Beispiel Real-Märkte Warum LEH-Immobilienfonds besondere Stabilität aufweisen

Patrick Brinker von Hauck Aufhäuser Lampe über die Stabilität von LEH-Immobilienfonds.

Patrick Brinker von Hauck Aufhäuser Lampe über die Stabilität von LEH-Immobilienfonds. Foto: Hauck Aufhäuser Lampe

Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) gilt seit jeher als einer der stabilsten Wachstumsmärkte. Denn er zeichnet sich dank seiner Fokussierung auf den Handel mit sogenannten schnell drehenden Verbrauchs­gütern (Fast Moving Consumer Goods) sowohl durch hohe Systemrelevanz, als auch relative Unabhängigkeit von der Konjunkturlage aus. Die Corona-Pandemie, in der viele andere (Handels-) Branchen um ihr Überleben kämpfen mussten, hat dies ein weiteres Mal bestätigt.

Konjunkturunabhängigkeit und die Stärke der Händler

Hier zählten allen voran die Supermärkte mit einer Fläche von 800 bis 2.500 Quadratmetern sowie die großen Supermärkte (2.500 bis 5.000 Quadratmeter) zu den Gewinnern. Betrug ihr jährliches Umsatzplus in den zehn Jahren vor der Pandemie etwa drei bis fünf Prozent, erwirtschafteten Supermärkte laut EHI Institut in 2020 ein Umsatzplus von beeindruckenden 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2020: 76,9 Milliarden Euro). Die große Verkaufsfläche und das breite Sortiment der Supermärkte erwiesen sich in der Pandemiezeit als besonderer Vorteil. Denn die Verbraucher reduzierten wegen der Kontaktbeschränkungen die Frequenz ihrer Einkäufe deutlich zugunsten der Einkaufsmenge der einzelnen Einkäufe, konsumierten mehr Lebensmittel zuhause und kauften zwangsläufig auch non-food Artikel im Supermarkt.

Auch mit Abklingen der Pandemie konnten die Supermärkte im Jahr 2021 ein leichtes Umsatzplus von vier Prozent auf 79,1 Milliarden Euro erzielen, während der Umsatz von Discountern und kleinen Lebensmittelgeschäften eher auf dem bisherigen Niveau verharrte. Als inflationsbedingt in 2022 die Preise für Lebensmittel anstiegen, drehte sich der Trend zugunsten der preisorientierten Discounter, die dadurch ihren Marktanteil steigern konnten.

Von Lebensmittelhändlern zu -Produzenten

Auch die günstigeren Eigenmarken erlebten einen Boom. Händler werden mit ihnen zunehmend zu Lebensmittelproduzenten und bilden im eigenen Konzern so einen größeren Teil der Wertschöpfungskette selbst ab. Handelsmarken erfuhren nach Information der Stiftung Warentest zudem auch in qualitativer Hinsicht in den letzten Jahren einen deutlichen Aufschwung und erreichen inzwischen mindestens das Niveau von Industriemarken. Laut einer Studie der IFH Köln bestätigen 41 Prozent der Befragten sogar, dass sie weniger einkaufen würden, wenn es die Eigenmarken im Geschäft nicht gäbe. Seit die Verbraucher wieder preisbewusster bevorzugt bei Discountern einkaufen und die für das Distanzgeschäft notwendigen Margen nicht mehr erzielt werden können, erhielt jedoch in der Folge der Online-Handel mit Lebensmitteln einen starken Dämpfer.

 

Schon immer verändern Trends und Märkte das Konsumverhalten. Darauf reagiert der Handel mit großer Flexibilität und neuen Ideen, die immer wieder die Anpassungsfähigkeit und Stärke der Branche unter Beweis stellen. Nicht umsonst hat sich daher der Spruch etabliert: „Handel ist Wandel“.

Mietnachfrage nach großflächigen LEH-Standorten: Beispiel „Real“

Ursprünglich aus dem Zusammenschluss verschiedener Händler entstanden, zählte die Real Group Holding mit Hauptsitz in Düsseldorf seit 2006 zu den Vertriebslinien der Metro und betrieb mehrere hundert SB-Warenhäuser, das heißt große Supermärkte mit in der Regel 8.000 bis 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche in ganz Deutschland. Die Großflächenmärkte erwiesen sich allerdings als wenig effizient. Nach langer Ankündigung veräußerte Metro die Real-Filialen schließlich im Februar 2020 an einen internationalen Investor, der jedoch eher strategische Interessen an den Immobilien, nicht an der Weiterführung des Handelsgeschäftes hatte.

Große Fläche: Ein Real-Supermarkt in Dinslaken.
Große Fläche: Ein Real-Supermarkt vor der Umstellung auf „mein Real“ in Dinslaken. © Hauck Aufhäuser Lampe

Daher übergab er die Märkte in einem im Lebensmitteleinzelhandel und unter Einbeziehung des Kartellamtes hohe Wellen schlagenden Prozess schließlich vor allem an Kaufland, Edeka und Globus. Die verbliebenen Standorte wurden im Rahmen eines erneuten Verkaufs von Real Ende Juni 2022 an ein Frankfurter Family Office sowie an einige ehemalige Real-Manager verkauft. Unter dem Namen „mein Real“ sollen diese nun modernisiert, die Flächen neu konzeptioniert und weiterhin fortgeführt werden. Dazu sollen gemäß Aussagen des neuen Eigentümers in den nächsten drei Jahren ungefähr 300 Millionen Euro investiert werden.

Lebensmitteleinzelhandel: Gute Standorte als entscheidende Assets

Natürlich ist ein langfristiger Mietvertrag mit einem bonitätsstarken Mieter nach wie vor ein wichtiger Wert im LEH-Markt. Noch wichtiger ist allerdings die Qualität des Standortes. Gute Standorte sind für die LEH-Unternehmen entscheidende Assets. Dafür gibt es immer eine hochwertige Mietnachfrage. Das Motto im Lebensmitteleinzelhandel lautet demnach: Expansion auf bestehender Fläche.

Ein wichtiger Grund hierfür ist auch in der strengen Baunutzungsverordnung nach § 11 Abs. 3 BauNVO zu sehen, die beispielsweise für Verkaufsflächen für großflächigen Einzelhandel über 800 Quadratmeter nur bedingt Neugenehmigungen erteilt oder in mittelgroßen Städten ohne zusätzlichen Bedarf teilweise gar keinen zusätzlichen Lebensmitteleinzelhandel erlaubt. Dies machte unter anderem die bestehenden Real-Standorte mit einer großen genehmigten Verkaufsfläche umso interessanter.

 

Aufgrund der hohen Nachfrage nach TOP-Standorten werden in der Branche daher im Übrigen nicht selten Anschlussmietverträge mit großem zeitlichen Vorlauf abgeschlossen, die teilweise sogar erst bis zu zehn Jahren nach Ablauf bestehender Verträge starten. Eine solche langfristige Sicherung bestehender Standorte kennt man nur in sehr wenigen Immobiliensegmenten und unterstreicht die Knappheit der gefragten Flächen.

Gute Zeit für den Einstieg

Systemrelevanz, Konjunkturunabhängigkeit, kaum Wettbewerb durch den Online-Handel, bonitätsstarke Ankermieter, restriktives Baurecht, langfristige Mietverträge und Inflationsschutz sind Gründe, die dazu geführt haben, dass die Nachfrage der Investoren nach LEH-geankerten Einzelhandelsimmobilien schon vor, aber vor allem nach der Pandemie deutlich angestiegen ist. Im Zuge dessen stiegen die Kaufpreise ebenfalls spürbar. Zu dieser Zeit war so viel Kapital im Markt, dass neue Höhen erreicht werden konnten und sich selbst die Preise der Core- und Value-Add-Objekte angeglichen hatten. 

So schnell jedoch bis zur Pandemie die Preise in diesem Segment gestiegen waren, so schnell zeigt sich gerade im Rahmen der aktuellen Zinsentwicklung, gepaart mit der abwartenden Haltung der Investoren, eine entsprechende Preiskorrektur. Diese inzwischen auf das Niveau von vor etwa vier Jahren gefallen. Daher bietet die Nutzungsart LEH-Immobilien für Investoren trotz höherer Zinsen attraktive Einstiegsgelegenheiten. Die aktuell erzielbaren Renditen liegen deutlich oberhalb der 10-jährigen Bundesanleihe. Dies dürfte allerdings nicht von Dauer sein. Spätestens wenn sich das Zinsniveau stabilisiert, wird die Nachfrage nach Immobilieninvestments wieder ansteigen – und damit auch die Kaufpreise.


Über den Autor:

Patrick Brinker ist Leiter Real Estate Investment Management (REIM) bei Hauck Aufhäuser Lampe (HAL). Brinker wechselte 2018 als Geschäfstführer des Immobilieninvestment-Managers Redos zur HAL, um insbesondere die Immobilien-Expertise des Instituts auszubauen.

 

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen