Marktgespräch ... mit Horst Schmidt „Fintechs tun der jammernden Bankenwelt gut“

Horst Schmidt ist heutzutage als Strategieberater und Exekutiv-Coach tätig

Horst Schmidt ist heutzutage als Strategieberater und Exekutiv-Coach tätig: Derzeit begleitet der frühere Bethmann-Vorstand das Zusammengehen von Hauck & Aufhäuser und dem Bankhaus Lampe Foto: Bethmann Bank

Die Fragen stellt Dražen Mario Odak, Studienautor der jüngsten PWM-Marktstudie der Stephan Unternehmens- und Personalberatung.

Die zunehmende Bedeutung der Digitalisierung, auch im Wealth Management, ist durch die stetig wachsende Anzahl von Fintechs greifbar. Wenn der Markt sagt, Fintechs sind lediglich inhaltlich und zeitlich begrenzte Trends und haben nichts mit „echtem“ Wealth Management zu tun ...

Horst H. Schmidt: ... würde ich antworten, weit gefehlt, im Gegenteil. Es tut der Bankenwelt, die zu viel über Regulierung und Konsolidierungsdruck jammert, sehr gut, neues Denken und Innovationskraft freizusetzen. Eine Offenheit zur Integration oder Kooperation von guten Konzepten und Angeboten kann echten Mehrwert für alle Beteiligte, aber insbesondere für Kunden, bieten.   

Der Wealth-Management-Markt in Deutschland gilt als regional geprägt und ist in Bezug auf Kunden und deren Bedürfnisse sehr unterschiedlich. Wenn der Kunde sagt, die regionale Verbundenheit meines Vermögensverwalters ist mir wichtig ...

Schmidt: ... würde ich antworten, dass das Herzstück für das Wealth Management eine hervorragende fachliche, aber auch emphatische Kompetenz der Berater und Beraterinnen ist. Gut beraten kann man nur, wenn es ein wirkliches Vertrauensverhältnis mit dem Kunden gibt – da kann regionale Nähe wirklich helfen. 

Dienstleistungen im deutschen Wealth Management sind häufig günstiger als zum Beispiel in der Schweiz. Aus Sicht der Anbieter weicht die angemessene Marge im Provisionsgeschäft von der tatsächlich erzielten um 22 Prozent ab. Wenn eine Bank sagt, eine Anpassung der Preise im Provisionsgeschäft ist aus Sicht der Rentabilität notwendig ...

Schmidt: ... dann würde ich antworten, dass dann der Mehrwert dem Kunden klar vermittelt werden muss. Rentabilität ist eine interne Herausforderung des Unternehmens. Angemessene Preise dagegen müssen Spiegelbild eines gut durchdachten und marktgerechten Angebotspaketes für die Kunden sein.

 


Das Homeoffice hat als Folge der Corona-Krise massiv an Bedeutung gewonnen. Wenn Kollegen oder Mitarbeiter sagen, dass sie die Arbeitsweise aus wöchentlich wechselnder Büro-Präsenz und Homeoffice auch künftig beibehalten wollen ...

Schmidt: ... wäre mir das zu starr gedacht. Gehobenes Wealth Management ist Teamarbeit, die echt Spaß macht und gute Ideen und Lösungen gemeinsam in einer einzigartigen Kultur erzeugt. Homeoffice und digitales Arbeiten eröffnen dabei sehr gute zusätzliche Möglichkeiten flexibler Arbeitsmodelle. Ich denke an die bessere Bindung von berufstätigen Müttern oder auch eine viel breitere regionale Abdeckung im deutschen Markt. Da sollte man als Unternehmen sehr flexibel sein und in ganz neuen Modellen denken. Es braucht in Zukunft nicht überall Niederlassungen.