Hochvermögende auf der Schwelle So sieht die neue UHNWI-Welt aus

Stefan R. Haake ist Vorstand der Weltkulturstiftung in München und Beirat der PARITER|fortis.

Stefan R. Haake ist Vorstand der Weltkulturstiftung in München und Beirat der PARITER|fortis.

Stiftungen und Branchenpioniere tragen derzeit vielleicht am meisten zu kleinen aber kraftvollen Veränderungen im Markt mit Hochvermögenden bei, geschuldet ihrem Fokus auf den Nutzen für den Kunden. Die Erkenntnis, dass eingeübte Antworten der Vergangenheit auf Fragen der Zukunft nicht mehr passgenau erscheinen, treibt zudem das Gefühl der Instabilität und drohenden Konsolidierung. Vielerorts sind Hochvermögende und Institutionen immer schwerer zu begeistern. Diese scheinen derzeit auf der Schwelle zu stehen: Ein wenig enttäuscht vom Althergebrachten der Beratung und noch nicht bereit für Veränderung.

Doch was ist passiert in der UHNWI-Welt? Oder besser: Was passiert gerade und was sind die Auswirkungen? Es ist weniger die Frage nach Disruption als nach Emergenz, welche wir dann als eine disruptive Entwicklung wahrnehmen. Das heißt, sehr viele Elemente verbinden sich auf der Basis ihrer Wechselwirkungen spontan zu Systemen mit bestimmten neuen Strukturen, Eigenschaften und Fähigkeiten. Globale Megatrends, demographische Entwicklungen und zivilgesellschaftliche Notwendigkeiten prägen das Umfeld hierzu.

Das kann man in der Folge dann als eine ständig komplexer werdende Welt wahrnehmen oder auch nur als Veränderung in Teilbereichen, wie beispielsweise der Digitalisierung. In dieser vermeintlich neuen Welt, gekennzeichnet durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität, muss hochvernetzt gedacht, geplant und gehandelt werden. Und das alles passiert jetzt, in diesem Moment, wir sind mitten drin und können – dank unserer bereits gut vernetzten Welt – den Pulsschlag der Veränderung gewissermaßen jederzeit zehntelgenau ablesen. Das kann einen schon nervös machen.

Wir können nur an der Oberfläche kratzen aber Wesentliches schon erkennen. Beispielsweise der Anspruch Alles-aus-einer-Hand lässt sich in dieser neuen Welt nicht mehr sinnvoll und glaubwürdig aufrechterhalten. Hohe Spezialisierung, das sehen wir bereits im weiten Feld der Digitalisierung und der Vernetzung der einzelnen Spezialisten, wird dabei eine hohe Bedeutung beizumessen sein. Und drückt sich zudem im vielzitierten Fachkräftemangel aus. Zumal ständig neue Segmente dazuzukommen scheinen: Robo-Advisor, Fintechs mannigfaltiger Ausprägung, Stiftungsmanagement, Nachfolgeplanung, Kryptowährungen, alternative Anlageklassen wie Kunst, Impact Investing, Luxusgüter und – getreu der Emergenz – immer neue, andere, vielfältigere Ausprägungen davon.

Dass wir hierauf mit einem strukturierten Wertekanon antworten, und Regulatoren wie Unabhängigkeit, Interessenskonfliktfreiheit, Honorarvergütung sowie Ganzheitlichkeit dem vermeintlichen Chaos entgegensetzen, ist nur allzu verständlich. Wo liegt dessen messbarer Nutzen? Er liegt unter der Oberfläche verborgen und ist zu heben, wenn es der Branche gelingt, das Dreieck aus funktionalem Nutzen (Problemlösung), sinnlichem Nutzen (Erlebnis) und Geltungsnutzen (Identität) zu erkennen und ihrem Handeln zu Grunde zu legen.