Marktgespräch ... mit Horst Schmidt „Fintechs tun der jammernden Bankenwelt gut“

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Die Vermögensallokation in Niedrigzinsphasen ist auch für vermögende Kunden herausfordernd. Wenn der Markt sagt, dass Wealth-Management-Institute häufig das Interesse ihrer Klientel an Asset-Klassen wie Private Equity, Private Debt, Hedgefonds und sonstigen Real Assets nicht erfüllen können ...

Schmidt: ... würde ich antworten, dass sich schon ein wirklich breites Angebot entwickelt hat. Allerdings ist insbesondere in diesen Anlageklassen der Zugang zu Qualität entscheidend, um eine gute Performance erzielen zu können. Es versteht sich von selbst, dass Kunden nur in Asset-Klassen investieren sollten, zu denen sie auch Affinität haben und die sie verstehen.

ESG und Nachhaltigkeit sind in aller Munde. Es scheint, dass ohne ESG-Siegel und Nachhaltigkeitsversprechen im Wealth Management nichts mehr geht. Wenn der Kunde sagt, dass ESG und nachhaltiges Verhalten nicht nur ein Produktkodex, sondern vor allem ein Verhaltenskodex meiner Berater sind ...

Schmidt: ... kann ich das gut verstehen. ESG und Nachhaltigkeit sind eine Passion für viele, die die Welt erhalten und verbessern wollen. Dies braucht echte, geteilte Überzeugung und eine gemeinsame, mutige Lernreise. Zielgerichtetes Investitionsverhalten wird zunehmend Wirkungen, den sogenannten Impact haben. Grüngewaschene Produktlabels, Unternehmensbroschüren oder erhobene Zeigefinger der Regulatorik helfen da eher wenig. 


Zunehmend erhöhen Wealth-Management-Anbieter ihre Mindestanlagegrößen in der Vermögensverwaltung. Wenn ein Institut sagt, dass das Wealth Management künftig nur noch ab einer Mindestanlagehöhe von x Millionen Euro angeboten wird ...

Schmidt: ... kann das richtig sein, wenn man sich als Unternehmen auf ein klar fokussiertes Beratungssegment spezialisiert. Allerdings sind bei digital unterstützten Modellen auch sehr leistungsfähige Angebote möglich, die das Thema Volumensklasse weniger relevant machen und stattdessen Skaleneffekte erschliessen können.

Dienstleistung ist die Person hinter den Diensten. Soziale Veränderung und zunehmende Toleranz haben das Bild und Eigenbild der Private-Banking-Berater in Bezug auf Werte und Haltungen in den vergangenen Jahren verändert. Wenn Kollegen oder Mitarbeiter sagen, dass „Diversity“ in Bezug auf Denken, Handeln und im Auftreten heutzutage das neue Normal ist ...

Schmidt: ... dann würde ich antworten, dass das in meiner Wahrnehmung noch nicht ganz so ist. Ein großer Teil ist doch noch konservativ geprägt – und das ist ja auch Teil der nachgefragten Vertrauensproposition. Als Zielanspruch würde ich die Aussage aber unbedingt unterstützen. Wir müssen hin zu viel mehr Diversität, Agilität und Kreativität, um des Wealth Mangement für die nächste Generation neu zu erfinden. Wir müssen so individuell bunt und vielseitig sein wie unsere Kunden.


Über den Interviewten:
Horst H. Schmidt war jahrelang Vorstandsvorsitzender der Bethmann Bank. 2017 verließ er das Institut und war seitdem verschiedenstartig beratend tätig, unter anderem für die Change-Management-Boutique Dr. Kraus & Partner. Derzeit begleitet er das Zusammengehen von Hauck & Aufhäuser und dem Bankhaus Lampe.

Über den Interviewenden:
Dr. Dražen Mario Odak ist Co-Mehrheitsgesellschafter und Vorstand der Stephan Unternehmens- und Personalberatung. Der Fokus des Unternehmens aus Bad Homburg liegt auf dem Private Banking/Wealth Management, Familienunternehmen, Family Office, Asset Management, Industrie und Immobilienwirtschaft. Alle zwei Jahre veröffentlicht er zusammen mit Peter Hannemann die Wealth-Management-Marktstudie.

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