Hochvermögende auf der Schwelle So sieht die neue UHNWI-Welt aus

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Alte Antworten passen nicht mehr auf neue Fragen

Stellt man das heutige Verständnis von Family Office vom Kopf auf die historischen Füße, steht die unbedingte Ausrichtung auf das Geldvermögen nicht mehr an erster Stelle. Vielmehr ist das monetäre Vermögen nur ein Ergebnis strukturierter, planvoller Vorgehensweise in allen Teilbereichen. Dabei ist es unerheblich, ob dies durch einen Vermögensübergang aus den Vorgenerationen oder durch eigene Wertschöpfung erlangt wird.

Die disruptive Gemengelage erlaubt aber keine vollständige Abdeckung aller Teilsegmente mehr. Ähnlich eines spezialisierten Bauleiters kann das Family Office als koordinierende Einheit die notwendigen Gewerke aber lenken, diese im Auftrag und in Loyalität zum Mandanten zusammenführen, und dabei helfen kostspielige Systembrüche zu vermeiden. Dabei ist das Erkennen der eigenen Grenzen eine der wichtigsten neuen Kompetenzen.

Diese Fähigkeit hilft einerseits dabei, das eigene Expertentum nicht zu verwässern, weil man meint alles gleich gut zu können. Andererseits aber wird die Rolle des Trusted Advisors gestärkt. Denkbar ist dabei sogar, dass eine koordinierende Einheit wiederum mit einer anderen koordinierenden Einheit mit abweichenden Spezialexpertisen zusammenwirkt und Synergien nutzt. Ob diese koordinierenden Einheiten Family Office, Stifter Office, Mittelstands-Office oder wie auch immer heißen, spielt keine Rolle. Genauso wenig entscheidend ist die Frage, ob diese Experten außerhalb – wie beispielsweise ein Unternehmensberater für ein eine Firma aktiv wird – stehen oder in einer eigenen Unternehmer-Holding angesiedelt werden.

Was aber plötzlich eine Rolle spielt, sind Menschen. Vertrauen, Loyalität, Haltbarkeit und Dauerhaftigkeit, Empathie und ein moralischer Kompass werden wichtige Kriterien für ein erfolgreiches Erhalten und Entwickeln des Erreichten. Alles in Allem Fähigkeiten, welche rar und damit teuer sind – und sich damit zunächst insbesondere für Inhaber großer Vermögen anbieten. Doch gerade hier wird der größtmögliche Nutzen für die Mandanten erreicht: Fehler und Ineffizienzen durch Systembrüche führen hier zumeist zu besonders hohen Verlustrisiken. Fachexperten mit diesen nicht studierbaren Fähigkeiten sind zudem auch nicht allerorten verfügbar.

Doch zunehmend finden sie einander, schließen sich zusammen und bilden ein gemeinsames Experten-Profil aus. Sie sind dann Sparringspartner für all jene, welche zum einen eine strukturierte, interessenskonfliktfreie und ganzheitliche Partnerschaft brauchen und suchen, ebenso aber auch für all jene, welche sich auf die Innovation, Gestaltung und Emission von Produkten spezialisiert haben. Die gesamte Branche kann davon profitieren. Ob damit dann auch ein Gewinn an gesellschaftlichem Vertrauen einhergeht, werden wir in weiteren zehn Jahren nach der Lehmann-Krise wohl noch nicht ablesen können.



Über den Autor:
Stefan R. Haake ist als Vorstand der Weltkulturstiftung in München und Beirat der PARITER|fortis mit der Welt der Stiftungen und Family Office vertraut. Der Stiftungsmanager (DSA) und diplomierte Bankbetriebswirt hat in seiner 25-jährigen Berufslaufbahn neben den Aufgaben eines Bankleiters und Prokuristen auch die Tätigkeitsfelder Nachfolgeplanung und Testamentsvollstreckung bedient. Zuletzt war Haake als Gründungs- und Interimsvorstand eines privaten Family Office tätig. Außerdem ist er Gründer des Stifter|Salon e.V.

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