Entwurf unter der Lupe Wie ein Gesetz den Fondsstandort Deutschland stärken soll

Anlageobjekt Krankenhaus

Anlageobjekt Krankenhaus: Das neue Gesetz soll auch die Türen für Investmentfonds in Infrastruktur öffnen. Foto: RyanMcGuire / Pixabay.com

Mit dem Gesetzesentwurf zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland von Anfang Dezember erwartet die Branche nun schon die zweite Novelle dieser Art binnen weniger Monate. Bereits Anfang des Jahres hatte der Gesetzgeber einen ähnlich lautenden Vorstoß gewagt. Damals ging es vor allem um Liquiditätsinstrumente für Fondsverwalter, die angesichts der pandemiebedingten Marktturbulenzen von der Bafin als besonders wichtig eingestuft werden. Stichworte: Swing Pricing und Redemption Gates.

Rechtsanwalt Conrad Ruppel

Was steckt hinter dem neuen Fondsstandortgesetz? Deutschland ist einer der attraktivsten Absatzmärkte für Fonds in der Europäischen Union. Allerdings werden Fondsstrukturen aus regulatorischen und steuerrechtlichen Gründen vor allem in Luxemburg und Irland aufgelegt. Der deutsche Standort hat sein Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. Dies soll sich mit dem neuen Gesetzentwurf ändern.

Entbürokratisierung und Produktvielfalt

Die guten Nachrichten zuerst: Der Gesetzentwurf schafft kurzfristig zahlreiche Schriftformerfordernisse ab und führt mittelfristig sogar die Pflicht ein, ein elektronisches Kommunikationsverfahren zu nutzen. Dessen technische Voraussetzungen müssen noch geschaffen werden, sodass mit einer Einführung im Jahr 2023 zu rechnen ist. Nach dem Motto „Digitalisierung der Aufsicht“ trägt der deutsche Gesetzgeber damit zur Entbürokratisierung bei und erleichtert die Kommunikation zwischen Fondsverwaltern, Verwahrstelle, Anlegern und Bafin.

Mehr Freiräume bekommen deutsche Fondsverwalter auch bei ihrer Produktpalette, diese wird deutlich erweitert: Ein Comeback erleben offene Infrastruktur-Sondervermögen, die bei der Einführung des Kapitalanlagesetzbuchs mangels Praxisrelevanz zunächst nicht berücksichtigt wurden. Kleinanlegern soll dadurch ermöglicht werden, an immer beliebter werdenden Infrastruktur-Projekten zu partizipieren.

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Ähnlich wie bei Immobilien versprechen Bau und Bewirtschaftung von Energieanlagen, Mobilfunknetzen oder Krankenhäusern einen stabilen Cash-Flow und locken mit hohen Substanzwerten. Infrastruktur-Projekte sind jedoch mit hohen Einstiegs- und Ausstiegskosten verbunden, auch weil sich solche Anlagen nicht von heute auf morgen veräußern lassen. Es handelt sich somit um eine illiquide Vermögensklasse, die sich regulatorisch an den bestehenden Vorgaben für Immobilien orientieren wird.

Im Bereich der Immobilienfonds wird neben einer Strukturierung als Sondervermögen nun auch die offene Investmentkommanditgesellschaft zulässig sein. Es ist zu erwarten, dass die ursprünglich für das Pension-Asset-Pooling vorgesehene Rechtsform deutlich an Attraktivität im Bereich institutioneller Immobilieninvestments gewinnen wird.

Eine weitere Erleichterung erfährt die Finanzierung von Immobilien-Gesellschaften, an denen ein Fondsverwalter direkt oder indirekt zu 100 Prozent beteiligt ist: Sofern die Immobilien-Gesellschaft die Grundstücke selbst hält, verzichtet der deutsche Gesetzgeber zukünftig auf die gesetzliche Fremdkapitalgrenze. In der Folge müssen solche Darlehen nicht mehr durch 50 Prozent der gehaltenen Grundstückswerte gesichert sein. Die Gewährung von Fremdkapital ist in diesen Fällen nicht risikoreicher als die Ausstattung mit Eigenkapital. Es wäre wünschenswert, dass der Gesetzgeber klarstellt, inwieweit die Kapitalisierung von Holding-Gesellschaften, die an Immobilien-Gesellschaften beteiligt sind, von den neuen Gesetzesvorgaben betroffen sind.