Bilanz-Check Hauck Aufhäuser Lampe stellt Weichen für weiteres Wachstum

Stefanie Hehn und Gösta Jamin

Stefanie Hehn und Gösta Jamin: Die Bilanz-Analysten des private banking magazins beleuchten diesmal die Situation bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank im ersten Geschäftsjahr nach der Fusion. Foto: Gösta Jamin / Stefanie Hehn

Die fusionierte Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank (HAL) hat in ihrem ersten gemeinsamen Geschäftsbericht 2022 in einem erneut anspruchsvollen Geschäftsumfeld ein erfreuliches, positives Geschäftsergebnis nach Steuern in Höhe von 85 Millionen Euro (2021: 46 Millionen Euro) ausgewiesen, was einer respektablen Steigerung im Vergleich zum Vorjahresergebnis von 84,8 Prozent entspricht und auf einen Bruttoertrag von 418,1 Millionen Euro (Vorjahr: 364,4 Millionen Euro) zurückführen ist. Dies verhilft dem Konzern zu einer sehr guten Eigenkapitalrendite nach Steuern von 14,7 Prozent (Vorjahr 12,0 Prozent).

Geschäftsfeld Private & Corporate Banking ragt heraus

Die inzwischen mit 99,69 Prozent zu dem chinesischen Mischkonzern Fosun gehörende Privatbank konnte im Berichtsjahr 2022 in allen Kerngeschäftsfeldern, Asset Servicing, Private & Corporate Banking, Investment Banking und Asset Management, in ihren nationalen und internationalen Standorten (Luxemburg, Schweiz, Irland, Frankreich und China) positive Ergebnisse erzielen – herausragend dabei die Geschäftsfelder Private & Corporate Banking sowie Asset Servicing.

Der strategischen Ausrichtung auf Digitalisierung, organischem wie anorganischem Wachstum und einem breit diversifizierten Geschäftsmodell ist dieses herausragende Ergebnis zu verdanken. Mit einem hohen Maß an Flexibilität vereint die Geschäftsstrategie Hauck Aufhäuser Lampes dabei einen traditionell starken Kundenfokus im klassischen Bankgeschäft mit zukunftsweisenden Innovationen, zum Beispiel in den Bereichen der digitalen Vermögensverwaltung und ESG, aber auch internen Prozessoptimierungen.

Positives Ergebnis trotz zusätzlicher regulatorischer Anforderungen

Nach einem kräftigen Aufschwung im Jahr 2021 verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum in Europa im Geschäftsjahr 2022 deutlich. Gründe hierfür waren der durch den russisch-ukrainischen Krieg verursachte Angebotsschock bei Energie sowie die fortlaufenden Covid-bedingten Einschränkungen in China, die für erhebliche Engpässe bei der Produktion und der globalen Lieferlogistik verantwortlich waren. Diese Entwicklungen führten zu einer Inflation auf einem seit Jahrzehnten nicht mehr gekannten Niveau und lösten weltweit eine abrupte Zinswende aus, die neben diversen Crashs am Kryptomarkt Banken und deren Geschäftsmodelle vor neue Herausforderungen stellte.

In diesem Marktumfeld, das zusätzliche regulatorische Anforderungen für Finanzinstitute bereithält, konnte Hauck Aufhäuser Lampe ein sehr positives Geschäftsergebnis (nach Steuern) von rund 85 Millionen Euro verbuchen, dies sowohl in den zins- wie auch in den provisionstragenden Geschäftsfeldern.

 

So konnte das Institut im Berichtsjahr einen Zinsüberschuss von insgesamt 91,3 Millionen Euro erzielen, davon 18,9 Millionen Euro negative Zinsen aus Forderungen der Bank sowie 32,5 Millionen Euro Zinsaufwendungen aufgrund negativer Zinsen aus Verbindlichkeiten – ohne Negativzinsen wären die Erträge der zinstragenden Geschäftsfelder c.p. höher gewesen.

Hauck Aufhäuser Lampe steigert Provisionsüberschuss

Im Vergleich zum Vorjahr (45,5 Millionen Euro) konnte die Bank in 2022 den für Rohertrag so wichtigen Zinsüberschuss mehr als verdoppeln, was ein außergewöhnlich gutes Ergebnis darstellt. Auch der Provisionsüberschuss konnte nach 231,0 Millionen Euro in 2021 auf 266,0 Millionen Euro in 2022 um 15,2 Prozent deutlich gesteigert werden. Entscheidend für die künftige Ertragslage dürfte dabei sein, dass das Verhältnis von Provisions- zu Zinsüberschuß von rund 5:1 aus 2021 auf nur noch 3:1 im abgelaufenen Geschäftsjahr den geldpolitischen Rahmenbedingungen angepasst werden konnte und nun stärker auf die Zinsmarge ausgerichtet ist.

Obschon es in der Niedrigzinsphase ein probates Mittel war, auf Provisionen als Haupttreiber der operativen Erträge zu setzen, um eine Abkopplung vom bei vielen Wettbewerbern zu beobachtenden Trend stagnierender oder gar rückläufiger Erträge zu erreichen, ist gegenwärtig eine balancierte Ausrichtung der Erträge im Sinne eines Ertragsmix empfehlenswert. Diese schnelle Anpassungsfähigkeit des Instituts und der agile Switch zu mehr zinstragendenden Aktivitäten ist im Branchenvergleich und den eher starren Geschäftsmodellen der Mitbewerber respektabel und sollte Hauck Aufhäuser Lampe in einem Umfeld steigender Zinsen und damit einhergehender sinkender Risikokosten, weiteren Rückenwind verschaffen, die Transformation des Geschäftsmodell voranzutreiben und die eigene Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Gesteigerte Personalaufwendungen bei Hauck Aufhäuser Lampe

Im Ergebnis stellt sich die operative Ertragslage im Berichtsjahr äußerst positiv dar. Betrachtet man das Ergebnis vor Steuern aus der normalen Geschäftstätigkeit, ist dieses mit 94,3 Millionen Euro gegenüber 60,7 Millionen Euro aus 2021 um 55,4 Prozent signifikant höher, dies ist besonders vor dem Hintergrund der in 2022 vollzogenen technischen wie auch organisatorische Migration des Instituts beachtlich.

Die Allgemeinen Verwaltungsaufwendungen sind in 2022 gegenüber dem Vorjahr um nur 25,4 Millionen Euro auf 302,1 Millionen Euro (plus 9,2 Prozent) gestiegen, trotz der der erhöhten Kosten der Migration, der vielfältigen Digitalisierungsprojekte und dem weiteren Personalausbau; allein die Aufwendungen für Personal beliefen sich in 2022 auf 161,5 Millionen Euro (etwa plus 10 Prozent gegenüber 2021), was als klares Bekenntnis des Hauses zur eigenen Zukunftsfähigkeit und weiteres Wachstum gedeutet werden kann.

Cost-Income-Ratio weiter ausbaufähig

Bemerkenswert ist dabei ebenfalls, dass die Cost-Income-Ratio die das Verhältnis von operativen Aufwendungen zu operativen Erträgen misst, in 2022 sogar mit 75 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert von 78,1 Prozent um mehr als 3 Prozentpunkte gesenkt werden konnte. Auch wenn diese Niveaus im Branchendurchschnitt „nur“ im Mittelfeld liegen und damit weiter ausbaufähig sind, ist die Senkung des Effizienzindikators grundsätzlich ein gutes Zeichen – dies zumal HAL selbst eine Cost-Income-Ratio für 2022 von 85,0 Prozent prognostizierte. So scheinen bereits positive Effekte durch Synergie- und Skaleneffekte sowie der konsequenten Digitalisierung erste Früchte zu tragen.

Die Finanz- und Vermögenslage gibt ebenfalls ein achtbares Bild der breit aufgestellten Privatbank wider. Die in 2022 erzielte Eigenkapitalrendite nach Steuern in Höhe von 14,7 Prozent (Vorjahr: 12 Prozent) stellt gegenüber dem Branchendurchschnitt von 7 bis 9 Prozent einen beachtlichen Wert dar. Sämtliche aufsichtsrechtlichen Anforderungen werden im Berichtsjahr erneut spielend erfüllt und die regulatorischen Kennzahlen sogar verbessert: während die Kernkapitalquote des Konzerns per 31. Dezember 2022 auf 15,5 Prozent (14,5 Prozent in 2021) erhöht werden konnte, belaufen sich die Total Capital Ratio auf 15,7 Prozent (Vorjahr 14,7 Prozent) und die Leverage Ratio auf 4,5 Prozent versus 6,6 Prozent in 2021. Des Weiteren verfügt der Konzern per Ende 2022 über offen ausgewiesenes Eigenkapital in Höhe von 664,8 Millionen Euro, was einer deutlichen Steigerung von 14,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr (578,5 Millionen Euro in 2021) entspricht, während die Bilanzsumme mit 11.767 Millionen Euro nahezu auf dem 2021er-Niveau von 11.761 Millionen Euro liegt.

 

Grundstein für zukünftige Provisionserträge und Wachstum gelegt

Mit dieser soliden Kapitalbasis, der Übererfüllung regulatorischer Vorgaben, einer starken Fokussierung auf die vier Kerngeschäftsfelder und der regionalen Ausrichtung (Schwerpunkte in Deutschland und Luxemburg) gepaart mit internationaler Präsenz in Europa und China setzt die HAL Privatbank auf einen Ertragsmix: Im Berichtsjahr hat sich besonders das traditionelle Geschäftsfeld Private & Corporate Banking hervorragend entwickelt und die eigenen Erwartungen übertroffen. Das in 2022 generierte Neugeschäft verhalf der Bank zu einem beachtlichen Netto-Neuvolumen, was zugleich die Basis für künftiges Wachstum legt.

In diesem Kontext sei Zeedin als digitale Vermögensverwaltung erwähnt, die mit einem hybriden Beratungsansatz auch eine Ethik-Komponente anbietet und so auch dem Megatrend Nachhaltigkeit Rechnung tragen soll. Zudem ermöglicht dieser digitale Vertriebskanal durch die auf 25.000 Euro gesenkte Mindestanlage künftig einer noch breiteren Zielgruppe niederschwelligen Zugang zu der Vermögensverwaltungs-Expertise der Privatbank.

In den Kerngeschäftsfeldern Asset Servicing und Asset Management konnte die HAL in 2022 ebenfalls deutliche Erfolge erzielen: So wurde das Service- und Produktspektrum weiterentwickelt, wodurch die AuM einen Wert von 257 Milliarden Euro per Ende 2022 erreichten, was den Grundstein für zukünftige Provisionserträge und weiteres Wachstum legt.

Beherrschende Marktstellung mit KVG für digitale Assets

Das Asset Servicing verzeichnete erneut zweistellige Zuwachsraten und der Bereich Digital Assets bedient seit 2022 die gesamte Wertschöpfungskette (von Portfoliomanagement, KVG-Dienstleistungen, Registerführung, Verwahrung über die Verwahrstellendienstleistung). Zudem kann die Hauck Aufhäuser Innovative Capital KVG als klares Bekenntnis gewertet werden, mit der ersten vollregulierten Kapitalverwaltungsgesellschaft für digitale Assets nicht nur die Vorreiterschaft, sondern eine beherrschende Marktstellung in diesem Segment einnehmen zu wollen. Demgegenüber verfehlten im Kerngeschäft Investment Banking die 2022er Geschäftsaktivitäten die eigene Zielmarke, was das Institut vor allem auf die geopolitischen Spannungen, Zinserhöhungen und gestiegene Volatilitäten zurückführt.

Hauck Aufhäuser Lampe mit konsequenter Transformation des Geschäftsmodells

In die Zukunft blickend, kristallisiert sich der von Hauck Aufhäuser Lampe bereits eingeschlagene Weg einer konsequenten Transformation seines Geschäftsmodells mit klarem Bekenntnis zu Digitalisierung und Innovationen und dem zunehmenden Einsatz von KI zu einem zentralen Erfolgsfaktor heraus: wer nachhaltig und profitabel im Bankensektor bestehen will, sollte auf genau diese Skaleneffekte, Effizienzen und Kostenoptimierungen setzen. Dazu hat die Privatbank aufgrund der Größenvorteile sowie der möglichen Skalen- und Synergieeffekte der Fusion eine sehr gute Ausgangsposition.

Besonders reaktionsschnelle Geschäftsstrategien (dies bereits in 2022 durch den agilen Shift hin zu mehr Zinsgeschäft), innovative Technologien, ein hybrides Betreuungsmodell mit dem Robo Advisor Zeedin und bei gleichzeitigem Ausbau des Standortnetzes, Digitalisierung und KI, aber auch die Ausrichtung auf erfolgversprechende Geschäftsfelder sowie Nachhaltigkeitsthemen werden dabei entscheidende Schlüsselfaktoren sein.

Genau diese Hebel scheint Hauck Aufhäuser Lampe bereits identifiziert zu haben. Insofern begrüßen und bekräftigen wir den eingeschlagenen ehrgeizigen Wachstumspfad mit klarer Ausrichtung auf erfolgsversprechende Geschäftsfelder mit dem Mut zu Veränderungen und wünschen von Hauck Aufhäuser Lampe besonders bei der bewussten und differenzierten Steuerung seines Innovationsportfolios viel Erfolg.


Über die Autoren:
Stefanie Hehn lehrt an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen als Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Corporate Finance & Kapitalmarkttheorie. Sie war von 2005 bis 2018 bei der Deutschen Bank tätig und bekleidete dort mehrere Führungspositionen im In- und Ausland. Zudem berät sie privatwirtschaftliche wie auch öffentliche Unternehmen bei finanzwirtschaftlichen Themen.

Gösta Jamin lehrt an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen als Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre. Zudem begleitet er als Berater Banken, Fintechs und andere Finanzdienstleister bei Projekten der digitalen Transformation. 

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