Interview mit dem Tresono Family Office, Teil 2 Stephan Knichel und Sven Tomitza: „Die benötigte Exit-Struktur ist weggebrochen“

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Interview mit dem Tresono Family Office, Teil 2
Stephan Knichel und Sven Tomitza: „Die benötigte Exit-Struktur ist weggebrochen“
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Stephan Knichel (l.) und Sven Tomitza vom Tresono Family Office

Stephan Knichel (l.) und Sven Tomitza vom Tresono Family Office: „Die Phase, in der lediglich Haltefristen eingehalten werden mussten, um mit Gewinn verkaufen zu können, ist vorbei.“ Foto: Tresono Family Office

Die Zinswende hat viele Folgen. Eine davon ist der Denominator-Effekt. Studien zeigen, dass insbesondere Family Offices von diesem profitieren können…

Knichel: Wenn man sich anschaut, wie Familien ihr Vermögen allokieren, dann sind die Immobilien-Quoten in den vergangenen Jahren relativ konstant geblieben. Unter unseren Familien ist auch keine, die sprunghaft zwischen den Anlageklassen umschichten möchte. Die Immobilie bleibt Anker im Vermögen. Sicher können unsere Klienten mit ihrem Eigenkapital Immobilien kaufen, dafür wollen sie aber auch einen ökonomischen Gegenwert haben. Die Professionalisierung in den Family Offices hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, gerade die größeren sind institutionell ausgerichtet.

Tomitza: Wir schauen uns im Jahr im Normalfall 800 bis 900 Angebote an, in den verschiedensten Bereichen. 2022 waren es 1300. Warum? Weil viele gesehen haben, dass Refinanzierungen schwieriger geworden sind - also sprechen sie mit Family Offices. Die Meinung ist oft, dass diese das mal eben so bezahlen können. Grundsätzlich ist richtig, dass wir auf der Eigenkapitalseite gut ausgestattet sind und sicherlich Transaktionen darstellen können, die andere Marktteilnehmer nur über die Aufnahme von Fremdkapital abbilden können. Wir sind jedoch nicht da, um veraltete Exit-Phantasien zu befriedigen.

Was meien Sie damit?

Tomitza: Damit sind Verkaufspreise gemeint, die beispielsweise institutionelle Marktteilnehmer nicht mehr als realistisch erachten. Immobilien müssen unserer Renditeanforderung entsprechen. Tun sie das, realisieren wir die Übernahme gerne mit 100 Prozent Eigenkapital. Wir benötigen keine Bank, müssen uns keine Sorgen wegen der Refinanzierung machen, wenngleich eine nachträgliche Refinanzierung zu einem späteren Zeitpunkt immer auch eine Option ist. Technisch könnten wir also derzeit profitieren. Unterm Strich muss der Verkäufer aber einen realistischen Preis fordern. Viele Marktteilnehmer versuchen da gerade, einen Markt herbei zu reden. Die Verkäufer müssen agieren, damit wir reagieren.

1.300 Immobilien haben Sie sich angesehen, es klingt aber so, als ob es nicht mehr Käufe ihrerseits gegeben hat?

Tomitza: Es gibt immer wieder Situationen, in denen jemand verkaufen muss. Professionelle Investoren allerdings, wollen oder können wegen ihrer Geschäftsordnung gar nicht unter Buchwert verkaufen. Diese Marktteilnehmer müssen in den kommenden Jahren zunächst ihre Buchwerte anpassen. Ist das nicht geschehen, wird es keine Verkäufe geben. Den meisten Druck und damit die für uns vielversprechendsten Chancen erwarten wir im Bereich der Projektentwicklungen. Der Markt ist heiß gelaufen, die Exit-Struktur, die benötigt wird, ist weggebrochen. Wirkliche Notverkäufe haben wir bislang aber nur selten gesehen.

 

 

 

 

Wie hoch sollte der Anteil von Immobilien im Portfolio sein?

Knichel: Pauschal geben wir hier keine Empfehlung heraus. Der Anteil ist immer davon abhängig, welche Ziele verfolgt werden und wir gehen individuell auf jede einzelne Familie ein. Übergeordnet sehe ich aber, dass die Portfolios unserer Klienten zu 20 bis 35 Prozent in Immobilien investiert sind. Soll ein Portfolio neu ausgerichtet werden, beispielsweise nach einem Unternehmensverkauf, spielen Immobilien auch immer eine große Rolle. Die Frage hier ist dann, ob direkt oder indirekt investiert werden soll.

Inwieweit können Sie bei der Beantwortung dieser Frage behilflich sein?

Tomitza: Wir können grundsätzlich beide Fragen inhaltlich beantworten und auch mit Opportunitäten bedienen. Unser Credo ist, dass wir innerhalb der Landesgrenzen ausschließlich direkt in Immobilien investieren, sofern es sich nicht um eine Mezzanine-Finanzierung handelt. Unser Netzwerk, unsere Erfahrung und auch unsere lokale Nähe ermöglichen hier ein profundes Agieren am Markt.

 

 

 

Indirekte Immobilieninvestments haben den Fokus auf das Ausland, oftmals auch außereuropäisch, um der Anforderung der Währungsdiversifikation  Rechnung zu tragen. Hier arbeiten wir seit vielen Jahren mit einer Reihe von sehr erfolgreichen Partnern zusammen, um unseren Mandanten auch diese Investitionsmöglichkeit, entsprechend vorsondiert, vorstellen zu können.

Krieg, Zinswende, hohe Inflation und damit ein hoher Stresslevel. Sie kennen Ihre Kunden über Jahre, inwieweit konnten, mussten, durften Sie ihnen zur Seite stehen?

Knichel: Zu unseren Klienten gehören überwiegend Unternehmerfamilien. Die kennen das Thema Krise, deshalb ist da insgesamt in der Vermögensanlage eine ruhige Hand vorhanden. Was wir aktuell spüren, ist die Diskussion zu ESG und Klimazielen. Es gibt viele Fragen rund um das Thema langfristiger Cashflow beispielsweise. Die Politik hat im Abstrakten etwas beschlossen, was sich nun zunehmend konkretisiert. Selbstverständlich will jede Familie gut vorbereitet sein. Oftmals höre ich die Frage: Wird das alles bei mir, dem Eigentümer, abgeladen? Immobilien werden auf den Prüfstand gestellt. Es gibt Überlegungen sich internationaler zu platzieren. Nicht nur der Standort Deutschland ist interessant.

Viele Family Offices haben einen Home Bias, wie sollten sie vorgehen?

Knichel: Richtig ist, dass viele Familien einen Home Bias haben. Der ist auch emotional bedingt. Viele sagen beispielsweise, dass sie ihre Immobilien im Radius von einer Autostunde zum Wohnsitz haben wollen. Sie ist greifbar, die Infrastruktur, was Handwerker und Weiteres angeht, ist vorhanden. Grundsätzlich sind wir jedoch der Meinung, dass die USA, der größte und liquideste Immobilienmarkt der Welt mit einer hohen Rechtssicherheit, in jedes gut allokierte Vermögen hereingehört.