. Die Freiheit des Denkens und der Meinungsäußerung ist für echten Fortschritt unabdingbar. Ohne Freiheit neigt das menschliche, soziale und wirtschaftliche Kapital von Ländern dazu zu stagnieren und schließlich zu erodieren. Dieser Prozess verläuft langsam und auf kurzfristige Sicht oft unmerklich. So hat es mehr als acht Jahrzehnte, von 1922 bis 1991, gedauert, bis die Sowjetunion und ihre Satellitenstaaten des Warschauer Pakts zusammenbrachen. 

 

 

Der Nachhall dieses Zusammenbruchs ist bis heute in Europa zu spüren. So wurde die demokratische Ukraine vom autokratisch regierten Russland überfallen, was zu geopolitischen Konflikten und einer europaweiten Energiekrise geführt hat. Weltweit hat sich Inflation eingestellt; die Lebensmittelversorgung vieler Länder ist bedroht. Doch warum bedurfte es eines Krieges in Europa und noch nie dagewesener internationaler Sanktionen, damit erkannt wurde, dass Geschäfte mit dem autokratisch regierten Russland den Alleinherrscher Putin nicht von seinen imperialistischen Ambitionen abbringen? Und warum mussten die Investoren erst mit dem Nationalen Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im Herbst 2022 eine weitere Verlängerung der autoritären Herrschaft von Xi Jinping in China abwarten, um eine realistischere Sicht auf den chinesischen Markt zu bekommen?  

Zu viele Anleger vernachlässigen Governance-Nachhaltigkeitsfaktoren

Der britische Unternehmer und Menschenrechtsaktivist Bill Browder, seit 2007 ein scharfer Kritiker der Politik des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin, unterstrich gegenüber uns im Gespräch, dass die Wurzel des Problems darin liegt, dass Investoren Nachhaltigkeitsfaktoren in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit und Regierungsstil zu ignorieren pflegen. 

Die russische Aggression gegen die Ukraine – der die Pandemie und ein versuchter Staatsstreich in den USA vorausgingen – ist der jüngste der grauen Schwäne, die sich in reale Katastrophen verwandelt haben. Auch als „known unknowns“ bezeichnet, werden graue Schwäne als eine Art Fenster in die Zukunft verstanden. Es sind Ereignisse, die entweder in ähnlicher Art bereits eingetreten sind, etwa ein Erdbeben, oder die man sich als grundsätzlich möglich vorstellen kann.

Die Risikolandschaft der Nachhaltigkeit wird immer komplexer und vernetzter. Wenn das chinesische Militär rund um Taiwan Manöver abhält, kommt man nicht umhin, Parallelen zur russischen Haltung gegenüber der Ukraine zu ziehen. Wichtige Ressourcen für die Energiewende, beispielsweise Seltene Erden, haben die Industrieländer in der Vergangenheit aus China importiert (bis zu 80 Prozent der US-Importe im Jahr 2019), wodurch die jüngsten Ereignisse die Ressourcensicherheit ganz oben auf die Agenda vieler Regierungen rücken.

Investoren sind Akteure des Fortschritts

Die Menschheit ist mit zwei existenziellen Umweltbedrohungen konfrontiert: Zum einen mit der Klimakrise und zum anderen mit dem zunehmenden Verbrauch natürlicher Ressourcen. Um Lösungen zu finden, müssen sich die Weltwirtschaft und alle ihre Sektoren, einschließlich der Investmentbranche, grundlegend ändern. Ein Umlenken der Kapitalströme weg von nicht nachhaltigen Aktivitäten hin zu nachhaltigen langfristigen Kapitalanlagen ist sowohl zwingend erforderlich als auch – über kurz oder lang – rentabel. 

Die Regierungen und Regulierungsbehörden werden allmählich mutiger und entschlossener, um diesen Prozess zu erleichtern. So hilft beispielsweise die EU-Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzierungen (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) bei der Identifizierung und Klassifizierung nachhaltiger Vermögenswerte und Investitionen, einschließlich solcher, die für die Erreichung von Dekarbonisierungszielen oder die Förderung des sozialen Wohlergehens und Zusammenhalts entscheidend sind. 

Auch die Investoren spielen eine erhebliche Rolle, indem sie beispielsweise die Investitionsströme überwachen und entsprechend lenken. Die Unterstützung der Regierungen bei ihren Bemühungen zur Dekarbonisierung ist ebenso wichtig wie die Förderung von Technologien, die eine Dekarbonisierung ermöglichen. Ein nationaler Konsens für die Dekarbonisierung kann nur erreicht werden, wenn alle wichtigen Akteure, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor, alles in ihrer Macht Stehende tun, um einen gerechten Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsform zu gewährleisten. Nur dann kann es gelingen, unsere Wirtschaft und unsere Investitionen nachhaltiger zu gestalten.

Mehr zu nachhaltigen Anleihen im Zusammenhang mit 

•    Autokratien vs. Demokratien,
•    Kohlenstoff-Emissionen,
•    Ernährungssicherheit und der
•    Energiewende

 im Sovereign Sustainability Report von Candriam.

Über die Candriam-Experten:

Kroum Sourov kam 2018 als leitender ESG-Analyst für Länderresearch zu Candriam. Davor war er als Director of Sustainable Investment Management bei einem Start-up für nachhaltige Anlagen tätig. In früheren Funktionen war er als Portfoliomanager im Bereich Global Macro bei Mako Global, als Director of Foreign Exchange Market Strategy bei UBS, als Assistant Vice President in der Strategic Transactions Group von Barclays Capital sowie als Anleihenhändler bei Goldman Sachs tätig.

Dr. Wim Van Hyfte leitet bei Candriam seit 2016 das Research-Team im Bereich Umwelt, Soziales und Governance (ESG). Er verantwortet die Auswirkungen von ESG-Faktoren und ihre Integration ins Portfolio- und Risikomanagement aller Anlageklassen. Zuvor war er zehn Jahre als Co-Manager von globalen quantitativen ESG-Portfolios tätig.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen