Vater und Sohn Budelmann im Interview „Als Duo kommen wir nicht so schlecht an“

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Fühlen Sie sich mit Bergos einer gewissen Tradition verpflichtet?

Claus-Günther Budelmann: Das finde ich schon, aber weniger von der Unternehmens- als von der Kundenseite her, weil viele unserer Kunden zuvor Jahrzehnte bei Berenberg waren. Wenn ich bei Terminen dabei bin und wir über alte Zeiten sprechen, reden wir natürlich auch über Berenberg. Ich habe heute noch eine enge Beziehung zur Bank und ihren Mitarbeitern.

Till Christian Budelmann: Du warst für viele fast schon ein Synonym für Berenberg. Das
sind die Wurzeln für Bergos – das Hanseatische, der ehrbare Kaufmann – aber eben nicht nur. Wir sind eine Schweizer Privatbank, haben starke schweizerische Aktionäre. Welche Aufmerksamkeit die uns als Bergos widmen, empfinde ich als großes Privileg. Und wie gerade erwähnt: Wir haben sehr viele Kunden, die mein Vater einst akquiriert hat und die wir heute weiter betreuen in seinem Sinne. Und einer dieser Kunden, ein sogenannter P&I-Club, ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit aus der Schifffahrt, ist heute der größte Kunde unserer Bank. Übrigens: Ich habe Schifffahrtskaufmann gelernt. Bei diesen Kunden, die für uns eine ganz wichtige Gruppe
sind, gibt mir das eine gewisse Kredibilität.

War für Sie der Weg zum Banker vorgezeichnet? Oder hätte es auch sein können, dass Sie woanders landen? In der Schifffahrtsbranche zum Beispiel?

Till Christian Budelmann: Das hätte sehr gut sein können. Für mich war immer klar, ich gehe nicht zu Berenberg. Ich hatte befürchtet, als Budelmann Junior würde ich dort verbrannt werden. Ich habe stattdessen Schifffahrtskaufmann gelernt, in Köln Volkswirtschaft studiert, und dann gab es diesen Moment, als der damalige Leiter der Berenberg Schweiz sagte: „Herr Budelmann, bevor Sie sich gegen Berenberg entscheiden, kommen Sie doch einmal im Sommer zum Praktikum und gucken sich das an.“ Und wie das so ist im Leben, entstand dann gerade bei Berenberg das Aktienselektionsmodell und das hat mich in die Bank reingesogen – zu einem Zeitpunkt,
als mein Vater noch die Nummer 1 bei Berenberg war. Ich war „Mr. Stockpicker“ und nicht der Sohn vom alten Budelmann.

„Für mich stand lange nicht fest, dass ich Banker werden wollte. Wenn Sie wollen, bin ich da so reingelaufen.“

Claus-Günther Budelmann: Ich habe den Weg von Till immer beobachtet, aber mir war klar, dass er ihn selbst gehen muss. Dass er über die Investmentseite seine Rolle entwickelt und gefunden hat, ist großartig. Aber – und das gehört zu einem Geschäftsleitungsmitglied dazu – er ist auch
immer mehr auf der Kundenseite unterwegs. Denn die Menschen wollen ja sehen, wer diese Bank verkörpert.

Wie sah denn Ihr Weg in die Bank aus? Gab es auch einen Vater als Vorbild?

Claus-Günther Budelmann: Nein, mein Vater war ein Professor und erfolgreicher Kardiologe. Er hatte erkannt, dass ich nicht für den theoretischen Bereich des Lebens geschaffen bin. Er war mit Baron Heinrich von Berenberg-Gossler, damals persönlich haftender Gesellschafter, eng befreundet und hat mir eine Lehrstelle bei der Bank verschafft. Ich hatte das Glück, dass ich
ganz früh, schon zum Ende meiner Lehrzeit, ins Partnersekretariat kam und dort unheimlich viel gelernt habe. Selbst da stand aber noch nicht fest, dass ich Banker werden wollte. Wenn Sie wollen, bin ich da so reingelaufen. Nach meiner Lehre hat der Baron gesagt, den Jungen müssen wir erst mal „entgermanisieren“, und hat mich nach London geschickt. Da habe ich dann
Blut geleckt.

 

 

Es gibt viele Unternehmerfamilien, in denen der Vater eine sehr starke Persönlichkeit ist und die Kinder es fast schon mit einer devoten Zurückhaltung nicht schaffen, aus diesem Schatten herauszutreten. Hatten Sie solche Probleme?

Till Christian Budelmann: Das Problem hatte ich nie. Für mich war lange klar, ich gehe den Weg in der Bank nicht. Und dann gab es plötzlich die Chance, diesen Weg auf meine Art zu gehen. Wenn das nicht so gewesen wäre, hätte ich meinen eigenen Ansatz nicht gehabt, wäre das vielleicht zum Thema geworden. Ich war aber auch nie naiv. Mir begegneten die Leute anders, weil ich
dann doch im Laden des Vaters war. Da gab es die Schmeichler, aber auch diejenigen, von denen ich durchgehend Druck bekam. Damit umzugehen, war eher schwierig – nicht die Erwartungen meines Vaters. Ich würde sagen, er ist im guten Sinne Patriarch, auf die Aspekte Verantwortung und Kümmern beschränkt. Er ist nicht eitel oder ein Kontrollmensch.

Wie ist es für Sie, gemeinsam mit Ihrem Vater für Bergos unterwegs zu sein?

Till Christian Budelmann: Oftmals erkennt man Glück ja erst in der Rückschau. Das trifft in diesem Fall nicht zu. Wir haben gerade zusammen eine wunderbare Zeit, sind wahnsinnig viel gemeinsam bei Kunden und auf Terminen. Mein Vater arbeitet mit 77 noch so wie andere mit 57. Ich will mir später nicht vorwerfen: Mensch, hätte ich diese Zeit mal mehr genossen. Das tue ich jeden Tag. Klar, es gibt auch mal Reibereien, aber insgesamt ergänzen wir uns super und haben einen Riesenspaß. Und ich glaube, als Duo kommen wir auch gar nicht so schlecht an. 

Dieses Interview erschien im private banking magazin Ausgabe 01/2023. Die PDF-Version des Magazins finden Sie hier zum Download . Zur Erinnerung: Das besagte WM-Spiel gegen Japan verlor Deutschland nach Führung mit 1:2.

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