Portfolioabsicherung Drei Lektionen vom Währungsmarkt aus dem Jahr 2022 und drei Erwartungen für 2023

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Drei Lektionen vom Währungsmarkt aus dem Jahr 2022 und drei Erwartungen für 2023
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Sean Shepley von Allianz Global Investors

Sean Shepley von Allianz Global Investors: „In Zeiten, in denen die Inflation die Bewertungen belastet, belohnen die Märkte oft Währungen mit hohen Realzinsen.“ Foto: Allianz Global Investors

Das Jahr 2022 wird Finanzmarktteilnehmern nicht in guter Erinnerung bleiben. In den ersten zehn Monaten sorgte die Inflation für unangenehme Überraschungen, was zu beschleunigten Straffungsmaßnahmen der Zentralbanken führte. Anleihen konnten ihren Status als Anlageklasse, die ein Portfolio in schwierigen Zeiten schützen, nicht aufrechterhalten, denn sämtliche Assets mit langer Duration litten.

Da Anleihen und Aktien negative Renditen abwarfen, wurden 2022 Vermögenswerte, die eine positive Rendite erzielten, mit einem Aufschlag versehen. Hierzu zählte vor allem der Dollar, dessen Wertentwicklung häufig eng mit seiner dominierenden Rolle auf den globalen Kapitalmärkten zusammenhängt. Geraten Vermögenswerte auf breiter Front unter Druck, müssen außerhalb der USA beheimatete Anleger Dollar-Absicherungen auflösen, was zu einer natürlichen Dollarnachfrage führt. Im vergangenen Jahr wurden diese Argumente für den Dollar durch die Widerstandsfähigkeit des US-Arbeitsmarkts gestärkt. In der Folge übertraf der Greenback innerhalb der G10 alle anderen Währungen und wertete gegenüber vielen anderen Währungen so stark auf wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr.

Die erste Lektion aus dem Jahr 2022 ist daher eine einfache: Beim Wiederaufbau robuster Portfolios nach dem jüngsten, missglückten QE-Experiment, also der quantitativen Lockerung, sind liquide Assets werthaltig. Dies gilt vor allem für Dollar-Anlagen mit kurzer Laufzeit. Dennoch war der Dollar – für einige vielleicht überraschend – nicht die Währung mit der besten Performance im Jahr 2022. Tatsächlich schaffte er es nicht einmal unter die ersten fünf. Die nachstehende Grafik zeigt die 12-Monats-Erträge der liquidesten Industrie- und Schwellenländerwährungen gegenüber dem US-Dollar – einschließlich der Erträge aus kurzfristigen Zinsengagements. Zu den Spitzenreitern gehörten dabei der brasilianische Real, der mexikanische Peso, der peruanische New Sol und der chilenische Peso. Augenfällig dabei: die Stärke lateinamerikanischer Währungen.

 

12-Monats-Erträge der liquidesten Industrie- und Schwellenländerwährungen gegenüber dem US-Dollar. © Bloomberg/Allianz Global Investors

Bevor wir uns jedoch mit den Besonderheiten der Outperformance lateinamerikanischer Währungen befassen, ist es wichtig zu fragen, wie es möglich war, dass eine Reihe von Schwellenländer-Währungen höhere Renditen als der US-Dollar abwarfen – die tschechische Krone und der Singapur-Dollar schnitten ebenfalls besser ab – und dies in einem Umfeld starker Verluste und oft extremer Risikoaversion an den Finanzmärkten.

Die Antwort auf diese Frage ist die zweite wichtige Lehre aus dem Jahr 2022: In Zeiten, in denen die Inflation die Bewertungen belastet, belohnen die Märkte oft Währungen mit hohen Realzinsen. Viele lateinamerikanische Länder haben lange vor der Federal Reserve mit Leitzinserhöhungen begonnen. Ihre Realzinsen lagen dann gleich zu Beginn des Jahres 2022 im positiven Bereich. Der Kontrast zu der dringenden, inflations-getriebenen Aufholjagd der Industrieländer-Zentralbanken hätte nicht größer sein können.

 

 

 

Der Erfolg der lateinamerikanischen Währungen ist daher auf drei Faktoren zurückzuführen: das relativ hohe reale Zinsdifferenzial zu den USA, ein – zumindest ab Jahresmitte 2022 – neutrales oder die Währung unterstützendes Terms-of-Trade-Umfeld sowie günstiger Rückenwind für die Wirtschaftstätigkeit durch die US-Nachfrage selbst.

Dies führt uns zu unserer dritten und letzten Lektion aus dem Jahr 2022: die Bedeutung der regionalen Lage. Unabhängig von anderen Fundamentalfaktoren hat allein die Tatsache, in Asien oder Europa beheimatet zu sein, die Rendite im vergangenen Jahr erheblich belastet. Die Einschätzung, wie sich das ändern könnte, ist ein zentraler Bestandteil beim Aufbau eines Portfolios für das kommende Jahr.