Marktausblick So bewerten Privatbanken das Aktienumfeld der nächsten Monate

Bulle und Bär vor dem Gebäude der Frankfurter Börse

Bulle und Bär vor dem Gebäude der Frankfurter Börse: Beim Ausblick auf die Märkte sind deutsche Privatbanken optimistisch. Foto: imago images / Jan Huebner

Reinhard Pfingsten, Investmentchef der Bethmann Bank (Einschätzung vom 28. Juli 2021)

Das Investmentkomitee der Bethmann Bank hat bei seiner Sitzung am 22. Juli keine Änderungen an der Vermögensallokation vorgenommen. Obwohl das Wirtschaftswachstum und die Gewinndynamik ihren Höhepunkt überschritten haben, gestalten sich das wirtschaftliche Umfeld, die Zentralbankpolitik und die Marktumgebung weiterhin positiv für risikoreiche Vermögenswerte wie Aktien.

Reinhard Pfingsten

Dank der erfolgreichen Impfprogramme konnten die Regierungen vieler Industrieländer in den vergangenen Monaten die meisten Lockdown-Maßnahmen aufheben. Das normale Wirtschaftsleben wurde wieder aufgenommen, was zu einer deutlichen wirtschaftlichen Erholung und zu einem sprunghaften Anstieg bei den Unternehmensgewinnen führte.

Die schnelle Ausbreitung der Deltavariante führte jedoch in einigen Ländern zu einer erneuten Verschärfung der Einschränkungen. Obwohl dies die Rückkehr zur Normalität leicht verzögert, ist nicht zu erwarten, dass der wirtschaftliche Ausblick der Eurozone und Vereinigten Staaten dadurch bedroht ist. Der Zusammenhang von Neuinfektionen und Krankenhauseinweisungen hat sich aufgrund der hohen Impfquoten stark abgeschwächt. Wir gehen daher davon aus, dass die Regierungen keine größeren Lockdown-Maßnahmen erlassen werden und sich die Auswirkungen neuer Einschränkungen in den Industrieländern in Grenzen halten dürften.

Wirtschaftswachstum weiterhin stark

Die wirtschaftliche Erholung scheint etwas an Fahrt zu verlieren. Wir sind jedoch der Meinung, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht, da dadurch eine Überhitzung der Wirtschaft vermieden wird. Das Wirtschaftswachstum sollte in den nächsten Quartalen weiterhin stark bleiben. Bei der Inflation müssen wir zwar die Risiken genau beobachten, doch der jüngste Inflationsanstieg dürfte nur vorübergehend sein. Die Inflationsentwicklung zeigt derzeit keinen nachhaltigen, allgemeinen Preisanstieg an, sondern konzentriert sich auf einige wenige Wirtschaftsbereiche. Dies betrifft insbesondere die Bereiche, die von der Pandemie ganz besonders hart getroffen wurden und nun aufholen.

Da wir glauben, dass der Inflationsanstieg ein vorübergehendes Phänomen bleibt, ist unserer Ansicht nach nicht zu erwarten, dass die großen Zentralbanken in ihrer Geldpolitik in absehbarer Zeit eine härtere Gangart einlegen werden. Die lockere Geldpolitik dürfte in der nächsten Zukunft weiterhin Bestand haben, da die Zentralbanken die wirtschaftliche Erholung nicht in Gefahr bringen wollen.

Rückgang der Anleiherenditen im zweiten Quartal

Es scheint, dass die Anleihemärkte sich auf den Gedanken einer „vorübergehenden Inflation“ während des zweiten Quartals eingestellt haben, was zu einem Rückgang der Anleiherenditen geführt hat. Wir erwarten daher, dass sich die Anleiherenditen in den kommenden Monaten seitwärts bewegen werden und die Kreditrisikoaufschläge stabil bleiben. Wir sehen somit keine Veranlassung, unsere Übergewichtung bei den Unternehmensanleihen mit Investment Grade und den Anleihesegmenten mit höherem Risiko zu revidieren.

Weiterer Anstieg der Aktienmärkte möglich

Die wirtschaftliche Erholung und Beschleunigung beim Gewinnwachstum dürften den Höhepunkt überschritten haben. Wir erwarten jedoch, dass sich das Gewinnwachstum in den kommenden Monaten fortsetzt, wenn auch weniger schnell. Für die Aktienmärkte könnten sich weitere Zugewinne abzeichnen – auch wenn diese im Vergleich zur ersten Jahreshälfte geringer ausfallen könnten. Zusätzlich ergibt sich aus der sogenannten Aktienrisikoprämie, die Aktien mit Anleihen vergleicht, in dem derzeitigen Niedrigzinsumfeld ein positiver Ausblick für Aktien.

Fazit

Auch wenn der postpandemische Aufschwung etwas an Fahrt verliert, gibt es unserer Ansicht nach genügend Faktoren, die sich für risikoreiche Vermögenswerte günstig auswirken. Vor dem Hintergrund eines weiteren, über dem Trend liegenden Wirtschaftswachstums, der anhaltenden Stützungspolitik durch die Zentralbanken und eines niedrigen Zinsniveaus ziehen wir Aktien (übergewichtet) zulasten der Anleihen (untergewichtet) weiter vor.