Kein nächstes Taper Tantrum Warum Jackson Hole 2021 ein Non-Event werden dürfte

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Auch ist die tatsächliche Auswirkung der laufenden Anleihekäufe viel geringer als viele denken. Ein robuster und organischer Wirtschaftsaufschwung ist in vollem Gange, und die Abwärtsrisiken sind mit der zunehmenden Dynamik des Aufschwungs deutlich zurückgegangen. Die Produktionslücke – ohnehin ein recht nebulöses Konzept, das die aktuelle Wirtschaftstätigkeit mit dem Produktionspotenzial der Wirtschaft vergleicht – ist bereits wieder im positiven Bereich. Wenn man das von einer „Lücke“ überhaupt sagen kann.

Im Jahr 2013 war auch das ganz anders: Da gab es eine echten „Output Gap“, der bei fast minus 4 Minus lag. Eine zusätzliche Unterstützung durch den Ankauf von Vermögenswerten ist ange­sichts der reichlich vorhandenen Liquidität und der lockeren Finanzbedingungen wirklich nicht erforderlich. Das Tapering wird daran wohl kaum etwas ändern.

Ein Tapering-Ende und seine Mechanismen

Und schließlich: Die Reduzierung der Anleihekäufe ist kein Signal für den Pfad der Zinserhöhungen. Die einzige wirkliche Verbindung besteht darin, dass das Tapering vor den Zinserhöhungen abgeschlossen werden soll. Die Beendigung des Tapering bedeutet jedoch nicht, dass die Zinserhöhungen kurz danach beginnen. Beide geldpolitischen Hebel folgen deutlich unterschiedlichen Reaktions­mustern: Zinserhöhungen setzen das Erreichen der Preis- und Beschäftigungsziele der Fed voraus, eine viel weiter gefasste und umfassendere Definition als in früheren Zyklen.


Letztendlich ist der wichtigste Punkt, den man in Bezug auf das Tapering im Auge behalten sollte, dass es ausdrücklich kein Signal für den Pfad der Zinserhöhungen ist. Die beiden politischen Hebel folgen deutlich unterschiedlichen Reaktionsfunktionen: Das Tapering erfordert erhebliche weitere Fortschritte, während die Zinserhöhungen das Erreichen der Preis- und Beschäftigungsziele der Fed voraussetzen – wobei letztere viel weiter gefasst und umfassender Definition sind als in früheren Zyklen.

Da die Pandemie noch nicht ausgestanden ist und sich das Wachstum bis 2022 abschwächen wird, sind Spekulationen über Zinserhöhungen zum jetzigen Zeitpunkt sehr verfrüht. Im Jahr 2022 kann noch viel passieren, das den derzeit erwarteten Kurs verändert.

Die Quintessenz: Jackson Hole wird wahrscheinlich ein Non-Event sein –  nur eine weitere Ausgabe eines langjährigen Symposiums zu langfristigen Fragen der Geldpolitik. Reden über Tapering? Sicher! Aber eher eine Warnung im September und eine Ankündigung auf einer der folgenden Fed-Sitzungen. Ob im November – egal.

Garrett Melson von Natixis IM schätzt
die Lage vor Jackson Hole ein

Was bedeutet das nun für die Märkte? Die robuste Auslandsnachfrage und die Inlandsnachfrage von Pensionskassen und Versicherungsgesellschaften waren ein starker technischer Faktor, der die Renditen aufgrund von Befürchtungen über eine Verlangsamung des Wachstums, über das Narrativ von „Peak Everything“ oder über die Delta-Variante des Covid-Virus nach unten drückte.

Diese technischen Faktoren dürften die Aufwärtsbewegung begrenzen, aber das robuste Wachstum, das unserer Meinung nach in den kommenden Quartalen über den Konsenserwartungen liegen wird, dürfte die Renditen nach oben treiben.

Wir gehen davon aus, dass die Aktienmärkte vor dem Hintergrund dieses robusten Wachstums weiter steigen werden, angeführt von zyklischen Sektoren, die nach wie vor über einen beträchtlichen Spielraum verfügen.

 


Über den Autor:

Garrett Melson ist Portfoliostratege bei Natixis Investment Managers Solutions. Zu seinen Aufgaben gehören makroökonomische und kapitalmarktbezogene Untersuchungen, um Marktchancen und Anlagethemen zu identifizieren und zu bewerten. Außerdem ist er Mitglied des Investment-Komitees. Vor seinem Wechsel zu Natixis IM im Jahr 2016 war Melson als Produktanalyst für festverzinsliche Wertpapiere bei Wellington Management tätig. Zuvor war der CFA-Charterholder bei Fidelity Investments tätig.

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