Sascha Specketer im Interview „Private Markets sind der Ausweg aus der Inflationsfalle“

Sascha Specketer ist Vertriebsleiter für die DACH-Region bei der US-Fondsgesellschaft Invesco.

Sascha Specketer, Vertriebsleiter Dach bei Invesco: „Realer Kapitalerhalt ist ohne den Gang ins Risiko unmöglich. Dieser Tatsache müssen sich die Großanleger stellen.“ Foto: Martin Joppen

private banking magazin: Zum zehnten Mal in Folge haben Sie Entscheider von 81 Staatsfonds und 58 Zentralbanken zu deren Anlageverhalten befragt. Investoren, die zusammen 23 Billionen US-Dollar verwalten. Wie geht es denen?

Sascha Specketer: Die haben mitunter die gleichen Sorgen wie ein durchschnittlicher Privatanleger oder ein Bankberater. Die Inflation ist hochgeschossen, da hält die Zinsseite nicht mit. Die Aktienmärkte sind unter Druck und Anleihen fehlt eine Kapitalschutzfunktion. Realer Kapitalerhalt ist somit ohne den Gang ins Risiko unmöglich. Dieser Tatsache müssen sich die Großanleger stellen. 

Welche Konsequenzen ziehen die Großanleger?

Specketer: Sie ziehen sich weiterhin aus dem klassischen Rentenmarkt zurück. Dieses Verhalten beobachten wir jedoch schon seit einigen Jahren. Allerdings geht das Kapital nicht mehr nur gen Aktienmarkt wie in den Jahren zuvor. Nachgefragt werden zunehmend Private-Market-Lösungen, also außerbörsliche Anlagen, vor allem aus den Bereichen Immobilien, Private Equity und Infrastruktur. Über 70 Prozent der Befragten sehen in diesen Anlagen einen trefflichen Ausweg aus der Inflationsfalle.

Keine wirkliche Überraschung, oder?

Specketer: Das ist richtig. Aber diese Bewegung hat eine Strahlkraft. Auch Wealth-Management-Abteilungen, das Private Banking, Family Offices und final auch Privatanleger werden ähnliche Veränderungen ihrer Allokationen vornehmen. Das ist für uns als Asset Manager hochinteressant.

Sollte es zu vergleichbaren Verschiebungen kommen, über welche Größenordnung reden wir?

Specketer: 4,5 Billionen Euro im institutionellen Geschäft und rund 900 Milliarden im gehobenen Privatkundengeschäft.

Gibt es schon genug Freiheiten seitens des Regulators?

Specketer: Wir haben etwas mehr Freiheit bekommen. Der Regulator hat natürlich erkannt, dass die Erträge auch irgendwo herkommen müssen. Wir sind etwa im Real Estate-Bereich schon weiter. Gleichwohl haben Versorgungswerke oder Pensionskassen mit einer Allokation von 20 Prozent ihre Freiheitsgrade voll ausgeschöpft. Da ist noch Luft nach oben.

Was ist das Charmante an den Private Markets?

Specketer: Da gibt es ganz unterschiedliche Vorzüge. Der Bewertungshintergrund ist einer. Es gibt eine quartalsweise Bewertung, wesentlich geringere Volatilität, und es gibt verbesserte Solvency-Hinterlegungsquoten. Einfacher ist die Ertragsseite: Treiber sind stabile und vorhersehbare Erträge. Im Private-Debt-Bereich mit Blick auf Loans und Senior Secured Loans, also der Kreditvergabe an private Unternehmen, gab es in den vergangenen 30 Jahren nur zwei negative Jahre. Überlegen Sie, was in den drei Jahrzehnten an den Kapitalmärkten passiert ist. Von Dot.com bis Covid.

Keine Rendite ohne Risiko.

Specketer: Richtig. Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass es ja besicherte Kredite sind. Banken sind viel restriktiver geworden, und wir sind nun ein zusätzlicher Finanzierer. Die Ausfallraten sind niedrig, und selbst wenn ein Kredit ausfällt, steht die Immobilie dagegen.

Welche Zugänge bieten sich bereits an?

Specketer: Wir haben Investmentlösungen im Real-Estate-Debt-Bereich und im Distresssed-Debt-Segment und wir bieten auch Zugänge in direkte Immobilieninvestments an. Diese Lösungen sind mitunter noch semiprofessionellen Anlegern vorenthalten. Etwa über einen Luxemburger AIF. Da liegt die Mindestanlagesumme bei 125.000 Euro.

Was braucht es, um den breiteren Markt zu erreichen?

Specketer: Dachfonds in ELTIF-Strukturen wären eine Lösung. Die sind noch nicht erlaubt. Die Europäische Kommission arbeitet ja bereits an geringeren Einstiegshürden.

Ist Skalierung und Standardisierung im komplexen Geschäft der Private Markets noch möglich?

Specketer: Es ist möglich – aber auch deutlich kostenintensiver. Im Real-Estate-Geschäft haben wir gut 600 Experten und aktuell 80 Milliarden Dollar in dem Bereich. Das wird jetzt sukzessive ausgebaut. Im Bereich Private Debt verwalten wir 40 Milliarden Dollar. Venture-Capital-Strategien liegen mit 400 Millionen Dollar noch am Anfang.

VC machen Sie auch in Deutschland?

Specketer: Für institutionelle Investoren ist der Fonds in einer Offshore- oder Delaware-Variante investierbar.

Nun bietet Invesco klassische aktiv gemanagte Fonds an, Sie selbst kommen aus dem ETF-Geschäft und sind da nun auch stark drin, und es gibt die Alternatives. Wo kommt künftiges
Wachstum her?

Specketer: Die passive Seite wird systematischer und quantitativer und dadurch intelligenter gesteuert werden. Keiner kauft nur noch blind einen Index. Dadurch kommt natürlich die aktive Seite – der mittlere Bereich – unter Druck. Studien von BCG oder McKinsey beschreiben einen klaren Trend, und den Richtwerten schließe ich mich gern an. Im Wachstum der Assets kommt der mittlere Bereich auf 2 bis 3 Prozent, das ETF-Segment steigt zweistellig um 10 bis 12 und die Alternatives legen um 8 Prozent zu.

 

 

Mit dieser Dynamik ist jeder Anbieter konfrontiert.

Specketer: Das macht die Entwicklung so spannend und herausfordernd. Wer auf der aktiven Seite keinen Ertrag schafft, wird die Gebühren nicht rechtfertigen können. Also braucht es echte Spezialisten. Es gibt Nischen, wie etwa Multi-Asset, die in der Vergangenheit von einer hohen Nachfrage in Deutschland profitiert haben. Da kann man sich als Experte in der Nische sicherlich auch wohlfühlen.

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