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Warten auf die Zinswende Die extrem labile Stimmung ist ein handfestes Kaufsignal

Entladung von fast zeitgleich eingetroffenen Containerschiffen in Rotterdam

Entladung von fast zeitgleich eingetroffenen Containerschiffen in Rotterdam: Der Wechsel von einer Unterversorgung zu einem Überangebot an Waren könnte in den Wintermonaten zu überraschenden Rückgängen der Inflation führen. Foto: Imago Images / Jochen Tack

Seitdem die Zentralbanken Schritte unternehmen, um die Inflation zu bekämpfen, sind die kurzfristigen Zinsen weltweit gestiegen. Diese Straffung, die mit einer Konjunkturabschwächung zusammenfällt, hat die Frühindikatoren stark nach unten gedrückt, was darauf hindeutet, dass der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes auf beiden Seiten des Atlantiks in den kommenden Monaten einen Tiefpunkt von etwa 45 Punkten erreichen wird. Auch wenn wir noch nicht am Scheitelpunkt des Zinserhöhungszyklus der Fed angekommen sind, werden die Zentralbanken bald ein Gleichgewicht zwischen der Inflationsbekämpfung und dem Risiko volkswirtschaftlicher Instabilität finden müssen. In dieser Phase werden alle Anlageklassen weiterhin von Volatilität geprägt sein.

Unsere Analyse der Anlegerstimmung, des Marktsentiments und der Charttechnik deutet auf einen weit verbreiteten Pessimismus hin, der sich in den Marktkursen spiegelt. Unserer Einschätzung nach stellt diese extreme Lage mittlerweile ein Kaufsignal dar und rechtfertigt eine kurzfristige Markterholung. Vor diesem Hintergrund haben wir beschlossen, taktisch US-Hochzinsanleihen und einige US- und Eurozone-Aktien ins Portfolio aufzunehmen.

Überraschungen bei Wachstum und Inflation zu erwarten

Sowohl das globale Wirtschaftswachstum als auch die Teuerung verlangsamen sich. Es könnte daher verstärkt zu positiven Überraschungen beim Wachstum und zu einem Rückgang der Inflation kommen. Die meisten Länder gehen derzeit von einer Konjunktureintrübung in eine Phase der Wachstumskontraktion über. Zum ersten Mal seit Juni 2020 ist der globale Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe unter 50 Punkte (49,8) gefallen, während im Konsens die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den nächsten zwölf Monaten in allen Regionen stark gestiegen ist.

Bekanntlich wirkt die Geldpolitik mit Verzögerung. Die meisten Zentralbanken weisen darauf hin, dass die Straffung ihrer Geldpolitik noch nicht abgeschlossen ist, obwohl die weltweite Inflation ihren Höhepunkt erreicht zu haben scheint. Wir stellen fest:

  • Der Druck auf die Lieferketten lässt nach, da sich Engpässe in Überschüsse verwandeln. Die nachlassende Nachfrage kompensiert die verbleibenden Störungen in der Lieferkette. Der Übergang von einer Unterversorgung zu einem Überangebot an Waren könnte in den Wintermonaten zu überraschenden Rückgängen der Inflation führen.
  • Die Preise im verarbeitenden Gewerbe geben in den USA und China nach. Umfragen im Sektor deuten auf eine Stabilisierung der Preise in den beiden größten Volkswirtschaften hin. Darüber hinaus scheinen sich die Erzeugerpreise in China in einem Abwärtstrend zu befinden: Sie stiegen im September nur 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr, nachdem sie im Oktober 2021 mit 13,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr einen Höchststand erreicht hatten.
  • Die Inflationserwartungen der Haushalte und des Marktes gehen zurück. Während die marktbasierten Inflationserwartungen auf beiden Seiten des Atlantiks vor sechs Monaten ihren Höchststand erreichten, beginnt sich auch in den USA die Umkehrung der Inflationserwartungen der US-Haushalte abzuzeichnen.

Die Erwartungen zu den kurzfristigen US-Zinsen bleiben gut verankert

Die Erwartungen für die kurzfristigen US-Zinssätze bleiben gut verankert, da die Fed weiterhin ihre Bereitschaft bekundet, die Zinssätze zu erhöhen, um die Arbeitslosenquote im nächsten Jahr in die Nähe von 4,5 Prozent zu hieven.

 

Der jüngste US-Arbeitsmarktbericht und die Daten des US-Verbraucherpreisindex (VPI) für September haben an diesem Ansinnen wenig geändert. Die Fed wird vorerst von ihrer Bereitschaft zur Inflationsbekämpfung nicht ablassen.

Zeit für den Aufbau einer US-High-Yield-Position in einem Multi-Asset-Portfolio

Nach dem starken Zinsanstieg der vergangenen Monate scheinen die kurzfristigen Zinserwartungen – und damit auch die langfristigen Renditen – trotz eines volatilen Umfelds inzwischen relativ gut verankert zu sein. Daher haben wir begonnen, das Portfolio um festverzinsliche Anlagen zu erweitern.

Wir sind der Meinung, dass US-Hochzinsanleihen aus Multi-Asset-Sicht allmählich attraktiv erscheinen. Mit aktuellen Option-adjusted Spreads (OAS) von mehr als 500 Basispunkten ist das in den vergangenen zehn Jahren beobachtete durchschnittliche Spread-Niveau (550 Basispunkte) in greifbare Nähe gerückt. Unseren Berechnungen zufolge führen ein Carry von 9,3 Prozent und eine Volatilität von lediglich 7 Prozent zu einer attraktiven Risikoentschädigung.

US-Aktien preisen keine weiche Landung ein

Wir haben die EPS-Wachstumserwartungen für die USA und für Europa modelliert, basierend auf

  • globalen PMIs,
  • dem handelsgewichteten US-Dollar-Index,
  • dem Ölpreis und
  • der 10-jährigen US-Rendite.

Unter Berücksichtigung einer 20-Jahres-Beziehung zwischen diesen Variablen und dem 12-Monats-Gewinnwachstum stellen wir fest, dass sich die Erwartungen für das Gewinnwachstum in Zukunft abschwächen müssen. Das EPS-Wachstum in den USA könnte bis Ende dieses Jahres um 3 Prozent nach unten korrigiert werden, während das EPS-Wachstum in Europa um 9 Prozent nach unten revidiert werden könnte.

Natürlich könnte eine Eskalation des Ukraine-Krieges oder eine unerwartet starke Abschwächung der Wirtschaft der Eurozone für zusätzliche Hürden sorgen. Andererseits würden bessere Nachrichten zum Krieg in der Ukraine die Bewertungen stark verbessern.

Anhand der Daten zur US-Konjunkturentwicklung des vergangenen Vierteljahrhunderts sehen wir drei weiche Landungen und fünf Bärenmärkte. Wir stellen fest, dass die extrem schwachen US-Indizes derzeit keine weiche Landung einpreisen.

Was bedeutet die aktuelle Marktlage für Aktien?

Angesichts der aktuell schwachen Kurse erhöhen wir taktisch unser Aktienengagement, indem wir die USA leicht übergewichten und die Eurozone neutral bewerten. Derzeit deuten der Anlegerpessimismus, die defensive Positionierung vieler Marktteilnehmer und die Charttechnik auf einen kurzfristigen Aufschwung hin.

Aufgrund unserer Erfahrungen mit dem Marktsentiment gilt es jedoch vorsichtig zu sein: Bei einer Markterholung könnte es schnell zu einer Übertreibung nach oben kommen. Aber dennoch: Die labile Stimmung in den vergangenen Wochen spiegelte extremen Pessimismus – was aus antizyklischer Sicht ein handfestes Kaufsignal darstellt.

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