Fortbildungsprogramm Aufbau, Aufwand, Themen: Absolvent beleuchtet das CFA-Zertifikat „ESG-Investing“

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Welche Anforderungen schafft die ESG-Integration an das Profil eines Kundenberaters im Private Banking und Wealth Management? Was ist aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung einer ESG-Integration in Anlageberatung und -Vertrieb?

Ich bin der Meinung, dass die Anforderungen an das Profil eines Kundenberaters noch komplexer werden. Selbstverständlich gibt es im Family Office aber auch in der Vermögensverwaltung Spezialisten für dezidierte Fragestellung, trotzdem agiert der Kundenberater häufig als erste Anlaufstelle und sollte daher auch das Thema ESG verankert haben. Ein Kundenberater muss in der Lage sein, die individuellen Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden im Hinblick auf nachhaltige Investments zu erkennen beziehungsweise gemeinsam zu erarbeiten und in eine Vermögensstrategie zu transferieren. Dabei stößt man logischerweise auf sehr differenziertes Hintergrundwissen.

Hat sich Ihre Einstellung gegenüber dem Regulator durch das CFA-Programm verändert, Verständnis oder noch mehr Unverständnis geschaffen?

Grundsätzlich hat sich die Einstellung nicht verändert. Ohne ein einheitliches Regelwerk wird es schwierig oder sogar unmöglich, auf europäischer Ebene bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Es ist wichtig, dass die EU-Taxonomie den Begriff „Nachhaltigkeit“ einheitlich definiert. Klar ist, dass sich für gewisse Unternehmen komplexere Anforderungen wie zum Beispiel durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ergeben. Auch ich selbst kann die zunehmenden regulatorischen Anforderungen in der Beratung von vermögenden Privatkunden durch die verpflichtende Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen seit dem 2. August spüren. Wichtig ist, in der Konzeption von Verordnungen darauf zu achten, Unternehmen und Finanzdienstleister nicht mit steigender Regulierung und komplexeren Anforderungen in der Entwicklung nachhaltiger Aktivitäten und Investmentlösungen zu hemmen.

 

 

In den vergangenen Monaten haben viele Banken und Asset Manager mit ESG-Spezialisten aufgerüstet, teilweise neue leitende Positionen geschaffen. Ein notwendiger Schritt, um mit den regulatorischen Ansprüchen Schritt zu halten?

Ja, sicherlich ein notwendiger und logischer Schritt. Ich bin der Überzeugung, dass es Sinn ergibt, ein eigenes ESG- oder Sustainable Finance Office als Kompetenzzentrum autark und losgelöst von Einheiten wie zum Beispiel dem Portfoliomanagement zu installieren. Um das Thema Nachhaltigkeit in der gesamten Investmentphilosophie und im Investmentprozess zu verankern, benötigt es erhebliche Ressourcen. Idealerweise kann ein solches Kompetenzzentrum auch beratungs- und vertriebsunterstützend eingesetzt werden. Unser SDG-Office von Feri beispielsweise unterstützt in der Formulierung einer Nachhaltigkeitsstrategie für das Familienvermögen unserer oft unternehmerisch geprägten Kunden.

Im Zusammenhang mit ESG wird häufig die Gefahr von Greenwashing thematisiert. War das auch Thema im Examen? Worauf achten Sie bei der Analyse, um solche Investments zu vermeiden?

Auch das CFA Institute sieht in Greenwashing eine wachsende Herausforderung, die auch auf das Fehlen von einheitlichen Standards zurückzuführen ist. Ich denke, die EU-Verordnung zur Transparenzpflicht nachhaltiger Finanzprodukte (SFDR) war ein wichtiger Schritt. Aber auch die CSRD, die auf Unternehmensebene aussagekräftige und transparente Nachhaltigkeitsinformationen fordert, sollte helfen, um gegen Greenwashing vorzugehen. Feri hat eigene Analyse- und Bewertungsverfahren entwickelt. Darüber hinaus haben wir Nachhaltigkeitskriterien in unserem gesamten Anlageprozess eingebettet. Die von mir beratenen Kunden sind zu einem großen Teil in individuellen Vermögensverwaltungskonzepten investiert. Auch im Rahmen unserer nicht explizit nachhaltigen Multi-Asset-Vermögensverwaltung haben wir inzwischen ESG-Mindestkriterien miteinbezogen, so dass das Portfolio eine eigene Feri Nachhaltigkeits-Mindestrichtlinie erfüllt.

Über den Gesprächspartner:

Andreas Rothenaichner (35) ist als stellvertretender Direktor mit der Beratung und Betreuung vermögender Mandanten betraut. Er arbeitet seit mehr als zehn Jahren im Private Banking und Wealth Management und war vor seinem Wechsel zu Feri bei der Bethmann Bank und der Hypovereinsbank Kundenberater mit Schwerpunkt Vermögensverwaltung.

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