Vor einem Milliardenrisiko bei europäischen Immobilien-Investmentfonds warnt die Europäische Zentralbank (EZB). Das Nettofonds-Vermögen der Real Estate Investment Funds (REIFs) verdreifachte sich demnach von 2012 bis 2022 von rund 323 Milliarden Euro auf über eine Billion Euro, ist in einem Report der EZB zu lesen. Unterm Strich bedeutet das, das Immobilienfonds mittlerweile 40 Prozent der Commercial-Real-Estate-Märkte im Euroraum ausmachen.
Das Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass das Geschehen auf dem Immobilienmarkt und bei den Immobilienfonds zunehmend voneinander abhängig ist. Dazu entfallen 80 Prozent, beziehungsweise 835 Milliarden Euro des Nettoinventarwerts aller Immobilienfonds, auf offene Produkte, also auf solche, die ihren Anlegern häufig Anteilsrücknahmen anbieten. Das Risiko in den Augen der Verantwortlichen der EZB: Würden zu viele Anleger in kurzer Zeit Geld abziehen, ist die Finanzstabilität gefährdet.
Das könne die Fonds aus Liquiditätsdruck anfällig machen für Notverkäufe zu niedrigen Preisen, was den Druck auf den Immobilienmarkt weiter erhöhen könnte. Eine Instabilität in diesem Bereich „könnte daher systemische Auswirkungen“ auf gewerbliche Immobilien haben, „was wiederum die Stabilität des Finanzsystems im weiteren Sinne“ und die Realwirtschaft beeinträchtigen könnte, so die Verantwortlichen der EZB.
EZB will neue Regeln zur Absicherung einführen
Angesiedelt sind solche Fonds hauptsächlich in Deutschland, Luxemburg, Frankreich, den Niederlanden und Italien. Von diesen Ländern weisen die Produkte hierzulande demnach den höchsten Cash-Puffer auf. Die Ökonomen verweisen explizit auf den Blackstone Real Estate Income Trust (Breit), der Ende 2022 die Anteilsrücknahme begrenzen musste und auf andere Probleme in Großbritannien.
Die EZB-Verantwortlichen sehen die Gefahr, dass die Probleme auf dem Gewerbeimmobilienmarkt zu Abflüssen in Europa führen könnten. Daher sollten Regeln entwickelt werden, die den Fondsmanagern dabei helfen, „Spitzen in der Liquiditätsnachfrage besser zu bewältigen und die Kosten für Rücknahmen zu internalisieren, die während eines Marktstresses entstehen können“ so die EZB-Experten, die mit der Befürchtung nicht allein sind. Die Rating-Agentur Scope warnte bereits, dass ein Drittel der verbrieften Gewerbeimmobilienkredite in Europa, die 2023 oder 2024 auslaufen, Refinanzierungsrisiken bekommen könnten.
Dazu passt: Unlängst hatte das Immobilien-Branchenportal „Thomas Daily“ berichtet, Samsung Asset Management und Patrizia seien in Gesprächen mit Kreditgebern, um die 675 Millionen Euro teure Commerzbank-Zentrale, das mit 259 Metern höchste Hochhaus in der Europäischen Union, zu refinanzieren. Der koreanische Investor, der das Gebäude 2016 gekauft hat, und sein deutscher Vermögensverwalter suchten demnach entweder einen Überbrückungskredit oder ein langfristiges Darlehen, nachdem es ihnen nicht gelungen sei, das Gebäude zu verkaufen. Der im vergangenen Herbst eingeleitete Verkaufsprozess sei abgebrochen worden. Die bestehende Fremdfinanzierung ist noch 2023 fällig.