Nach Bundesratsbeschluss Gemeinnützigkeitsrecht soll reformiert werden

Dr. Philipp Weiten (li.) und Patrick Grzella

Dr. Philipp Weiten (li.) und Patrick Grzella: In ihrem Beitrag geben sie einen Überblick über die erneute Reforminitiative der Bundesländer und kommentieren die für die Praxis wichtigsten geplanten Gesetzesänderungen. Foto: Taylor Wessing

Bereits seit einiger Zeit beabsichtigen die Bundesländer und deren Finanzminister, das Gemeinnützigkeitsrecht zu reformieren. Im September 2019 wurde ein erster Anlauf unternommen, über den Bundesrat eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts anzustoßen. Dies lehnten die Regierungskoalitionen mit dem bereits im Koalitionsvertrag gegenüber dem gemeinnützigen Sektor gegebenen Versprechen ab, einen eigenen Entwurf zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts vorzulegen. Trotz entsprechender medienwirksamer Ankündigungen des Bundesfinanzministers Olaf Scholz konnten sich die Regierungskoalitionen bislang nicht auf einen Reformentwurf einigen.

Aufgrund der neuesten Beschlussempfehlungen des Bundesrates (BR-Drucksache 503/20) dürfte sich der Reformdruck jedoch erhöhen und hoffentlich dazu führen, dass das Gemeinnützigkeitsrecht noch vor der Bundestagswahl 2021 reformiert wird. Die geplanten Gesetzesänderungen würden erheblich zur Rechtssicherheit in wichtigen Teilbereichen des Gemeinnützigkeitsrechts beitragen und neue Gestaltungsmöglichkeiten zur Strukturierung gemeinnütziger Non-Profit-Organisationen eröffnen.

Kooperation und Arbeitsteilung

Künftig soll eine Körperschaft auch dann „unmittelbar“ gemeinnützig tätig sein, wenn sie planmäßig mit mindestens einer anderen gemeinnützigen Körperschaft zusammenwirkt. Diese Lockerung des gemeinnützigkeitsrechtlichen Unmittelbarkeitsgrundsatzes wird durch den Zusatz ergänzt, dass sich die Zweckbetriebseigenschaft entgeltlicher Tätigkeiten einer Körperschaft auch ergeben kann, wenn diese Tätigkeiten und die Tätigkeiten einer anderen gemeinnützigen Körperschaft in der Zusammenschau die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs erfüllen. Dieser Ansatz einer Gesamtbetrachtung schafft im Vergleich zur aktuellen Gesetzeslage Rechtssicherheit, erleichtert das Zusammenwirken gemeinnütziger Organisationen und trägt dadurch der wachsenden Bedeutung von Kooperation und Arbeitsteilung im Non-Profit-Bereich Rechnung.

Gemeinnützige Holdingtätigkeit

Der Trend zur Errichtung gemeinnütziger Holdingstrukturen ist ungebrochen. Der Status der Gemeinnützigkeit einer Holdingkörperschaft kann nach Ausgliederung ihrer operativen Tätigkeit auf Tochtergesellschaften jedoch nur bei entsprechender Gestaltung erhalten werden. Hier zeigt sich die Inflexibilität des aktuellen Gemeinnützigkeitsrechts.

Nach den Reformplänen soll Abhilfe geschaffen werden und eine Körperschaft auch dann gemeinnützig sein, wenn sie sich darauf beschränkt, Beteiligungen an gemeinnützigen Kapitalgesellschaften zu halten. Daher wäre Holdingkörperschaften an der Spitze eines gemeinnützigen Konzerns auch ohne eigene operative gemeinnützige Tätigkeit der Status der Gemeinnützigkeit zugänglich. Das würde die Errichtung gemeinnütziger Konzernstrukturen erheblich erleichtern.