Praxisbericht Welche Rolle digitale Vermögenswerte spielen können

Franz-Josef Lerdo (l.) und Oliver Becker:

Franz-Josef Lerdo (l.) und Oliver Becker: Foto: Dr. Lerdo Consulting / FINEXITY

Private Investments sind seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Portfolios von Wealth-Management-Kunden und Stiftungen und Institutionen. Der Grund ist sehr einfach. Effektive Risikostreuung bei optimierten Sharpe Ratios. Dabei gilt: je höher das absolute Vermögen, desto höher der Anteil in Private Investments. Der Preis der fehlenden Liquidität ist normalerweise eine höhere Rendite.

Aus der Praxis von Privatbanken wie Credit Suisse Deutschland und der Bethmann Bank können wir festhalten: Gerade die Kunden mit einem großen liquiden Vermögen haben zumeist einen gewissen Anteil in Immobilien und häufig in Private Equity beigemischt und sind mit dieser Allokation über Jahre sehr gut gefahren.

Die Asset Allocation 

Die traditionelle Vermögensaufteilung folgt häufig dem Prinzip: ein Drittel Aktien, ein Drittel Bonds und ein Drittel Immobilien. Markowitz definierte an Hand empirischer Forschung schon 1952 für die liquiden Assets 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen. Er fand heraus, dass 80 bis 90 Prozent des Anlageerfolges eines Portfolios durch diese Aufteilung bestimmt werden, nur der Rest durch die Titelauswahl und das Market Timing. 

Die großen Stiftungsfonds der amerikanischen Universitäten wie Yale und Harvard haben diesen Ansatz um nicht-liquide Assets ergänzt und so zu einem Multi-Asset-Ansatz weiter entwickelt. Gemäß der Devise „nicht alle Eier in einen Korb zu legen“ wurden weitere Körbe geschaffen, für Immobilien, Rohstoffe, Hedgefonds und Private Equity.

Warum? 

  • Diversifikation auf 6 Körbe 
  • Höhere Rendite als Preis für die Illiquidität sowie 
  • Eine günstige Korrelation der Körbe untereinander. 

Der norwegischen Staatsfonds folgt diesem Prinzip, ist aber mit einer höheren Aktienquote deutlich liquider. Auch Family Offices folgen oft diesem Prinzip. 

Fungibilität schafft neue Möglichkeiten in Portfolios

Waren bisher große Anlagebeträge erforderlich, um diesem Ansatz zu folgen, sind mit der Tokenisierung neue Möglichkeiten entstanden, solche Investments zu fragmentieren und investierbar zu machen. In den letzten Jahren sind im Bereich der Fintech-Szene immer mehr Akteure unterwegs und bieten unterschiedliche Investments als digitale Investments an. Warum wird diese neue Form bei Investoren immer beliebter?

 

Dass der Markt für digitale Assets höchst interessant ist und sich künftig noch weiter durchsetzen wird, lässt sich an der prognostizierten Marktentwicklung ableiten. Digitale Assets in Europa inklusive Schweiz werden auf ein Volumen von circa einer Billion Euro in 2025 ansteigen und sich bis 2030 auf 5 bis 6 Billionen Euro erhöhen. Der Anteil für Deutschland entspricht dabei 28 Prozent. Von 2023 bis 2025 wird vom Banking Hub angenommen, dass die Wachstumsgeschwindigkeit beim 2,5-Fachen liegt.

Neben der fortschreitenden Regulatorik (eWpG, DLT-Pilot-Regime) waren mehrere Katalysatoren in den letzten Jahren für die Entwicklung von digitalen Assets mit verantwortlich. Ein Treiber war die Nullzinsphase bis 2022. Gefolgt von der Covid-Pandemie, der anschließenden Inflation und einigen anderen Krisen, die zeitgleich stattfanden. Ein sehr großer Beschleuniger dabei war Covid. Geradezu zwangsläufig wurden Lebensgewohnheiten umgestellt, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz von Technologie im täglichen Leben. Und der Anteil digitalaffiner Anleger wird in den kommenden Jahren weiter wachsen. 

Balance-Akt zwischen Anlage und emotionaler Bindung

Vorteile für die Beliebtheit gibt es zuhauf. Einer der Hauptgründe für den Aufschwung digitaler Assets, die wir sehen, hängt mit der Produktvielfalt zusammen. Wenn man Kunden zunächst nach verschiedenen Kriterien einstuft, ihnen dann aber doch nur eines von drei Standardprodukten empfiehlt, führt das schnell zu Enttäuschungen. Die Zeit der klassischen Fonds ist vorbei, denn mit ihnen lassen sich die Bedürfnisse vieler Kunden nicht mehr erfüllen.

Digitale Assets-Klassen werden nicht nur als reines Anlageobjekt gesehen, sondern auch emotional erlebbar, etwa bei Kunst, Weinen und Diamanten gut belegbar ist. Diese Assets bieten die Möglichkeit, sich besser mit dem Investment zu identifizieren. Die emotionale Komponente beeinflusst die Investmententscheidung zusätzlich, vergrößert die Anlegergruppe und insgesamt die Affinität zu digitalen Assets.

 

Von Kunst über Fine Wine, Diamanten bis hin zu Infrastrukturprojekten und Immobilien – die Bandbreite der angebotenen digitalen Vermögenswerte hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen und bietet Anlegern neue Möglichkeiten. Zuvor war der Zugang für Privatanleger zu exklusiven Immobilien, Kunst, Wein oder Diamanten sehr schwierig.