Nach Bundesratsbeschluss Gemeinnützigkeitsrecht soll reformiert werden

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Einführung einer pauschalen Ausstiegsabgabe

Sofern eine gemeinnützige Körperschaft durch Satzungsänderung oder schwerwiegende Mittelfehlverwendung gegen das Gebot der Vermögensbindung verstößt, fingiert das aktuelle Recht den bis zum Errichtungszeitpunkt rückwirkenden Verlust der Gemeinnützigkeit. Es erfolgt für die vorausgegangenen zehn Jahre eine Nachversteuerung. Die Körperschaft wird in diesem Zeitraum als voll steuerpflichtig behandelt. Diese schwer kalkulierbare zehnjährige Nachversteuerung soll künftig durch eine einmalige pauschale Ausstiegsabgabe in Höhe von 30 Prozent des zum Zeitpunkt des Verstoßes vorhandenen Vermögens der Körperschaft ersetzt werden. Das Vermögen soll grundsätzlich mit dem gemeinen Wert angesetzt werden. Auch wenn diese Ausstiegsabgabe für klare Verhältnisse sorgen würde und daher grundsätzlich zu begrüßen wäre, könnte diese Abgabe in zahlreichen Fällen gegebenenfalls zu einer empfindlichen Substanzbesteuerung führen.

Ohne sorgfältige Vorbereitung und Durchführung einer Steuersimulation sollte vor allem bei Förderkörperschaften (zum Beispiel gGmbHs), die über ein großes (beispielsweise Aktien-)Vermögen verfügen, deshalb auch künftig kein Wechsel in die Privatnützigkeit erfolgen. Generell sollte die tatsächliche Geschäftsführung gemeinnütziger Körperschaften umfassend auf die korrekte Mittelverwendung kontrolliert werden, um nicht unbeabsichtigt in die Privatnützigkeit zu rutschen und die pauschale Ausstiegsabgabe auszulösen.

Fazit und Ausblick

Der erneute Vorstoß des Bundesrates für eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts ist begrüßenswert. Die geplanten Gesetzesänderungen bieten mehr Rechtssicherheit gegenüber dem aktuellen Recht und ermöglichen zum Teil auch neue Gestaltungen insbesondere im Hinblick auf Holdingstrukturen im gemeinnützigen Konzern. Ob die Vorschläge des Bundesrates noch vor der Bundestagswahl 2021 umgesetzt werden, ist jedoch fraglich. In naher Zukunft dürfte allerdings mit einer Reform des Gemeinnützigkeitsrechts unter Berücksichtigung der Vorschläge des Bundesrates zu rechnen sein. Gemeinnützige Einrichtungen und deren Entscheidungsträger sollten die weitere Entwicklung insoweit sorgfältig beobachten und die möglichen Auswirkungen der hier diskutierten Gesetzesvorschläge prüfen.


Über die Autoren:
Dr. Philipp Weiten ist Rechtsanwalt und Steuerberater. Er arbeitet bei der Kanzlei Taylor Wessing in Düsseldorf im Bereich Private Wealth und berät Familienunternehmen, Unternehmerfamilien sowie hochvermögende Privatpersonen (einschließlich deren Family Offices) insbesondere im Bereich der rechtlichen und steuerlichen Strukturierung des privaten, gemeinnützigen und unternehmerischen Vermögens.

Patrick Grzella ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Taylor Wessing in Düsseldorf und arbeitet ebenfalls im Bereich Private Wealth. Auch er berät Familienunternehmen, Unternehmerfamilien sowie hochvermögende Privatpersonen (einschließlich deren Family Offices) insbesondere im Bereich der rechtlichen und steuerlichen Strukturierung des privaten, gemeinnützigen und unternehmerischen Vermögens.

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